Versmolder Gastro-Familie steigt aus klassischem Restaurant-Betrieb aus

Versmold. Bei Nadine Scheer laufen die Tränen. &bdquo;Ich würde eigentlich am liebsten alles machen. Doch irgendwo gibt es Grenzen“, sagt sie, während sie sich eine Serviette holt. Denn trotz großer Veränderungen hat Scheer eigentlich Grund, sich zu freuen. Denn ab dem 1. Januar übernimmt sie das Ruder in der Essbar Ernst und führt den Gastro-Betrieb mit ihrer Schwester Tina Neumüller weiter. Aber nicht mehr, wie bisher. Ihre Mutter und Chefin Ursula Ernst verabschiedet sich am 31. Dezember in den Ruhestand. Um Mitternacht ist dann Schluss. &bdquo;Ich werde alles abgeben“, verspricht sie. Die Essbar, die am 11. August 1996 als &bdquo;Imbiss Ernst“ startete, war und ist Ursula Ernsts Baby. Die Familien-Mutter hat dem Betrieb vieles untergeordnet. Mit 67 Jahren wünscht sie sich einfach mehr Freiheiten, mehr Zeit für ihre Freunde und ihre Enkelkinder. Gelegentlich aushelfen kommt für die Vollblut-Gastronomin natürlich noch in Frage, aber private Termine gehen ab Januar vor. Dann übernehmen die beiden Töchter - allerdings mit deutlichen Einschnitten. Denn der klassische Restaurant-Betrieb wurde mit der Zeit immer komplizierter. &bdquo;Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt Nadine Scheer. Jemand Neues in der Küche anzulernen, könnte schwierig sein, mit Aushilfen kaum möglich. Deshalb trafen die beiden &bdquo;alten Neuen“ eine Entscheidung. Den klassischen Restaurant-Betrieb geben sie auf. Neue Projekte in Versmolds Gastro-Szene Stattdessen wollen sich die beiden Schwestern dann neuen Projekten widmen. Bereits vor einem Jahr stieg das Essbar-Team ins Catering ein. Dieses wird künftig eines der Hauptgeschäftsfelder sein. Die Räumlichkeiten an der Friedrich-Menzefricke-Straße gegenüber der Nagel-Group bleiben erhalten. Hier besteht künftig die Möglichkeit, diese etwa für private Feiern zu mieten. Dann kann ein umfangreiches Buffet-Angebot abgesprochen werden. Bis zu 60 Gästen haben in dem großzügigen Raum Platz. Außerdem öffnen Nadine Scheer und Tina Neumüller künftig einmal im Monat mit besonderen Angeboten. Die Termine werden rechtzeitig bekannt gegeben. Neben dem großzügigen Raum steht an trockenen Tagen auch der &bdquo;Beachgarten“ zur Verfügung. Für die Weihnachtszeit wird dieser stimmungsvoll beleuchtet, so dass beispielsweise auch ein Glühwein hier genossen werden kann. Der Außenbereich ist übrigens charakteristisch für die Essbar, wie Ursula Ernst berichtet. Sie erinnert sich an die Anfänge von ihrem Restaurant. 1995 kaufte sie das Gebäude. Damals war es noch deutlich kleiner. Sie wagte ein Jahr später den Schritt in die Selbstständigkeit und baute den &bdquo;Imbiss Ernst“ gemeinsam mit ihrer Mutter - damals 71 - auf. &bdquo;Wir sind zwei Jahre lang durch ein Tal der Hölle gegangen“, sagt Ernst etwas scherzhaft. Tatsächlich brauchte der junge Imbiss Mitte der 90er seine Zeit, um sich zu etablieren. &bdquo;Ich hatte gerne einen guten Imbiss. Das war immer meins“, sagt Ernst. Doch die Familie ging mit der Zeit und erweiterte. Vom Kult-Imbiss zur schicken Essbar Erst kam ein kleiner Biergarten. Eigentlich war das nur ein Pavillon im hinteren Bereich des Grundstücks. &bdquo;Viele Lkw-Fahrer von Nagel haben dort gegessen“, berichtet Ursula Ernst. Erst 2005 erweiterte die Familie und richtete einen richtig klassischen Biergarten ein. &bdquo;Da war eine Hecke vor und niemand hat ihn so richtig wahrgenommen“, sagt Nadine Scheer. Im Laufe der Zeit wurde auch der Innenraum durch einen Anbau erweitert - bis auf die heutige Größe. Den wohl größten Einschnitt erlebte der inzwischen Kult gewordene Gastro-Betrieb 2009. Das Trio entschloss sich zu einem radikalen Schritt und &bdquo;beerdigte“ den Imbiss Ernst. Seitdem gibt es die Essbar - und den stilvollen Beachgarten mit Sandböden. &bdquo;Dann mussten wir nicht mehr Rasenmähen“, scherzt Tina Neumüller. Was der Betrieb aber blieb: ein Familienprojekt. &bdquo;Welche Mutter kann schon sagen, dass sie so eng mit ihren Töchtern zusammen arbeitet?“, fragt Ernst rhetorisch. Dass es einmal so kommen würde, ergab sich schlichtweg mit der Zeit. &bdquo;Der Imbiss war eigentlich immer mein Projekt“, erklärt Ursula Ernst. Doch ihre beiden Töchter suchten nach ihren Ausbildungen neue Herausforderungen - mehr oder weniger gezwungenermaßen. Versmolderinnen hatten anderen Pläne Nadine Scheer entschloss sich nach ihrer Schulzeit für eine Ausbildung zur Erzieherin. &bdquo;Aber zu dieser Zeit gab es danach einfach keine Stellen“, berichtet Scheer. Heute undenkbar. Also stieg sie in das Projekt mit ein. Ähnlich erging es ihrer Schwester Tina Neumüller. Die gelernte Friseurin wollte nach ihrer Lehre etwas Neues angehen - und eigentlich überlegen, was sie machen will. &bdquo;Ich bin dann irgendwie dabei geblieben“, sagt sie mit einem Lächeln. In den kommenden Wochen stehen wohl viele Abschiedsbesuche an. An Silvester ist dann mit einem großen Buffet Schluss. &bdquo;Es wird gut bürgerlich“, verspricht Nadine Scheer. Um Mitternacht wird feierlich der Schlüssel übergeben - und dann fließen sicherlich wieder Tränen.

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