Fast 1.000 Lkw am Tag: Versmolder Unternehmen Nagel öffnet Mega-Kühlhaus

Borgholzhausen/Versmold. Ein üblicher Kühlschrank ist 55 Zentimeter breit, genauso tief und etwa einen Meter hoch. So kommt er auf etwa einen Viertel-Kubikmeter Kühlraum. Die Kühlhalle der Nagel-Group im Borgholzhausener Teil des Interkom-Gewerbegebietes bringt es allein auf 18.450 Quadratmeter Grundfläche. Am größten Standort betreibt die Versmolder Logistik-Gruppe einen der größten Kühlschränke Europas. Ein Mammutprojekt, das die 700 Mitarbeiter an der Kurt-Nagel-Straße ständig in Bewegung hält. &bdquo;Wenn Sie Ihren Kühlschrank öffnen, ist ziemlich sicher etwas drin, das wir transportiert haben“, sagt Marie Hinzmann. Und damit untertreibt sie eher: Ein erheblicher Teil unserer täglichen Lebensmittel geht diesen Weg. Die Sprecherin des Logistikers hat sich gemeinsam mit Standort- und Gebietsleiter Stefan Garbais und André Pleines, Executive Director Real Estate, Zeit für eine seltene Führung durch die eindrucksvolle Halle genommen. 5.000 Tonnen Lebensmittel gehen hier jeden Tag durch. Auf ihnen prangen viele Marken, die täglich in Fernsehen und Internet beworben werden. Schilder an der Decke weisen den Weg zu den großen Zentrallagern der Einzelhandelsketten in der gesamten Republik. Welche Ketten und Waren genau, das ist Betriebsgeheimnis. Kein Geheimnis ist: Die Region ist bekannt für Fleisch und Süßigkeiten. Borgholzhausener Mega-Kühlhaus spiegelt die Wirtschaftslage Wer sich auskennt, kann an den umgeschlagenen Produkten die Lage im Land ablesen. &bdquo;Zu Corona hatten wir eine große Veränderung. Die Leute haben wieder zu Hause gekocht und legten Wert auf hochwertige Produkte“, erinnert sich Stefan Garbais. &bdquo;Jetzt steckt Deutschland in der Rezension, das Geld ist knapp. Viele gehen lieber günstig beim Discounter einkaufen.“ Auch das spiegele sich wider. Exklusive Einblicke: Wie Nagel seinen Hauptsitz in Versmold umbaut Emsig wie ihre kleinen Namensvetter rauschen pausenlos Dutzende motorisierte Ameisen-Hubwagen durch die kühlen Gänge zwischen den Paletten. Digital-unterstützt laden sie um, was der Sattelschlepper aus der Lebensmittel-Industrie geholt hat, um es schnellstmöglich in die Welt zu schicken. &bdquo;Tag und Nacht macht hier keinen Unterschied. Es muss immer laufen“, sagt André Pleines. Höchstens wenn ein Feiertag anstehe, dann sei noch einmal mehr los, ergänzt Stefan Garbais. Neben der schieren Größe unterscheidet sich das &bdquo;Cross-Dock“ – so der korrekte Name des Mega-Kühlschranks – noch in einer anderen Hinsicht von unserem kleinen Eiskasten zu Hause: &bdquo;Vergessen?“ Nein, vergessen würde hier nur sehr selten etwas, betont Garbais. Dafür sorge das System. Versmolder Nagel-Group baut große Solaranlage &bdquo;Nichts steht hier länger als 24 Stunden“, so der OWL-Leiter der Nagel-Gruppe. In den meisten Fällen seien es nicht einmal sechs. Der Kunde wie der Einzelhändler wollen natürlich Produkte, auf denen das Mindesthaltbarkeitsdatum noch weit entfernt ist. Mit null bis vier Grad Celsius – in der Branche spricht man vom &bdquo;Ultrafrisch-Bereich“ – ist die Riesenhalle an der Autobahn 33 noch recht angenehm klimatisiert. &bdquo;Wir haben anderswo Bereiche bis minus 50 Grad – das ist dann natürlich Schockfrosten“, erklärt André Pleines. Ein energieintensives Geschäft, daraus macht der Gebäude-Experte keinen Hehl. Einer der Gründe, warum Nagel auf dem Gelände schon vor einiger Zeit großzügig in Fotovoltaik investiert hat. 2.115 Solar-Module liefern 670.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr – etwa der Verbrauch eines kleinen Dorfes. Decken kann der Nagel-Standort seinen Energiebedarf damit nicht. 530.000 Kilowattstunden Strom verbrauchte die Kühlhalle allein im Januar. Die Solaranlage macht ihn aber bei Preisschwankungen an der Strombörse zumindest etwas weniger anfällig. Energiesparen lautet eine zweite Devise, die Real-Estate-Director Pleines ausgerufen hat. Zehn Prozent will er in diesem Jahr rausholen. &bdquo;Der wichtigste Faktor dafür heißt Mensch“, ist er überzeugt und gibt ein Beispiel. &bdquo;Wenn sie ein Tor fünf Minuten geöffnet lassen, kostet das fünf Euro.“ Und es gibt ganze 147 davon am Standort. Ergo gilt die Ansage: schnell auf, schnell zu. Versmolder investieren zunehmend in E-Lkw Gleichzeitig laufe unter den Berufskraftfahrern ein unternehmensinterner Wettbewerb. Der Fahrer, der am sparsamsten unterwegs ist – vorausschauend beschleunigt, nicht unnötig bremst – wird am Jahresende ausgezeichnet. Ökonomisches Fahren werde sowieso trainiert. Rund 150 Kraftfahrer beschäftigt Nagel alleine in Borgholzhausen, um die 79 eigenen Lkw am Standort in Bewegung zu halten. Rund 20 Lkw der Gruppe fahren bereits elektrisch – Tendenz steigend. Mehr zum Thema: Sind elektrische Lkw die Zukunft? Sobald die Lebensmittel das Cross-Dock wieder verlassen haben, fallen sie in die Zuständigkeit von Raimund Dahlhaus. Der Chef des Yard-Managements hat von seinem Schreibtisch aus alle Auflieger und Stellplätze im Blick. Wie im Flughafen-Tower kontrolliert er, dass jeder Lkw seinen rechten Platz hat, wer den Hof erreicht und wer wieder abfliegt. &bdquo;Wir haben bis zu 1.800 Ein- und Ausfahrten am Tag“, erklärt Dahlhaus. Das sind 75 pro Stunde – und manchmal noch mehr. Dafür muss alles reibungslos funktionieren. Angesichts von 92 Nationen, die bei der Nagel-Group zusammenarbeiten, keine Selbstverständlichkeit. Hier helfen digitale Abfertigungsterminals, die acht verschiedene Sprachen sprechen. Künstliche Intelligenz steuert Borgholzhausener Halle Ganz wichtig ist auch eine noch recht junge Mitarbeiterin, eine KI, die auf den Namen TVE hört, der &bdquo;Transport Volume Estimator“. Dank künstlicher Intelligenz, tonnenweise Daten aus Sensoren und hoch entwickelten Algorithmen kann das System sehr präzise voraussagen, wie sich die zu bewegenden Volumen zum Beispiel im Saisongeschäft verändern. &bdquo;Die KI weiß auch, wann wir schon mal hoch- oder runterkühlen müssen“, erklärt André Pleines. Noch befinde sich die Technik in der Erprobung, sie wirke aber vielversprechend. Technischer Irrweg oder die Klima-Lösung: Wasserstoff-Lkw in der Praxis Fast zwei Stunden haben sich die Nagel-Manager Zeit genommen, um ihre ausgeklügelte Logistik zu erklären. Dann ist die Führung im Borgholzhausener Interkom vorbei. Es gibt noch viel zu tun. Immerhin betreibt der große Logistiker noch rund 130 Niederlassungen in vielen Ländern Europas. Seit Kurzem auch Teil der Gruppe: Der in Sichtweite gelegene Logistiker B+S. &bdquo;Das ist jetzt eine hundertprozentige Tochter der Nagel-Gruppe“, erklärt Marie Hinzmann. Damit baue die Versmolder Spedition auch ihren Non-Food-und E-Commerce-Bereich weiter aus. Zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 2,2 Milliarden Euro.

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