Schutzengel in Versmold: Überlebende inspiriert mit ihrem Mut

Versmold. Eine fröhliche Runde Gleichgesinnter trifft sich zu Kaffee und Kaltgetränken in einer kleinen, gemütlichen Küche. Die Gespräche sind fröhlich und ausgelassen. Es geht um Alltagsthemen und Urlaube. Dass die vier ein gemeinsames, schweres Schicksal teilen, erahnt der Beobachter nicht. Dann wird es plötzlich still. Die Versmolderin Monika Müllenhof spricht über eines der einschneidendsten Erlebnisse ihres Lebens. Vor neun Jahren war sie dem Tod einen Moment lang näher als dem Leben. Müllenhof erlitt einen Herzinfarkt. &bdquo;Es war ein schöner Moment“, erinnert sie sich. In ihrer Stimme schwingt Leichtigkeit. Hadern mit dem Schicksal? Nein. Sie lächelt, wenn sie von diesem schweren Augenblick spricht. Monika Müllenhof erzählt von Licht und Wärme. &bdquo;Das war wie ein Moment der Entspannung nach sehr viel Stress vorher.“ Sie sei aus ihrem Körper aufgestiegen und betrachtete das Geschehen aus einer anderen, übergeordneten Perspektive. &bdquo;Es war wie eine Art Fallen einer Feder, umgeben von Sonne und Licht.“ Versmolderin überlebt Herzinfarkt nur knapp Die Ärzte kämpften währenddessen um Monika Möllenhofs Leben und reanimierten sie. &bdquo;Ich habe dann vor Schmerzen geschrien“, sagt die Versmolderin. Ab diesem Moment ist klar: Möllenhof braucht einen implantierten Defibrillator, ihr Leben verändert sich radikal. Das verbindet sie mit ihren Mitstreitern Heinrich Broxtermann, Britta Meyer und Agnes Eismann, die aus dem Landkreis Osnabrück stammen. Die vier sind gemeinsam in einer Selbsthilfegruppe aktiv, die sich an jedem zweiten Mittwoch im Monat ab 18.30 Uhr in der Schüchtermann-Klinik in Bad Rothenfelde trifft. &bdquo;Wenn das Gerät auslöst, fühlt es sich so an, als ob ein Pferd in die Brust tritt“, beschreibt Heinrich Broxtermann. Der Meller lebt schon seit 1992 mit einem Defibrillator und hat bereits einige technische Entwicklungen der inzwischen handlich gewordenen Geräte mitgemacht. &bdquo;Das bekommt man so schnell nicht aus dem Kopf“, sagt er über solche Ereignisse. &bdquo;Eine Auslösung schürt Ängste.“ Dann sei es gut, sich mit Gleichgesinnten zu unterhalten. Gleiches gilt auch für das eine oder andere Problemchen im Alltag. Wer mit einem mobilen Defibrillator unterwegs ist, sollte nicht zu lange in der Diebstahlschranke eines Einzelhändlers verweilen. Die Technik kann nämlich auslösen. Ungünstig sind auch Induktionsherde, Magnetfelder oder Bohrmaschinen. Das Führen von Elektroautos sei dagegen laut Broxtermann kein Problem. Außerdem tauchen bei Betroffenen Fragen nach Medikamenten oder der Ernährung auf. Wichtiger Erfahrungsaustausch für Betroffene Die Selbsthilfegruppe ist zudem für Angehörige und eigentlich jeden Interessierten geöffnet. Denn zu Notfällen kann es jederzeit kommen und korrektes Verhalten kann Leben retten. Die Erfahrung hat auch Britta Meyer gemacht. Die gelernte Hebamme erlitt 2020, kurz vor dem Beginn des Corona-Lockdowns, einen Herzinfarkt während ihrer Arbeit. Sie hatte Glück im Unglück: Fachpersonal war binnen Minuten vor Ort und auch der Krankenwagen kam schnell. &bdquo;Man braucht solche Schutzengel“, sagt Monika Müllenhof - und denkt wieder an den Moment zurück, der ihr Leben veränderte. Denn damals brauchte es lange, bis ein Mediziner erkannte, was ihr fehlte. &bdquo;Ich war im Urlaub, mir wurde übel“, erinnert sie sich. Wieder zu Hause empfing sie sogar Gäste, ging erst spät in ein Krankenhaus. Selbst dort stellte das Personal nicht sofort fest, was mit ihr los war. &bdquo;Erst dieser alte Mediziner hat gesehen, dass ich einen Herzinfarkt habe. Ihm habe ich mein Leben zu verdanken.“ Die vier hadern mit ihren Schicksalen jedenfalls nicht. &bdquo;Ich habe trotz Defibrillators Urlaub in Australien und in der Südsee gemacht“, sagt Heinrich Broxtermann. &bdquo;Und ich hätte ohne meine Enkelkinder nicht kennengelernt“, kommentiert Müllenhof. Je nach Herzschädigung ist mit einem eingesetzten Defibrillator sogar Leistungssport möglich, wie das Beispiel der Klasse-Stabhochspringerin Katharina Bauer zeigt. Sie nahm sogar an internationalen Wettkämpfen teil. Selbsthilfegruppe in Bad Rothenfelde Trotzdem gibt es sie: die Momente, in denen es plötzlich still wird. Und da können Gespräche und Vorträge der Selbsthilfegruppe helfen. Interessierte können sich an Heinrich Broxtermann unter den Telefonnummern 05429 1211 und 0151 20201035 oder per E-Mail unter h.broxtermann@t-online.de wenden.

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