Werther. Eigentlich wollten die drei Bürgermeisterkandidaten in Werther mit ihrem Wahlkampf jetzt durchstarten. Das Corona-Virus hat sie jedoch bis zum Stillstand ausgebremst. „An Wahlkampf ist jetzt überhaupt nicht zu denken", sagt Thorsten Schmolke, Kandidat der Wertheraner Grünen.
„Wir müssen jetzt erst mal abwarten, was die Landesregierung beschließt", sagt Schmolke. „Können wir das Ansteigen der Fallzahlen verlangsamen? Das sind Fragen, die maßgeblich darüber entscheiden, wie lange die Corona-Krise wirklich dauert. Ob die Termine für die geplante Wahl im September zu halten sind, wissen wir nicht." Es gebe erste Stimmen, die dafür seien, die Wahl zu verschieben.

Das erste Problem seien die Fristen, die in der Landesverfassung stehen. Die Listen der Kandidaten und die Reserveliste müssen bis zu einem festgelegten Termin eingereicht sein. „Wählen darf aber nur der, der bei einer ordentlichen Wahlversammlung anwesend ist", erklärt Schmolke. Durch das Versammlungsverbot ist die Wahl aber nicht möglich.
„Es gibt strikte Vorgaben und da sind jetzt die Verfassungsrechtler gefragt", so Schmolke. Die Landesverfassung müsste geändert werden, wollte man die Wahl trotzdem durchziehen. Es gebe keinen Präzedenzfall – nichts, was mit der jetzigen Situation zu vergleichen sei. Das Rad müsse tatsächlich neu erfunden werden.
Thorsten Schmolke sagt, dass er und seine Frau derzeit damit beschäftigt seien, Musikkurse via Skype zu geben und in der Kirchengemeinde Angebote zu machen. Die Wahl sei für ihn total in den Hintergrund gedrängt. Planen könne man derzeit ohnehin gar nichts. „Die Menschen haben nun auch anderes im Kopf."
Für die Zeit nach Corona hat sich der Grünen-Politiker schon zwei Dinge auf die To-do-Liste geschrieben. Das eine sei der Klimaschutz, der nun nicht zur Nebensache werden dürfe, das andere die Digitalisierung. „Durch das Virus wurde schlagartig klar, wie lebenswichtig die neuen Medien sind", so Schmolke. Vor allem in den Schulen sieht er da enormen Nachholbedarf. „Da müssen wir nach der Krise unbedingt ran", so Thorsten Schmolke.
„Die Lust dazu hat mich gänzlich verlassen"
Auch Ralf Eckelmann von der CDU will von Wahlkampf derzeit nichts wissen. „Die Lust dazu hat mich gänzlich verlassen", bringt er es auf den Punkt. Es sei einfach nicht die Zeit dafür und auch das falsche Signal. „Das wichtigste ist erst einmal, die Pandemie einzudämmen, die Risikogruppen zu schützen und die Wirtschaft zu stärken", sagt er. „Wir müssen gucken, was wir nun vor Ort tun können."

Wichtig findet er, die vielen Hilfen für Unternehmer wie Steuererleichterungen oder finanzielle Hilfen an die heimische Wirtschaft zu transportieren. „Wir müssen sie mit allen nötigen Infos versorgen", so Eckelmann. Den Einzelhandel stärken sei auch vor Corona schon einer der wichtigen Punkte im Programm der CDU gewesen. Nun müssten Soforthilfen her, damit der Einzelhandel überleben könne. „Wir sind so stolz auf unsere tolle Innenstadt. Ich möchte nachher nicht durch eine verwaiste Ravensberger Straße gehen."
Nach Corona werden sicher andere Dinge wichtig sein, als vorher, vermutet der CDU-Kandidat. Wie sich seine Partei dann aufstellen werde, müsse man sehen. Auch Eckelmann sieht die Digitalisierung mit anderen Augen. „Jetzt zeigt sich, was alles möglich ist", sagt er. Viele Formulare könnten nun online ausgefüllt oder verschickt werden, Lernmaterial oder Kurse würden online zur Verfügung gestellt. Vieles werde im Moment vereinfacht, sagt Eckelmann. „Vielleicht ist manches wirklich zu bürokratisch bei uns."
Auch für Veith Lemmen von der Wertheraner SPD spielt der Wahlkampf derzeit keine Rolle. „Wir müssen in dieser Situation zusammenstehen, auch parteiübergreifend", sagt er. Es komme darauf an, Hilfe zu leisten, wo es geht. „In unserer Stiftung Solidarität organisieren wir derzeit Nachbarschaftshilfen und Hilfen für Bedürftige, die sonst von der Tafel versorgt wurden", berichtet er.
„Sicherheit, Solidarität und Stabilität"
In Werther liegt das Hauptaugenmerk von Veith Lemmen auf dem Einzelhandel, den Ein-Mann-Betrieben, den Minijobbern, den Kulturschaffenden und Kleinunternehmern. „Sie machen den Charme unserer Stadt aus", so der Bürgermeisterkandidat. „Wir setzen alles daran, dass das gewahrt beliebt. Wichtig sei, dafür zu sorgen, dass die vielen Hilfspakete, welche die Regierung schnüre, auch in Werther ankommen.

Für die Zeit nach Corona wünscht sich der SPD-Mann, dass die Menschen wieder mit wacheren Augen durchs Leben gehen. „Die vielen Initiativen, die es jetzt gibt, zum Beispiel von Ehrenamtlichen, von Jugendlichen oder von Kirchen, sind von unschätzbarem Wert", sagt er. Überall werde angepackt und das könne man gar nicht hoch genug schätzen. „Es wird auch höchste Zeit, dass wir die, die jetzt für uns in der ersten Reihe stehen, wie Pflegekräfte oder Verkäuferinnen, endlich entsprechend wertschätzen und vernünftig entlohnen", sagt Veith Lemmen.
„Sicherheit, Solidarität und Stabilität, das sind die Dinge, die die Menschen jetzt brauchen", so der Bürgermeisterkandidat. Die nächsten Wochen würden darüber entscheiden, ob wir in eine solche Katastrophe schlittern wie die Italiener. „Es geht hier um Menschenleben", sagt Lemmen. Wahlkampf? Was für ein seltsames Wort.