Ehepaar verlässt das Chaos und findet sein Paradies in Versmold

Versmold. Katharina und Jakob Esau könnten ein dickes Buch schreiben über ihre Erlebnisse im Kindesalter, als Jugendliche und Erwachsene. Anlässlich ihrer heutigen eisernen Hochzeit erzählte das Ehepaar dem &bdquo;Haller Kreisblatt“ ein wenig aus seinem Leben. Besonders die Zwangsarbeit, die entbehrungsreichen Kriegsjahre und die Vertreibung aus der Heimat haben tiefe Spuren hinterlassen. Jakob Esau hat bis heute jedes Ereignis mit der dazu passenden Jahreszahl im Kopf. Das Ehepaar konnte dem Chaos entkommen. Das heutige Leben empfinden sie wie das Paradies. &bdquo;Die Kinder glauben nicht, was wir erzählen“, stellt Jakob Esau oft fest. Tatsächlich brauchen Zuhörer viel geschichtliches Wissen, um die bewegte Lebensgeschichte des Ehepaares zu verstehen. Bis heute denkt Jakob Esaus an seinen Vater. &bdquo;Er wurde 1941 mit anderen männlichen Verwandten nach Sibirien verschleppt. Wir haben viele Anfragen gestellt, aber erst 1992 erfahren, dass er bereits ein Jahr später in einem russischen Straflager gestorben ist“, erinnert sich der Jubilar an viele Jahre in Ungewissheit. Die Geschichte zeigt, dass vor rund 300 Jahren deutsche Siedler Richtung Osten auswanderten. Bereits 1763 lockte Zarin Katharina II. Deutsche ins russische Reich. Sie gewährte ihnen ebenso wie später Kaiser Alexander eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Sonderstellung. Unter den Siedlern waren viele Menschen mennonitischen Glaubens, weil ihnen Ländereien, Religionsfreiheit und die Freistellung vom Militär versprochen wurde. Ehepaar lebt in der Sowjetunion mit starken Einschränkungen &bdquo;Unsere Dörfer lagen 50 Kilometer auseinander“, beschreibt Katharina Esau die Lage ihrer Geburtsorte, wo sie mit sieben Geschwistern aufwuchs. Im Heimatort besuchte Jakob Esau bis 1953 die Schule bis zur siebten Klasse. &bdquo;Es gab ab 1945 eine Zeit, da mussten wir jeden Tag zur Kommandantur zur Kontrolle. Wir durften nicht zum Nachbarort, der nur sieben Kilometer entfernt war“, beschreibt Katharina Esau die eingeschränkte Bewegungsfreiheit für Russlanddeutsche in der ehemaligen Sowjetunion. Lebenswege: Versmolderin läuft sich bis ins hohe Alter den Frust von der Seele Den ersten Kontakt zu seiner heutigen Frau bekam Jakob Esaus 1955 bei der Roten Armee. &bdquo;Wir Deutschen waren in einer Arbeitsarmee am Polarmeer bei teilweise 60 Grad minus. Wir bekamen kein Gewehr“, beschreibt er die Zeit, in der er sich Erfrierungen an Fingern, Zehen und der Nase zuzog. Trotz seiner Religion war er drei Jahre in der Armee, wo er als Fahrer eingesetzt wurde. &bdquo;Der Bruder meiner späteren Frau war mein Freund. Ich habe seiner Schwester dann meine Freundschaft angeboten“, sagt der Jubilar, der mit fünf Geschwistern aufwuchs und bis 1960 nur schriftlich mit seiner späteren Braut kommunizierte. Am 12. Juni 1960 heiratete das Paar in Kasachstan. &bdquo;Es war eine Doppelhochzeit mit meinem Bruder zusammen“, beschreibt Katharina Esau den Ehrentag, und ihr Mann ergänzt, dass er nur die Kleidung der Armee und den Hochzeitsanzug besaß und sie sich das Geld für die Feier leihen mussten. Das Paar kaufte zudem mit geborgtem Geld eine Lehmhütte, die sie nach und nach renovierten. Zwei Kinder machten das junge Glück perfekt. Erst mit dem Zerfall der Sowjetunion darf das Ehepaar nach Versmold ausreisen Heute sind fünf Enkel und 14 Urenkel der ganze Stolz des Späteaussiedlerpaares. Unvergessen bleibt Katharina Esau die Zwangsarbeit. &bdquo;Ich musste bis zur Geburt des ersten Kindes Getreide vom Lastwagen abladen und in Silos füllen. Außerdem musste ich Kanäle ausheben. Meine Hände sind heute so schwach, dass die Finger immer einschlafen“, sagt die fast 89-Jährige, dass zu Hause Arbeiten in der eigenen kleine Landwirtschaft auf sie warteten. Beeindruckend: Auch nach 65 Jahren im Training – Fitnessstudio hält Versmolder Ehepaar fit Das Ehepaar kann sich noch lebhaft an die Herrschaft unter den Russen und Polen erinnern. An die zwangsweisen Umsiedlungen, die Verbannung Russlanddeutscher, an die Zwangsarbeit und die Vorwürfe der Kollaboration mit dem NS-Regime. &bdquo;Erst mit dem Zerfall der Sowjetunion und mit Gorbatschow wurde es besser für uns. Wir durften auswandern“, sagt der 88-Jährige, der mit der Familie Ende der 80er nach Versmold übersiedelte, und anfangs im Rathaus eine Unterkunft bekam. Bis zur Rente arbeitete Jakob Esau seit 1990 im Unternehmen Eggelbusch in Harsewinkel als Lkw-Fahrer. Seine Frau kümmerte sich um die Familie, besonders um die Betreuung der Enkelkinder. &bdquo;Ich habe einen liebevollen Mann. Wir haben nie gestritten. Wir schließen Kompromisse“, sagt Katharina Esau, die täglich mit ihm einen Spaziergang im Bruch unternimmt und gerne Tiersendungen im Fernsehen schaut. Jakob Esau möchte sich bei allen für die gute Aufnahme in der neuen Heimat bedanken. Besonders bei seinem ehemaligen Hausarzt Dr. Peter Bronsert, der ihn 30 Jahre betreute. Das Ehepaar freut sich schon auf die keine Feier zur eisernen Hochzeit im engsten Familienkreis. Das &bdquo;Haller Kreisblatt“ gratuliert herzlich zum Ehrentag. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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