Versmold. Der 40. Geburtstag steht bevor. 1985 wurde die Interessengemeinschaft Gewerbegebiet Versmold (IG-GV) offiziell als Verein eingetragen. Ihre Anfänge reichen noch einige Jahre weiter zurück und hängen eng mit dem Bau der Straße Im Industriegelände in den 1970er Jahren zusammen. Etwa 50 Jahre danach rückt eben jene wichtige Verkehrsader für die örtliche Wirtschaft wieder in den Fokus.
Bereits 2021 hatte der Vorstand des Gewerbevereins im Gespräch mit dem „Haller Kreisblatt“ gefordert: „Die Sanierung der Straße wird langsam erforderlich.“ Der Lkw-Verkehr hat an vielen Stellen unübersehbar Spuren hinterlassen. Schlaglöcher und Risse sind keine Seltenheit. Im Herbst 2023 sackte die Fahrbahn in Höhe des Unternehmens Nordfrost derart ab, dass der Abschnitt über Monate gesperrt werden musste. Grund war ein Schaden am Regenwasserhauptkanal; die Reparatur gestaltete sich aufwendig.
So ärgerlich Sperrung und Umleitungen gewesen sein mögen, sie können auch als erster Stresstest für die bevorstehende Großbaustelle gesehen werden. „Die Straße ist baulich in einem schlechten Zustand“, heißt es von der Stadtverwaltung. Ab 2025 ist deshalb die Sanierung in drei Abschnitten vorgesehen. Teil eins betrifft laut Haushalt den Bereich zwischen Nordfeldstraße und Speckstraße; dafür sind knapp 700.000 Euro vorgesehen.
Unternehmer pochen auf Stadtring-Weiterbau
Die Gewerbetreibenden dürfte diese Nachricht aus dem Rathaus freuen. Mit Blick auf die Baustelle und damit verbundene Beeinträchtigungen in der Erreichbarkeit der Betriebe sagt IG-GV-Vorsitzender Heiko Witte: „Wir gehen davon aus, dass die Stadt die betroffenen Anlieger rechtzeitig anspricht.“
Mindestens genauso wichtig erachtet der Vorstand den Weiterbau der Ortsentlastungsstraße, damit das Industriegebiet direkt angebunden und die Innenstadt verkehrlich entlastet werden kann. Die Forderung der Unternehmer ist an sich nichts Neues. Zurzeit endet der Stadtring am Kreisverkehr an der Laerstraße.
Sowohl der Grunderwerb als auch die Finanzierung sind die Knackpunkte. Im Zuge der Haushaltsplanberatungen sendete Bürgermeister Michael Meyer-Hermann ein positives Signal an alle Befürworter. Demnach möchte man 2027 mit der Ausführungsplanung und der Ausschreibung der Maßnahme beginnen. Sieben Millionen Euro sind insgesamt für den Weiterbau von Laerstraße bis Knetterhauser Straße vorgesehen.
Wie kann KI denn Büroalltag erleichtern?
„Wenn es nicht grundsätzlich realistisch wäre, würden wir es nicht reinschreiben“, antwortete Meyer-Hermann auf die Frage aus der Politik, ob dieser Zeitplan wirklich möglich sei. Laut Bürgermeister sei man mit einzelnen Eigentümern inzwischen „ein gutes Stück“ weitergekommen. Die Haushaltsposition sei „Ausdruck und Dokumentation des politischen Willens“. Abhängig wird die Umsetzung - neben der Verfügbarkeit der Flächen - auch maßgeblich davon sein, ob Fördermittel in Höhe von 70 Prozent fließen. Dafür müsste die Stadt aber zunächst einmal einen neuen Förderantrag stellen.
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Die Infrastruktur am Wirtschaftsstandort beschäftigt die Gewerbetreibenden. Bei der Mitgliederversammlung ging es insgesamt um die Situation. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Gütersloh war zu Gast und ging auf Probleme und Perspektiven ein. „Sie hat den allgemeinen Trend auf dem Arbeitsmarkt bestätigt“, sagt Heiko Witte, der betont, dass man im Kreis Gütersloh und in Versmold aber nach wie vor auf gutem Niveau unterwegs sei. „Aber man merkt: Es wird angespannter.“
Seit 2021 ist der Unternehmer, der mit einem Ingenieurbüro an der Alten Gestermannstraße am Rande des Gewerbegebiets selbstständig ist, Vorsitzender. Weiterhin seine Stellvertreterin ist Heike Schrewe, Michael Flöttmann agiert als Schriftführer und Sebastian Kisker als Kassenwart. Ein Thema, das das Quartett sowie die Mitglieder umtreibt, ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz. 2025 führt der Verein einen Workshop für seine Mitglieder durch. Es geht um Arbeitserleichterung durch KI im Büroalltag. „Wir haben versucht, ein Thema zu finden, das für alle Mitglieder wichtig ist - vom Handwerk über Spedition bis hin zur Fleischwarenindustrie“, sagt Heiko Witte.
Gewerbeverein unterstützt die Versmolder Werkbude
Die IG-GV versteht sich als Sprachrohr der Wirtschaft und möchte ihre 80 Mitglieder zudem regelmäßig über Aktuelles auf dem Laufenden halten. Ehrenvorsitzender Stephan Potthoff-Wenner informierte bei der Versammlung über die Entwicklung des Azubi-Channels. Die Online-Plattform soll Betriebe und potenzielle Auszubildende zusammenbringen und wird von der IG-GV unterstützt.
Apropos Unterstützung: Jedes Jahr spendet der Verein einen Großteil seiner Mitgliedsbeiträge für den guten Zweck vor Ort. Die 1.000 Euro werden meistens gesplittet. Dieses Mal hat der Verein „Ein Herz für Versmold“ 500 Euro bekommen und dafür den Auftritt des Niederländers Maarten de Gans beim Weihnachtsmarkt finanzieren können. Die andere Hälfte kommt der Werkbude e. V. zugute.
2018 wurde das Projekt ins Leben gerufen. Ziel ist die Heranführung von Geflüchteten, Migranten und (jungen) Menschen an den Arbeitsmarkt. Ganz niederschwellig und durch persönlichen Kontakt. Die ersten Jahre nutzte der Verein die Räume der früheren Matthias-Claudius-Schule, 2021 erfolgte der Umzug in ein eigens dafür umgebautes Gebäude an der Knetterhauser Straße. Angeleitet durch Ehrenamtliche lernen die Teilnehmenden dort Fertigkeiten in den Bereichen Holz und Metall sowie wichtige Eigenschaften fürs Berufsleben. Zudem wird Sprachunterricht angeboten.
Vorzeige-Beispiele für Integration
Denn: „Man kann mit all seinem Wissen nichts tun, wenn man die Sprache nicht spricht“, weiß Wolf Hollmann, früher Gymnasiallehrer, heute ehrenamtlich in der Werkbude aktiv. An diesem Vormittag ist er mit einem Teilnehmer verabredet „Ein hochbegabter Mann mit zwei Studienabschlüssen“, erzählt Hollmann.
Den Test B1 hat sein Schützling, der mehrere Sprachen fließend spricht, bereits bestanden. Zurzeit lernt der junge Vater für das B2-Niveau und besucht zugleich den Einbürgerungskurs in Bielefeld. „Um hier Fuß zu fassen.“ Doch bis dahin sei es oft ein weiter Weg mit einigen Hürden. Die Bearbeitungszeiten zur Anerkennung von Berufsabschlüssen seien beispielsweise sehr lang, kritisiert Hollmann.
Eine andere Person ist gerade erst über die Werkbude in einem Versmolder Handwerksbetrieb untergekommen - mit der Aussicht auf eine Lehre. Solche Beispiele freuen das Team um Wolf Hollmann und Peter Grimkowski als Vorsitzenden selbstredend. „Bei solchen Entwicklungen sagen wir einfach wow.“
Fachkräftemangel macht Betrieben zu schaffen
„Wir haben auf der einen Seite einen großen Fachkräftemangel und auf der anderen Seite das Potenzial an Arbeitssuchenden“, weiß Heiko Witte um ein Dauerthema der Versmolder Betriebe. Die Arbeit der Werkbude unterstützt die IG-GV gerne. Das Projekt trägt sich über den jährlichen Zuschuss der Stadt sowie Spenden, unter anderem aus der heimischen Wirtschaft.
Aktuell wird von Montag bis Donnerstag immer vormittags in den Werkstätten sowie im Schulungsraum gelernt. Die Ausstattung kann sich sehenlassen, wie Peter Grimkowski bei einem Rundgang durch das mit Landesförderung sanierte Gebäude zeigt. Angesichts der Möglichkeiten bedauern die Ehrenamtlichen, dass die Zahl der Teilnehmenden zuletzt zurückgegangen ist. Gleichzeitig sind auch neue Anleiter jederzeit willkommen. „Es mangelt an Multiplikatoren“, benennen sie ein Problem und wünschen sich, dass das Angebot nach der Weihnachtspause ab dem 6. Januar wieder neuen Schwung erfährt.
Weitere Informationen zur Arbeit der Werkbude auf: www.werkbude-versmold.de