Reinerts neue Rolle: Was bleibt von einer Versmolder Familien-Tradition?

Versmold. Der bekannte Schriftzug Reinert am Produktionsgebäude ist weithin sichtbar – ein Sinnbild für das Empfinden vieler Menschen in der Stadt. Gut fünf Jahren nach der Fusion der Loxtener Privat-Fleischerei mit dem Wurstwarenhersteller Kemper (Nortrup) zu &bdquo;The Family Butchers“ sprechen sie weiterhin von Reinert. Dieser Name, der seit Jahrzehnten die Wirtschaft im Ort mitprägt, ist präsent. An TFB, an die Familien-Fleischer, haben sich die meisten bisher nicht so recht gewöhnen können, auch wenn die roten Fahnen mit dem Namen am Werkstor wehen. An die Muttergesellschaft, die InFamily-Foods-Holding (IFF), erst recht nicht. Doch wie viel Reinert steckt noch drin, wo Reinert draufsteht? Zerbröckelt das Konzern-Konstrukt schon wieder? Der Zusammenschluss der beiden Wurst-Unternehmen zum 1. Januar 2020 sollte die Antwort auf sich verändernden Rahmenbedingungen sein. Als nun zweitgrößtes Unternehmen auf dem deutschen Wurstmarkt wolle man &bdquo;Impulsgeber der Branche“ werden, gab die damalige TFB-Geschäftsführung aus – eine Ansage an die Konkurrenz, insbesondere an die zum Tönnies-Konzern gehörende Zur-Mühlen-Gruppe als Marktführer. Doch die Krise verschärfte sich, ein umfassender Transformationsprozess mit Werksschließungen und Sparkurs wurde eingeleitet. Kartellamt muss noch grünes Licht für Zusammenarbeit geben Im Herbst 2024 wurde dann öffentlich, dass man sich auf Partnersuche begeben müsse, um einen &bdquo;strategischen Nachteil gegenüber Tönnies und Westfleisch wettmachen zu können“, wie es seinerzeit in einem Bericht der &bdquo;Lebensmittelzeitung“ hieß und der vom Unternehmen dem HK gegenüber bestätigt wurde. Die großen Konkurrenten verfügen – anders als TFB – über eigene Schlachtung und Zerlegung innerhalb der Unternehmensgruppen. Die Partnersuche ist nun abgeschlossen – und ausgerechnet jener Konzern, dem man seinerzeit durch die Fusion Paroli bieten wollte, steigt nun als Investor ein. Gar als Mehrheitsgesellschafter, wenn das Bundeskartellamt zustimmt. Wie eine Sprecherin von TFB auf Nachfrage des &bdquo;Haller Kreisblatts“ mitteilt, möchte die Premium Food Group aus Rheda-Wiedenbrück (ehemals Tönnies) 50,025 Prozent am Versmolder Unternehmen übernehmen. Über die Grundsatzvereinbarung zur strategischen Partnerschaft informierte die PFG am Mittwochmorgen (18. Juni) in einer kurzen Pressemitteilung. Mit dem Verweis: &bdquo;Die geplante Beteiligung steht unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Prüfung sowie weiterer üblicher Genehmigungen und Abschlussbedingungen.“ Versmolder Unternehmen TFB bangt um seine Existenz Auf weitere Details geht das Versmolder Unternehmen in einem Statement ein. In einer &bdquo;wirtschaftlich äußerst herausfordernden Situation“ habe man einen &bdquo;entscheidenden Schritt zur Stabilisierung“ gemacht. Mit der Partnerschaft sichere man sich nicht nur langfristig den Zugriff auf Rohstoffe, sondern &bdquo;gewinnt die finanzielle Handlungsfähigkeit zurück, die für das stark angeschlagene Unternehmen existenzsichernd ist“. An diesen Worten wird deutlich, wie dramatisch die Lage augenscheinlich ist. Im vergangenen Herbst hatte man noch Gerüchte der Branche zurückgewiesen, wonach die Partnersuche finanzielle Gründe habe. Hintergrund zum Versmolder Unternehmen TFB: Die Entwicklung von Reinert zum Fleisch-Riesen Doch TFB steht mit dem Rücken zur Wand, braucht dringend eine Perspektive, wie nun deutlich wird. &bdquo;Sollte das Kartellamt wider Erwarten keine Zustimmung geben, steht TFB vor kaum lösbaren Finanzierungsproblemen“, teilt man auf Nachfrage mit. Mit der angestrebten Partnerschaft mit der Premium Food Group wirft das Loxtener Unternehmen einen Rettungsanker. TFB beschäftigt an seinen vier Standorten aktuell 2.300 Mitarbeitende, die zuletzt einen Jahresumsatz von 700 Millionen Euro erzielten. Die Frage, ob sich durch den geplanten Einstieg der PFG Veränderungen für Belegschaft und Standorte ergäben, beantwortet man folgendermaßen: &bdquo;Aktuell bestehen dazu keinerlei Planung, die neue Gesellschafterstruktur setzt sich zur gegebenen Zeit – nach der kartellrechtlichen Entscheidung – damit auseinander.“ Investitionen in Versmolder Standort Was fortgesetzt werden soll, sind die begonnenen Modernisierungspläne am Versmolder Standort. &bdquo;Die Investitionen werden weitergeführt“, teilt eine Sprecherin mit. &bdquo;Wir investieren in die Infrastruktur, beispielsweise in den Brandschutz und in die Modernisierung der Kälteanlagen, und stellen den Standort damit zukunftssicher auf“, informierte das Unternehmen im vergangenen Jahr. Hans-Ewald Reinert wird künftig bei diesen Schritten keine Rolle spielen. Im Zuge der Partnerschaft soll TFB laut Presseinformation aus der bisherigen InFamily-Foods-Holding herausgelöst werden. Künftige Gesellschafter sollen der Gesellschafterverbund Dr. Wolfgang Kühnl (früher Kemper-Chef) und die PFG sein. &bdquo;Hans-Ewald Reinert scheidet im besten Einvernehmen aus dem Gesellschafterkreis aus.“ Wirtschaft im Altkreis Halle: Aus von Gerry Weber in Halle: Beschäftigte fühlen sich ungerecht behandelt Die InFamily-Foods-Holding, weiterhin mit Sitz in Versmold-Loxten, bleibt bestehen. Unter ihrem Dach sind dann die beiden anderen Säulen The Plantly Butchers (TPB) und The Cultivated B (TCB) gebündelt. In den vergangenen Jahren hat die Unternehmensgruppe verstärkt den Bereich der Fleischalternativen forciert. Hans-Ewald Reinert fokussiert sich auf Bärchen und Billie Green Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Ana Romas (@russischraclette) Hans-Ewald Reinert will sich fortan auf das vegane Segment mit der Marke Billie Green konzentrieren. Die Mitarbeiterzahl im noch jungen Unternehmen TPB in Osnabrück ist zuletzt stetig gewachsen, Sortiment und Umsatz sind es ebenso. Offensichtlich ein lukratives Geschäft für den eigentlichen Wurst-Experten. Ebenso wird der 62-Jährige die Marke Reinert-Bärchen &bdquo;strategisch begleiten“ und damit TFB &bdquo;über Lizenzvereinbarungen weiterhin verbunden“ bleiben. 1998 hatte Hans-Ewald Reinert die Bärchen-Wurst für seine eigenen Kinder erfunden, neben der Sommerwurst das bekannteste Produkt aus dem Hause Reinert. Auf einem großen Plakat vor dem Loxtener Werkstor wird für das Flaggschiff Bärchen geworben. &bdquo;Gehört zur Familie“, steht dort groß geschrieben. So bleibt es auch. Das Loxtener Unternehmen indes, gegründet 1931, liegt bald nicht mehr in Familienhand. Die Geschäfte werden schon seit einigen Jahren nicht mehr von Hans-Ewald Reinert geführt. Aktuell ist das Trio Georg Hürth, Thorsten Heidemann und Manfred Hübschmann verantwortlich. Mit dem Herauslösen von TFB aus der Holding geht die Versmolder Inhaber-Familie den nächsten Schritt und verabschiedet sich aus ihrem früheren Kerngeschäft. Nächste Reinert-Generation ist an Bord Hans-Ewald Reinerts Tochter Johanna Lena Reinert bleibt aktive Gesellschafterin in der Holding und bei TPB. Dort zeichnet sie für die Expansion der Marke Billie Green zuständig. Carl Ewald Reinert fungiert als Gesellschafter der InFamily Foods. Der Veränderungsprozess könnte noch weitere Schritte nach sich ziehen. &bdquo;Im Zuge der laufenden strukturellen Entwicklungen wird derzeit auch über eine Trennung der Gesellschaftergruppen nachgedacht. Dabei steht die Überlegung im Raum, dass TPB künftig unternehmerisch von Hans-Ewald Reinert geführt und aus der Holding herausgelöst wird“, informiert man auf Nachfrage. Die InFamily-Foods-Holding würde dann perspektivisch ausschließlich die TCB mit ihren international ausgerichteten Geschäftssparten unter der Führung von Dr. Wolfgang Kühnl umfassen. Diese Überlegungen befänden sich derzeit in Prüfung. Konkrete Entscheidungen seien noch nicht getroffen. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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