Große Liebe Isabella: Versmolder Ex-Soldat ist mit Borgward-Virus infiziert

Versmold. Menschen, für die Autos nur Fortbewegungsmittel sind, werden nicht nachvollziehen können, was Wolf Kutzbach und die Borgward Isabella verbindet. Der 84-Jährige sagt von sich selbst: &bdquo;Ich habe den Borgward-Virus!“ Als blutjunger Soldat lernte der Versmolder bei der neugegründeten Bundeswehr auf einem Borgward-Laster das Fahren. Wenige Jahre später kauft er sich die erste Limousine aus dem legendären Bremer-Werk. Dessen Geschichte ist da schon fast beendet. Die Liebesgeschichte zwischen der Isabella und dem Versmolder beginnt erst. Borgward - ein Name, der den wenigsten jungen Deutschen noch etwas sagt. Dabei war der Auto-Fabrikant Carl Friedrich Wilhelm Borgward zu seiner Zeit eine Berühmtheit, größter Arbeitgeber Bremens mit mehr als 20.000 Angestellten. Wer einen Borgward fuhr, brauchte sich vor BMW und Mercedes nicht verstecken. Borgward gilt als Kult-Marke Allerdings währte die norddeutsche Erfolgsgeschichte nicht so lange, wie die ihrer süddeutschen Kombattanten. Anfang der 60er geriet die Marke in Schwierigkeiten, wenig später verloren Tausende Bremer ihren Arbeitsplatz. Die größte Pleite ihrer Zeit, die das deutsche Wirtschaftswunder heftig erschütterte. Trotzdem - oder gerade deshalb - genießen die Wagen des Werkes bis heute Kult-Status. Wolf Kutzbach erkannte das Potenzial bereits als Anfang-Zwanzigjähriger. &bdquo;Mich faszinierten immer die moderne Technik und das besondere Design“, berichtet der Eigentümer des bekannten Wissmann-Hofes im Versmolder Zentrum. Dabei waren die Limousinen von der Weser das genaue Gegenteil der Borgward-Lkw, die der junge Soldat bei der Armee kennengelernt hatte. Wo die Laster durch Unzerstörbarkeit, unsynchronisiertes Getriebe, Lärm und Gewicht bestachen, überzeugten die Limousinen mit modernster Technik der 60er: Hydraulische Kupplung, weiche Einzelradaufhängung und dreifach gelagerte Kurbelwellen verwöhnen den Fahrer. 1961 kauft sich der gebürtige Kasseler vom zusammengesparten Sold seine erste &bdquo;Isabella“. Zierleisten, Chromaugen, schwungvolle Kurven und ein für damalige Zeit sportlicher Motor - das waren die Zutaten für den Erfolg der Isabella. Rund 200.000 Stück machten den Wagen, den es als Limousine, Kombi, Cabrio und Coupé gab, zum Zugpferd des norddeutschen Werkes. Wer im Wirtschaftswunder zu etwas Geld gekommen war, konnte es damit zeigen. Weitere vier &bdquo;Isabellen“ sollten Wolf Kutzbach in den kommenden sechs Jahrzehnten kaufen. &bdquo;Der Virus saß in mir“, sagt er. Neben den Fahrzeugen beginnt er Andenken zu sammeln. &bdquo;Ich habe 15 Bücher über Borgward, mehrere Filme und Modelle“, sagt der echte Enthusiast. Erst zwei Limousinen, dann zwei Coupés Egal wo es Wolf Kutzbach dienstlich hin verschlägt - privat bleibt er der Isabella treu. Auf zwei Limousinen folgen zwei noch elegantere, sportliche Coupés. In den 80ern erlebt die Liebesgeschichte ein zeitweiliges Ende. &bdquo;1983 wurde ich in das NATO-Hauptquartier in Belgien versetzt“, erzählt der Ruheständler, der heute in Bayern lebt. Hätte er den Wagen im Nachbarland angemeldet, wäre die deutsche Zulassung futsch gewesen. Deswegen verkauft der Soldat seine vierte Isabella 1983 an einen Kollegen, der verspricht, sich gut darum zu kümmern. Und dann? Erst mal nichts. Viele Jahre lang bleibt Kutzbach zwar dem Isabella-Klub treu, ohne allerdings selbst einen Wagen zu besitzen. &bdquo;2010 habe ich dann in der Klubzeitschrift eine Anzeige gelesen. Ein Mann hatte einen Schlaganfall erlitten und suchte einen zuverlässigen Nachfolger. Wir wurden uns schnell handelseinig.“ Endlich kann der Offizier, der mittlerweile im Ruhestand weilt, wieder mit norddeutschem Esprit über westfälische Landstraßen und bayrische Alleen rollen. Das himmelblaue Exemplar, Baujahr 1958, tauft er &bdquo;La Comtesse Isabelle de Borgward“. Immer wieder besucht er Oldtimer-Veranstaltungen, fährt bei Rallys mit. &bdquo;Meist war ich da der einzige Borgward. Das waren immer Raritäten.“ Bis sich auch bei ihm das Alter bemerkbar macht. &bdquo;Ich bin bis vor zwei Jahren gefahren. Sie hat mich nie im Stich gelassen“, sagt er. Mit mehr als 80 Jahren muss er seiner Leidenschaft endgültig abschwören. Der Wagen wird in treue Hände weitergegeben. Eine Kopfentscheidung, keine des Herzens. Zu niedrig seien die Sitze gewesen, zu schwergängig das Lenken ohne Unterstützung, erklärt Kutzbach schon fast entschuldigend: &bdquo;Alles hat seine Zeit. Ich hatte für den Wagen schon einen Bewerber. Der schickt mir heute noch ab und zu Bilder. Aber wenn ich mal wieder eine Isabella sehe, habe ich immer noch Tränen in den Augen.“ In loser Folge stellen wir Ihnen spannende Autos, interessante Menschen und die Geschichten vor, die sie verbinden. Egal ob Trabant oder Lamborghini, Baujahr 1924 oder 2024: Wenn Sie ein außergewöhnliches Fahrzeug Ihr Eigen nennen, freuen wir uns über eine E-Mail an jonas.damme@haller-kreisblatt.de.

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