Hickhack um Bundesförderung: „Das ist reine Willkür, Herr Habeck“

Werther. &bdquo;Sie können sich nicht vorstellen, was bei uns im Büro los ist! Denn raten Sie mal, wen unsere Kunden zuerst anrufen." Nein, sagt Alexander Fillers, nicht das Bundeswirtschaftsministerium. Auch nicht ihren Anwalt. Sondern sein Büro für Energieberatung in Werther. &bdquo;Herr Fillers, wie kann das sein? Das hätten Sie doch wissen müssen!, sagen sie dann." Und der Ingenieur kann ihnen keine befriedigende Antwort geben. &bdquo;Unser Büro steht da wie ein Depp! Wir werden für etwas an den Pranger gestellt, das wir nicht verschuldet haben. Das geht einfach nicht." Alexander Fillers ist sauer. Nicht auf seine verärgerten Kunden. Sondern auf den Bundeswirtschaftsminister. Eigentlich habe er Robert Habeck immer sehr geschätzt, sagt Fillers, der pikanterweise für die CDU im Wertheraner Stadtrat sitzt. &bdquo;Aber zurzeit fällt mir das wirklich schwer." Denn was zurzeit auf dem Fördersektor los ist, dass Programme von heute auf morgen gestrichen oder zu geänderten Konditionen kurzfristig neu aufgelegt werden, sei nicht hinnehmbar. Am 1. Juli 2021 wurde die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auf den Weg gebracht, ihre Laufzeit war ursprünglich bis 2030 festgeschrieben. Erklärtes Ziel: Anreize zu schaffen, alte Wohnhäuser und Gewerbebauten energetisch auf den neuesten Stand zu bringen und Neubauten nur noch nach modernsten Standards zu errichten. So sollte der Ausstoß von Treibhausgasen verringert und ein entscheidender Schritt zur Klimaneutralität gegangen werden. Neben ganzen Gebäuden wurden auch Einzelmaßnahmen wie der Austausch von Heizungen oder die Dämmung von Gebäuden unterstützt. &bdquo;Fördergelder wurden mit dem Füllhorn ausgeschüttet" Dabei erwies sich das Programm zunächst als äußerst großzügig. &bdquo;Wer zum Beispiel seine alte Ölheizung gegen eine Wärmepumpe ersetzt hat, konnte bis zu 50 Prozent Förderleistungen bekommen", so Fillers. Das seien natürlich absolute Spitzenreiter gewesen. &bdquo;Die übliche Förderung lag zwischen 20 und 25 Prozent." Immer noch äußerst attraktiv für Bauherren und Immobilienbesitzer. Dass das Förderprogramm nach Worten des Bundeswirtschaftsministeriums &bdquo;transparent und übersichtlich" sein sollte, machte die Sache zusätzlich attraktiv. Von Übersicht konnte dann allerdings nicht lange die Rede sein, wie Fillers berichtet. Er betreibt in Werther ein Ingenieurbüro für Energieberatung, hat also jeden Tag mit dem Förderprogramm zu tun. Der größte Teil seiner Aufträge umfasst Industrie- und Gewerbebauten, folglich geht es meist um Millioneninvestitionen – oder in diesem Fall um Millionenverluste. &bdquo;Wenn die Bundesregierung erst etwas verspricht und dann plötzlich und unangekündigt Änderungen vornimmt oder Gelder ganz streicht, ist das unerträglich", empört er sich. Bereits im vergangenen November, erzählt der Wertheraner, habe sich angedeutet, dass das Förderprogramm extrem gut angenommen wird. &bdquo;Ergebnis: Die Kassen leerten sich." Was zur Folge hatte, dass sich die Förderung für Gebäude Ende Januar ändern sollte. Aufträge seien sogar aus Stuttgart, Passau oder Chemnitz gekommen &bdquo;Wir hatten unheimlich viel zu tun, alle wollten noch von der alten Förderung profitieren", erzählt er. Manchmal habe er den Eindruck gehabt, sein Büro wäre das einzige in Deutschland, das solche Berechnungen vornimmt, Aufträge seien sogar aus Stuttgart, Passau oder Chemnitz gekommen, über Industriebauten, Bürogebäude bis hin zu einem Hotel. Das &bdquo;Kernübel" aus der Sicht Fillers’ war, dass der Bund bis zu diesem Zeitpunkt die Fördergelder quasi mit dem Füllhorn ausgeschüttet hat. &bdquo;Da haben Bauherren, wenn sie ihr Gebäude auf einen KfW-Standard 40 gebracht haben, 1,5 Millionen Euro investiert und zwei Millionen an Förderung bekommen. Das geht natürlich nicht. So etwas muss nicht der Steuerzahler zahlen", findet Fillers. Ende Januar sollte das Programm, so war es angekündigt, daher erst einmal gestoppt werden. &bdquo;Gestoppt wurde es dann aber eine Woche früher. Wir hatten Kunden, für die war alles fertig berechnet. Diesen Aufschrei können Sie sich nicht vorstellen! Das war eine heiße Woche im Büro, jede Art von Beschimpfung war dabei." Förderung für Sanierungsbauten neu aufgelegt Fillers kann das sogar verstehen: Bei vielen Objekten habe es sich um Projektkosten in Millionenhöhe gehandelt. Fachplaner, Architekten, die Eigentümer und sein Energiebüro hätten Wochen in die Ausarbeitung des Förderantrags gesteckt. Mit den entsprechenden Kosten. &bdquo;Mit der Über-Nacht-Änderung war diese Arbeit dann für den Müll." Glücklicherweise habe sein Büro verständnisvolle Kunden, &bdquo;verklagt worden sind wir nicht". Was er auch nur schwer gelten gelassen hätte, &bdquo;wir waren ja nicht Schuld an der Misere". Fünf Wochen später sei die Förderung für Sanierungsbauten wieder aufgelegt worden, und auch die Förderung für Neubauten sollte wiederbelebt werden. &bdquo;Hier gab es aber weniger Geld, und auch nur noch, wenn man einen KfW-40-Standard einhielt." Fillers erinnert sich noch gut an den Montag Anfang März, als das neue Programm scharfgeschaltet werden sollte. &bdquo;Wir hatten 20 Kunden, die davon profitieren wollten. Alles war vorbereitet, die Anträge waren fertig und unterschrieben. Wir haben morgens um 6 Uhr mit der Arbeit begonnen, am Ende haben wir für 17 Anträge Förderzusagen bekommen. Das Programm hielt drei Stunden, dann wurde es gestoppt: die eine Milliarde Euro, die dafür vorgesehen war, war ausgegeben, der Topf war leer." Alexander Fillers spricht vom Windhundprinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dachte der Wertheraner damals, endlich in ruhigeres Fahrwasser zu kommen, sah er sich getäuscht. In der vergangenen Woche der nächste Paukenschlag: &bdquo;Die Förderung für Wohngebäude wurde ohne Vorwarnung eingestellt, die Förderung von Neubauten massiv gekürzt, und auch bei den Einzelmaßnahmen gibt es erhebliche Veränderungen. Das ist untragbar. Wir arbeiten täglich an den Förderanträgen, es dauert lange, bis sie fertig sind. Und dann heißt es plötzlich: alles umsonst. Ich bin Ingenieur und kein Anwalt, aber ich weiß nicht, ob das rechtlich so zulässig ist." &bdquo;Eine Bundesbehörde darf nicht so willkürlich handeln" Man merkt Fillers an, wie sehr ihn die ständig neuen Vorgaben und die dadurch bedingten Unsicherheiten belasten. &bdquo;Uns kostet das viel Zeit und unsere Kunden bares Geld. Und es kostet Vertrauen. Auf diese Weise entziehe ich den Leuten jede Art von Planungssicherheit!" Für den 15. August, sagt Fillers, seien die nächsten Änderungen mit neuen Fördersätzen angekündigt, Ende des Jahres soll die Förderung für Neubauten umgestellt werden. Was rät er also seinen Kunden? &bdquo;Schnellstmöglich den Förderantrag stellen. Weil niemand weiß, was morgen ist. Im Zweifelsfall gibt es dann weniger Geld." &bdquo;Eine Bundesbehörde", sagt Fillers abschließend, &bdquo;darf nicht so willkürlich handeln." Was ihn am meisten ärgert: &bdquo;Hier wird massiv unsere Glaubwürdigkeit angetastet. Und das darf eine Regierung nicht tun!" Wenn die Leitplanken einmal im Boden seien, dürfe man sie nicht über Nacht versetzen. &bdquo;Sonst verprelle ich alle, die bereit sind, Geld zu investieren. Meine Sorge ist, dass nicht nur durch gekürzte Fördergelder, sondern auch durch ein solches Verhalten die Bauindustrie den Bach runtergeht." Alexander Fillers fragt sich, ob das Vorgehen des Bundeswirtschaftsministeriums rechtens ist. Er hat inzwischen bei einem Anwalt Rat eingeholt, ob es eine Möglichkeit gibt, rechtlich gegen diese Willkür vorzugehen. Eine Antwort steht noch aus.

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