Ein Jahr nach Praxis-Start in Versmold: Hausärztin baut Angebot stetig aus

Versmold. Die ersten Patientinnen und Patienten haben sich bereits kurz vor 15 Uhr vor der Praxistür eingefunden und warten auf Zutritt. &bdquo;Wir werden gut angenommen und haben regelmäßigen Zulauf“, sagt Dr. Yvonne Fuchs. Am 1. Juli 2023 war erster Öffnungstag ihrer neuen Praxis. &bdquo;Wir haben mit Luftballons und einem Schild an der Tür angefangen“, erzählt sie. Anders als bei einer Praxisübernahme konnte die Fachärztin für Allgemeinmedizin auf keinen Patientenstamm zurückgreifen. Inzwischen hat sie ihn sich aufgebaut. Manche sind zu ihr gekommen, weil sich Praxen in der Umgebung verkleinert haben. Andere, weil sie nach einem Umzug eine neue Anlaufstelle suchten. Einige Praxen nehmen keine neuen Patientinnen und Patienten mehr auf. Betroffene müssen mitunter weitere Wege in Kauf nehmen. Dr. Yvonne Fuchs behandelt Patienten aus umliegenden Orten, selbst aus Bielefeld &bdquo;Wir hören oft am Telefon die Frage: Nehmen Sie noch auf?“. Die gute Nachricht für alle, die auf der Suche nach einer Hausärztin sind: In Versmolds neuer Praxis sind Kapazitäten frei - mindestens noch bis zum Jahresende. &bdquo;Wir schauen quartalsweise, wie die Ressourcen sind“, sagt die 39-Jährige. Zum Praxis-Team am Hohlweg gehören zwei Medizinische Fachangestellte. &bdquo;Wir unterstützen uns gegenseitig. Ich sitze auch schon mal am Telefon“, berichtet die Inhaberin. Ein gutes Miteinander und Betriebsklima sind aus ihrer Sicht Basis für eine gut funktionierende Praxis. Mittelfristig, mit weiter wachsendem Patientenaufkommen, möchte Dr. Yvonne Fuchs eine dritte Kraft einstellen. Hausärztin kritisiert Bürokratie-Aufwand Gerne würde die Praxisinhaberin zudem einen Facharzt/eine Fachärztin für Allgemeinmedizin anstellen. Dann könnten die Sprechzeiten ausgeweitet werden. Eine Praxisgemeinschaft indes ist nicht das Ziel der 39-Jährigen. Dr. Fuchs, die zuvor als Angestellte im MVZ Dissen tätig war, hat sich bewusst für die Eigenständigkeit entschieden - ein Modell, das es gerade im ländlichen Raum immer seltener gibt. Für Bestandspraxen Nachfolger zu finden, gestaltet sich oft schwierig. Junge Mediziner bevorzugen die Vorteile eines Angestelltenverhältnisses in Ärztehäusern oder Kliniken. Ein Stück weit kann Dr. Yvonne Fuchs das aufgrund der eigenen Erfahrungen der Neugründung nachvollziehen. &bdquo;Schade, dass es so viele Hürden gibt“, sagt sie. Ob Qualitätsmanagement, Brandschutz, Berufsgenossenschaft, gesetzliche Neuerungen oder IT - es gelte vieles zu beachten und zu klären. Sie nennt das Beispiel einer Medizinstudentin, die ihre Famulatur gerne in der Versmolder Praxis absolviert hätte. &bdquo;Sie hätte hier super reingepasst.“ Dr. Yvonne Fuchs wollte Fördergelder dafür vom Land abrufen. Doch die Zahlen aus dem Basisquartal kurz nach Praxisöffnung seien zu gering gewesen, um förderfähig zu sein. Die Erkenntnis der Medizinerin: &bdquo;Vieles ist fernab der Realität.“ Dankbar ist Versmolds neueste Hausärztin vielen jüngeren Kollegen im Umkreis, die ihr bei Fragen zur Seite gestanden hätten. Das habe ihr vieles erleichtert - erledigen muss sie die Dinge derweil alleine. Der Zeitaufwand für die viele Bürokratie sei allgemein immens - Zeit, die bei der Patientenversorgung fehle und die für Außenstehende nicht wahrnehmbar sei. Praxisschluss freitags um 12 Uhr heiße nicht gleichzeitig Wochenende für die Ärztin, betont Dr. Fuchs. Versmolder Praxis bietet Videosprechstunde und Online-Services &bdquo;Ich glaube nicht, dass Kolleginnen oder Kollegen keine Lust auf Hausarztsein haben. Viele scheuen aber den Schritt“, sagt Dr. Yvonne Fuchs. Die Wahl-Dissenerin macht den Beruf mit viel Herzblut, das wird im Gespräch schnell deutlich. Da ist es nicht verwunderlich, dass sie trotz aller Herausforderungen ein Plädoyer für die ganz klassische Hausarztpraxis hält. Die Bandbreite der Arbeit, der enge Kontakt zum Patienten, keine wechselnden Ärzte - all das sind aus Sicht der Medzinerin Pluspunkte. Ein gutes Jahr nach Praxisstart ist ihre Position: &bdquo;Ich würde es immer wieder machen.“ Wenngleich sie das typische Bild eines Hausarztes, der die ganze Familie kennt, im Kopf hat - der 39-Jährigen ist es gleichzeitig wichtig, die Praxis modern aufzustellen. Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle. Terminvereinbarungen, Rezeptbestellungen und Überweisungen gehören zu den Online-Services. &bdquo;Das heißt nicht, dass man uns nicht anrufen darf. Es ist nur ein zusätzliches Tool.“ Etwa 30 bis 40 Prozent der Termine werden online gebucht. Neu seit dem 1. Juni ist die Videosprechstunde, die Dr. Fuchs ihren Bestandspatienten ergänzend anbietet. &bdquo;Die persönliche Vorstellung ist das Primäre“, sagt die Allgemeinmedizinerin. Es gebe aber Fälle, in denen ein Praxisbesuch nicht unbedingt erforderlich ist, sondern eine Beratung am Bildschirm ausreicht. &bdquo;Wenn ein Patient nicht mobil ist und wissen möchte, ob er noch eine Schmerztablette mehr nehmen kann, muss er keinen Fahrdienst nehmen“, nennt sie ein Beispiel. Ein anderer Fall: Ein Patient mit Depressionen ist erkrankt. &bdquo;Statt vielleicht gar nicht zum Arzt zu gehen, kann man zumindest online miteinander sprechen.“ Auch aus Gründen des Infektionsschutzes könne eine Videosprechstunde Sinn machen. Akupunktur bald als Ergänzung zur Schulmedizin Seit einiger Zeit ist die Praxis am Hohlweg zugelassene Gelbfieberimpfstelle - für Dr. Yvonne Fuchs die passende Ergänzung ihres Schwerpunktes Reisemedizin. In Beratung und Vorsorge sieht sie ohnehin eine wichtige Aufgabe. Patienten mit Diabetes Typ 2 haben als Kassenleistung einmalig Anspruch auf eine umfassende Schulung. Dr. Yvonne Fuchs und ihre Mitarbeiterin Cristina Rauffmann haben sich fortgebildet und bieten die Lehrgänge regelmäßig in Versmold an - auch für externe Patienten. Auf etwa 240 Quadratmeter Fläche findet die Medizinerin ideale Bedingungen, um ihr Angebot stetg zu weitern. Das einstige Wohnhaus wurde zur modernen, großzügigen Praxis umgebaut. Im Erdgeschoss befinden sich Empfang, Wartezimmer, Labor, drei Behandlungszimmer und ein Mischraum, der beispielsweise für Notfälle oder EKG genutzt wird. Im Obergeschoss liegen Personalbereich sowie Schulungsraum. Zurzeit absolviert die Allgemeinmedizinerin eine Weiterbildung im Bereich Akupunktur und möchte ihr Angebot entsprechend ausbauen - als Alternative zur Schulmedizin. &bdquo;Beides hat seinen Stellenwert“, findet die Hausärztin. Man müsse individuell schauen, was für den Patienten richtig ist. &bdquo;Unsere Praxis legt besonderen Wert auf die ganzheitliche Betrachtung des Menschen.“

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