Getrübte Stimmung: Versmolder Kirschblütenfest leidet unter Regen und Kälte

Versmold. Das hatte sich die Interessengemeinschaft Einkaufsstadt Versmold (IGEV) anders vorgestellt. Nach der gut angenommenen Premiere des Kirschblütenfestes im vergangenen Jahr sollte die Neuauflage mit weiteren Attraktionen am Wochenende die Gäste in die Innenstadt locken. Das Fazit fällt ernüchternd aus. Am Freitagnachmittag meint es das Frühlingswetter noch gut mit den Versmoldern. Die Sonne lacht vom blauen Himmel, deswegen zieht es die Leute nach draußen. Das Programm beim Kirschblütenfest ist da allerdings noch überschaubar; erst am Samstag nimmt es an Fahrt auf. Zum Bedauern der Veranstalter und Standbetreiber herrscht den ganzen Tag über ungemütliches Schauerwetter und die Gästezahl in der Innenstadt ist sehr überschaubar. Als "Katastrophe" bezeichnet der erfahrene Organisator Reiner Stodieck den Samstag. IGEV-Vorsitzende Rosi Dieckmann-Rose spricht von einer "Geisterstadt". Der Umsatz einiger Standbetreiber geht gegen Null; wegen der längeren Anfahrt entscheiden sie sich, am Sonntag erst gar nicht mehr anzureisen. "Das Wetter hat uns übel mitgespielt", sagt Dieckmann-Rose. "Ich kann jeden verstehen, der nicht losgegangen ist." Die Trike-Touren für den guten Zweck müssen zwischenzeitlich eingestellt werden, "Wein & Walzer" am Nachmittag fällt ins Wasser. Abends beim Auftritt des Duos "Take Two", das Rocksongs covert, finden sich etwa 30 Hartgesottene an der Münsterstraße ein. Ein Kunstwerk rührt zu Tränen Ziemlich voll ist es dagegen am Samstagmittag in der Galerie et. Sie ist eine Station auf Europas Künstlerweg. Gestartet am Freitagabend in Borgholzhausen führt er Initiatorin Nirgül Kantar-Dreesbeimdieke in den kommenden zwei Monaten durch vier Länder, in 30 Städte und über gut 1.300 Kilometer bis nach Schengen in Luxemburg. Versmold beteiligt sich auf vielfältige Weise an diesem außergewöhnlichen Kunstprojekt. Von der Nachwuchs-Gruppe Holzi-Lehmstein kommen kreative Masken, die auf dem neuen Spielplatz an der Klimaschutzsiedlung in Bockhorst zu sehen sind. Der bekannte britische Street-Art-Künstler Richard Holmes hat die Unterführung an der Aabachstraße auf dem "Weg für Genießer" mit einem großen Graffiti gestaltet. Pflasterlyrik und Baumpoesie von Petra und Hartwig Kuhn sind am Samstag im öffentlichen Raum in der Innenstadt zu sehen. Ihr Beitrag ist es auch, der mit auf Nirgüls weiteren Künstlerweg geht. Eine Jury hat aus den Bildern von Versmolder Künstlern das Werk ausgewählt. In den Räumen des Kunstkreises sind weitere Arbeiten zu sehen. Kinder und Jugendliche haben zusammen mit Richard Holmes Graffitis erstellt. Besonders berührend ist der Moment, als die Gemeinschaftsarbeit der Lebenshilfe vorgestellt wird. Sieben Bewohnerinnen und Bewohner der Hausgemeinschaft an der Sandbreede haben drei Einzelbilder erstellt, die zusammen eine Geschichte erzählen. "We are all different and that's beautiful" steht dort geschrieben. Die Botschaft: Kunst ist keine Frage von Handicap oder Herkunft, sondern eine Sache des Herzens. Bei Nirgül Kantar-Dreesbeimdieke fließen Tränen, der Applaus der etwa 80 Gäste in der Galerie hält lange an. Viel treffender hätte der Gedanke des Kunstprojektes wohl kaum ausgedrückt werden können. Konzert und Sportangebot kommen gut an Künstlerin Nirgül ist am Sonntag längst weitergereist, da startet das Kirschblütenfest in den dritten Tag. Auch dieser verläuft schleppend. Beim Trödelmarkt auf dem Marktplatz findet sich nicht einmal eine Hand voll Standbetreiber ein - die Hälfte der eigentlich angemeldeten. Die Straßen der Innenstadt füllen sich nur langsam. Immerhin: Ab etwa 15 Uhr wird es etwas voller. Das mag an dem beliebten Mitmach-Angebot der SG Oesterweg und dem Konzert des Gemischten Chores liegen. Auch Clown Otty hat mit seiner Luftballon-Kunst wird ständig von staunenden Kindern umringt. Unterm Strich ist aber auch der Sonntagnachmittag bei weitem nicht so gut besucht wie bei anderen Veranstaltungen. So richtig erklären kann man sich das bei der IGEV nicht. Allein auf die Witterung wollen Reiner Stodieck und Rosi Dieckmann-Rose es nicht schieben. Die IGEV-Vorsitzende kündigt an, dass man das Kirschblütenfest auf jeden Fall "konzeptionell überdenken" werde; dazu gehört auch, einen verkaufsoffenen Sonntag an den Termin anzubinden. Seitens der IGEV sei man "traurig", dass die Veranstaltung nicht so gut angenommen werde. Das tue ihr vor allem für alle, die sich auf so vielfältige Weise beteiligen, leid, sagt Rosi Dieckmann-Rose, um dann wieder den bekannten Optimismus walten zu lassen: "Wir geben nicht auf."

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