Die Zahlen sind erschreckend: Gaspreise in Versmold steigen drastisch

Versmold. Nun liegen die erschreckenden Zahlen auf dem Tisch: Die Stadtwerke Versmold haben ihrem Aufsichtsrat die Preiserhöhung für Erdgas vorgeschlagen, die sie ab dem 1. Oktober umsetzen wollen. Den Kontrolleuren wird nichts anderes übrig bleiben, als diese Empfehlung abzunicken. Auf die Kundinnen und Kunden des Versorgers kommt nahezu eine Verdopplung der Kosten zu. Das sind die Gründe Die Stadtwerke ächzen gleich unter mehrfachen Belastungen. Zunächst einmal sind die Preise an den Börsen im vergangenen Jahr dramatisch angestiegen: um 720 Prozent von 2,5 auf 20,5 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) beim Erdgas. Zwar kauft der Versorger in Tranchen drei Jahre vor Lieferbeginn ein – &bdquo;aber angesichts der schon im vergangenen Jahr steigenden Preise waren wir hier vorsichtig", erklärt Stadtwerke-Chef Jörg Kogelheide. Nun müssten offene Positionen geschlossen werden (vier Prozent für das aktuelle Jahr, 25 Prozent für 2023), was die Preise treibe. Hinzu kommt ein anderer, negativer Effekt: Weil sie zahlreiche Kunden insolventer Energieanbieter übernehmen und für diese zu teureren Konditionen einkaufen mussten, hatten die Stadtwerke einen separaten Neukundentarif geschaffen. Dieser Praxis schiebt der Gesetzgeber zum 1. November einen Riegel vor: Dann zahlen alle mit. Teure Umlagen Weitere externe Faktoren machen das Leben der Gaskunden teurer: Der Staat hat wie mehrfach berichtet ab dem 1. Oktober eine Gasbeschaffungsumlage verordnet, um die erhöhten Bezugskosten zumindest teilweise zu kompensieren – sie wird zwischen zwei und fünf ct/kWh liegen. Doch damit nicht genug: Oben drauf soll es eine Gasspeicherumlage für die Kosten der Ein-und Ausspeicherung geben: Sie wird ein bis zwei ct/kWh betragen. Das machen die Stadtwerke Der Energieversorger empfiehlt, den Brutto-Arbeitspreis (inklusive Steuern und Abgaben) für die Kunden mit einem Verbrauch von bis zu 50.000 Kilowattstunden pro Jahr um 6,67 ct/kWh zu erhöhen. Der Grundpreis würde brutto um 178,50 Euro im Jahr steigen. Im Klartext: Ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 10.000 bis 20.000 Kilowattstunden hätte alleine durch diesen Teil der Preiserhöhung jährliche Mehrkosten zwischen 845,50 und 1.512,50 Euro – in den verbleibenden Monaten 2022 werden noch 285,40 bis 526,20 Euro fällig. Lesen Sie auch: Gas-Krise: Hier fließt in der Stadt Versmold nur noch kaltes Wasser Das kommt oben drauf Die Höhe der beiden Umlagen steht zwar noch nicht abschließend fest – doch auch hier kommt einiges auf die Verbrauchenden zu. Zwischen 300 und 700 Euro jährlich müssen Haushalte mit einem Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden kalkulieren, 600 bis 1.400 sind es für 20.000 Kilowattstunden. Netto, wohlgemerkt. Hier kommen die Steuern noch drauf: &bdquo;Ein Haushalt mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch zahlt schlimmstenfalls also rund 1.670 Euro mehr im Jahr", erklärt Kogelheide. Das dicke Ende Beim Haushalt mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch wird das Ausmaß der Teuerung deutlich: Knapp 3.180 Euro jährlich mehr müsste der im schlechtesten Fall bezahlen. Zum 1. Oktober wollen die Stadtwerke die Anpassung umsetzen. &bdquo;Wir werden unsere Kunden benachrichtigen und die Abschläge automatisch erhöhen. Sie können widersprechen, aber die Abschläge müssen realistisch bleiben." Frust beim Versorger Jörg Kogelheide fühlt sich von der Politik im Allgemeinen und von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Besonderen im Stich gelassen: &bdquo;Wir Weiterverteiler sollen die Kostensteigerungen weitergeben. Unser Unternehmen bekommt das hin, aber viele Versorger arbeiten auch mit Festpreisangeboten – da werden einige in Schieflage geraten." Was weitere Insolvenzen und womöglich zusätzliche Preissteigerungen zur Folge hätte. &bdquo;In der Corona-Pandemie wurde jeder Kleinbetrieb gerettet – aber Habeck will jetzt keinen Schutzschirm für Stadtwerke", wettert Kogelheide. Sein Unternehmen dürfe keine Kunden sperren – &bdquo;was verständlich ist" – und müsse zugleich die erhöhten Kosten tragen. &bdquo;Selbst mit unserer beabsichtigten Preisanpassung werden wir 500.000 Euro der Mehrkosten selbst tragen. Die können wir aber nicht an den städtischen Haushalt abführen, wo sie den Bürgern zugute kämen", betont der Stadtwerke-Chef. Lesen Sie auch: Energiekrise: Stadt Versmold kündigt weitere Einschränkungen an &bdquo;Sozialer Sprengstoff" Über die Steuern generiere der Staat im Umkehrschluss noch Mehreinnahmen. &bdquo;Der ist doch der größte Profiteur." Verzichte der Bund auf Mehrwert- und Erdgassteuer sowie CO2– und Konzessionsabgabe, &bdquo;könnte der Kunde 500 Euro im Jahr sparen – aber das ist überhaupt kein Thema". Den Menschen nur zu sagen, dass sie Energie sparen sollten, sei &bdquo;abgedroschen", so Kogelheide weiter: &bdquo;Fest steht. Das werden nicht alle bezahlen können. Hier wird gerade sozialer Sprengstoff gelegt." Diese Krise werde nicht im Frühjahr vorbei sein, sondern eher drei Jahre dauern. &bdquo;Auch die Strompreise gehen durch die Decke." Doch statt entschlossen zu handeln und etwa Atomkraftwerke für immerhin zwölf Prozent der Stromversorgung zuzuschalten, &bdquo;wird nur diskutiert. Es ist ein Chaos", kritisiert der erfahrene Stadtwerke-Geschäftsführer. Verluste nur in Grenzen Sein Unternehmen sei gut aufgestellt, könne auch mal zwei oder drei Jahre Verluste wegstecken – &bdquo;aber dann kommen wir auch an Grenzen". In jedem Fall werde man die Wartung und Instandhaltung nun &bdquo;auf das notwendige Maß begrenzen". Eine der Folgen dieser Mega-Krise. Kontrolleure entscheiden Bis zu diesem Mittwoch müsste der Aufsichtsrat der Preisanpassung zustimmen, dessen Vorsitzender Wolfgang Beuge (Grüne) deutet Zustimmung an: &bdquo;Damit machen wir uns ja nicht die Taschen voll." Rote Zahlen seien für einen Versorger nur bis zu einem gewissen Punkt tolerierbar. Denn es brauche auch langfristige Investitionen für die Energiewende. &bdquo;Wir müssen die Folgen 20 Jahre verfehlter Energiepolitik ausbaden – ein Schock erzwingt Veränderungen", so Beuge.

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