Viele Fotos: Versmolder Schrauber baut DIY-Roadster – und cruist durch OWL

Versmold. &bdquo;Mit 70 bin ich aus dem BMW-Motorradklub ausgetreten. Die haben immer nur mehr aufgerüstet“, erzählt Herbert Lambrecht am Küchentisch. Leistungsstarke Zweiräder hätten ihm lange viel Spaß gemacht, sagt der Rentner, irgendwann sei die Zeit aber vorbei. Die Jahre forderten Tribut. Vor allem die Sitzhaltung auf so einem Tourer sei nicht mehr angenehm gewesen. Auf seine Ausfahrten wollte der Versmolder trotzdem nicht verzichten. Ein Chopper sollte Abhilfe schaffen. &bdquo;Da passte alles, aber allein fahren macht auch keinen Spaß“, berichtet der Versmolder. Bei einem Besuch im benachbarten Örtchen Füchtorf habe er dann das erste Mal eines dieser kleinen Autos gesehen, deren Fahrgefühl so nah an ein Motorrad heranreicht, wie es eben geht mit vier Rädern. &bdquo;Wir waren auf dem Spargelmarkt. Da standen diese Lomaxe rum“, weiß Lambrecht noch. Die Neugierde des Autofans und passionierten Schraubers war geweckt. Klar war sofort: Auch wenn ein Lomax ein Zweisitzer ist und Spritztouren mit Ehefrau Waltraud ermöglicht: Gediegenes Fahren ist nicht angesagt. Kaum geschützt sitzen die Piloten nur wenige Zentimeter über dem Asphalt, die Ausstattung ist aufs Minimum reduziert. Das ist Konzept. Versmolder Oldtimer-Fan kauft ein englisches &bdquo;Kitcar“ Beim Lomax handelt es sich um ein sogenanntes &bdquo;Kitcar“ – ein Bausatz-Auto. In den 1980ern verkaufte die britische &bdquo;Lomax Motor Company“ solche selbstentwickelten Bausätze. Über einen niederländischen Zwischenhändler waren die auch in Deutschland zu bekommen. Wer technisch versiert genug war, brauchte so ein Set und einen Citroën 2CV – eine Ente – um daraus ein Sportcabrio zu bauen. Von der Ente wurden sämtliche Aufbauten entfernt, was übrig blieb, wurde in ein Plastikgewand gesteckt. Dank des geringen Gewichts von rund 450 Kilogramm läuft ein Lomax mit dem 29-PS-Boxer-Motor bis zu 140 Stundenkilometer. Ein Verdeck gibt es nicht, die Frontscheibe ist eher Deko – wie sich bei der Probefahrt zeigt. Motorradfeeling pur also. Lesen Sie auch: Lehrer aus Werther baut sich ein schnelles Dreirad Bis Herbert und Waltraud Lambrecht allerdings ihre erste Ausfahrt genießen können, braucht es noch einige Zeit. Der neugierige Schrauber macht sich auf die Suche nach einem Lomax und wird 2015 in Soest fündig. &bdquo;Das war eine Bastelbude. Ich dachte, ich hätte ein komplettes Auto gekauft, aber das war eine Katastrophe“, so der heute 85-Jährige. Das größte Manko: Wegen einer fehlerhaften Schweißnaht am Tank lief Benzin ins Auto, auch sonst sei der Wagen, Baujahr 1979, sehr schlecht aufgebaut worden. Roadster aus Versmold erfordert etliche TÜV-Besuche Allerdings ist es nicht ganz einfach, einen Lomax zu finden. &bdquo;Das sind Sterbeautos“, weiß Herbert Lambrecht. &bdquo;Die bekommst du nur, wenn jemand stirbt.“ Nur 200 bis 300 Fahrzeuge sind in Deutschland zugelassen. Und die haben einen treuen Fanklub. Mit viel Liebe baute der Versmolder, der schon viele andere Autos unter den Händen hätte, das Kitcar richtig auf. Ein besonderer Hingucker sind die glänzenden Speichenräder, die er sich aus Indien schicken ließ. &bdquo;Damit musste ich sechs oder sieben Mal zum TÜV, bis sie mir jemand eingetragen hat.“ Opel-Oldtimer aus Einzelteilen: Ein weiteres Projekt von Herbert Lambrecht Die Mühe hat sich gelohnt. Mittlerweile erstrahlt der Lomax im besten Retro-Look. Wer es nicht besser weiß, könnte Herbert Lambrecht bei seinen Spritztouren durch OWL für einen englischen Lord auf Abwegen halten. Inspiriert ist die Optik des Lomax vom legendären Morgan Threewheeler. Der schon 1908 konstruierte Flitzer gilt unter Roadster-Fans als Kult. Vor allem, weil er – wie der Name schon sagt – nur ein Hinterrad hat. Ein Feature, dass es auch beim Lomax gibt. Im Alltag haben solche exzentrischen Konstruktionen allerdings ihre Tücken. &bdquo;Ich hatte eigentlich gedacht, ich hätte beim Motorradfahren schon genug Wasser abbekommen ... Aber mit dem hier habe ich auch schon mal eine Stunde mit dem Regenschirm am Straßenrand gesessen“, spielt der 85-Jährige auf sein spezielles Hobby an. Bereits mehrfach habe er kräftige Schauer mitgenommen. Mittlerweile achte er sehr genau auf das Wetter, bevor er den Wagen aus der Garage hole. Versmolder Lomax erinnert an legendären Morgan Threewheeler Ein weiterer Vorteil des Lomax ist der kleine, aber eng verbundene Fanklub. Jährlich treffen sich die Enthusiasten in Füchtdorf. Außerdem gibt es ein gemeinsames Internetforum, auf dem Erfahrungen ausgetauscht werden. Denn, wer Lomax fährt, muss sich zu helfen wissen. Und jedes Exemplar ist besonders. &bdquo;Da ist keiner wie der andere“, weiß Herbert Lambrecht. So machten sich manche einen Spaß daraus, die Motoren umzurüsten. Motoguzzi-Motorrad-Triebwerke würden sich dafür eignen. Ein Schwede habe seinen Lomax sogar mit einem BMW-Boxer-Motorrad ausgerüstet – aber von den BMWs hat sich der Versmolder ja bereits verabschiedet. In loser Folge stellen wir Ihnen in unseren &bdquo;Blechgeschichten aus dem Altkreis“ spannende Autos, interessante Menschen und die Geschichten vor, die sie verbinden. Egal ob Trabant oder Lamborghini, Baujahr 1925 oder 2025: Wenn Sie ein außergewöhnliches Fahrzeug Ihr Eigen nennen, freuen wir uns über eine E-Mail an jonas.damme@haller-kreisblatt.de.

Meistgelesen

Inspiriert vom Morgan-Roadster: der Lomax in Bildern

Panzer-Lkw, DeLorean und Elvis-Cadillac: Blechgeschichten feiern Jubiläum

Gütersloher fährt seltenen Oldtimer: Einzigartiges Gefährt zieht Blicke auf sich

Warum der Morgan Supersport eine rasende Zeitmaschine ist