Steinhagener Bürgermeister-Kandidat über Erfahrung mit dem Staatsschutz

Steinhagen. Rainer Drees hat ein Problem. Er ist engagierter Ehrenamtler, darf das aber auf keinen Fall zugeben. Denn, Rainer Drees ist vor allem eines: satirischer Bürgermeisterkandidat für die Partei &bdquo;Die PARTEI“. Dass so eine Aufgabe Arbeit bedeutet, widerspricht aber dem Bild, das der 53-Jährige von seinem Wahlkampf zeichnet. Zynisch, desinteressiert, so will sich der IT-Fachmann präsentieren. Meist gelingt ihm das auch sehr gut. Ab und zu scheint dann aber doch der engagierte Linke durch und es fallen Sätze wie: &bdquo;Das war jetzt zu Realo, das geht nicht!“ Drees kommt direkt von der Arbeit zum Bielefelder Siegfriedplatz - er wohnt im Bielefelder Westen -, um das kleine Kandidatengespräch mit dem &bdquo;Haller Kreisblatt“ über sich ergehen zu lassen. Seinen mit Give-aways und Wahlplakaten vollgestopften VW hat er schnell vor einer Einfahrt geparkt. Zuletzt bindet er noch die rote Kaufhaus-Krawatte, damit das PARTEI-Outfit fürs Foto auch stimmt. Zuerst muss er natürlich die Frage beantworten, wieso die Steinhagener PARTEI einen Bielefelder als Bürgermeister-Kandidaten aufstellt. &bdquo;Ich bin unter anderem Vorsitzender des Bezirksverbandes OWL, und so reise ich viel rum, um die Aufstellungen zu machen. Auch in Steinhagen habe ich die Aufstellungsversammlung geleitet“, erklärt Drees. Bei der PARTEI finden solche Termine traditionell in der Stammkneipe Kiefernklause statt. &bdquo;Während der Versammlung hat dann irgendjemand gesagt ’Lasst uns doch Rainer aufstellen’.“ Er habe dann nicht schnell genug &bdquo;Nein“ gesagt, und schon sei die Aufgabe an ihm haften geblieben. IT-Fachmann bewirbt sich um Rathaus-Chefsessel in Steinhagen Vieles funktioniert bei der PARTEI etwas anders als bei den gesetzten Parteien. &bdquo;Bei uns sind solche Veranstaltungen etwas lustiger, aber wir achten schon darauf, dass alles korrekt abläuft“, sagt der Computer-Fachmann. Eine &bdquo;Spaßpartei“ sei man ganz sicher nicht: &bdquo;Das ist doch die FDP“, fügt Drees süffisant an. Und gibt dann Einblick in seinen Wahlkampf: Mit seinem &bdquo;Berater“ Christoph König habe er in den vergangenen Wochen alles vorbereitet. &bdquo;Ich mache alles, signiere alles und küsse auch Babys, wenn es verlangt wird.“ Mehr zu Die PARTEI: &bdquo;Bierdemo“ in Steinhagen provoziert Bauern Im Prinzip habe er einige Kernforderungen erarbeitet, die er gerne zügig umsetzen würde, um Steinhagen nach vorne zu bringen. Manche davon beschäftigen seine Mitstreiter in Steinhagen schon länger, andere reagieren auf kurzfristige Entwicklungen. Eins vorweg: Ernst zu nehmen ist keine davon. Den Steinhagener Wasserschatz Langebrede bergen &bdquo;Steinhagen sitzt auf einem Wasserschatz“, statuiert Drees. Damit bezieht er sich auf die Tatsache, dass Steinhagens neues Gewerbegebiet an der A33 nach Jahren der Planung wegen des hohen Grundwasserstandes deutlich schrumpft. &bdquo;Den Schatz müssen wir nur flüssig machen, also für Liquidität sorgen. Wir könnten das Wasser privatisieren und verkaufen.“ Das funktioniere weltweit sehr gut, betont Drees und schlägt damit implizit den Bogen zum Weltunternehmen Nestlé, das seit Jahren in der Kritik steht, weil es Geld damit verdienen soll, Trinkwasser zu privatisieren. Kapitalismuskritik ist ein roter Faden, der bei vielen Themen von Rainer Drees durchscheint. &bdquo;Wenn das ganze Wasser dann verkauft ist, können wir da in ein paar Jahrzehnten immer noch ein Industriegebiet von machen.“ Das ist der Stil der Partei: mit feinsinnigen Abstrusitäten die politische Realsatire zu demaskieren. Nächstes Beispiel gefällig? Lärmschutz, wie ihn sich &bdquo;Die PARTEI“ vorstellt &bdquo;Die Anwohner wollen das Industriegebiet doch sowieso nicht, wegen des Lärms“, denkt Rainer Drees seinen Plan weiter. &bdquo;Wir haben ja auch schon gefordert, dass im Steinhagener Ortskern Tempo 100 gelten sollte. Dann sind die lauten Autos schnell vorbei.“ Nebenbei bestärkt der Bürgermeisterkandidat auch das Langzeitanliegen seiner Kollegen in Steinhagen. &bdquo;Wir stellen ja die alte Forderung, die A33 zu fluten. Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“ video-js.video-js.vjs-fluid:not(.vjs-audio-only-mode) { padding-top: 177.7778%; } Mutiger Umgang mit rechten Demagogen Bei der rechtsextremen AfD, die bis vor Kurzem noch im Steinhagener Rat vertreten war, verfolge er eine &bdquo;radikale Doppelstrategie“: &bdquo;Wir nehmen sie nicht ernst, so wie man sie behandeln muss.“ Gleichzeitig plane man aktiv Aktionen gegen Rechts. &bdquo;Ich habe für die Kampagne &bdquo;Nazis töten.“ ja schon mal eine Strafanzeige bekommen.“ 2019 hatten Drees und seine PARTEI-Genossen anlässlich einer Nazi-Demo in Bielefeld unter anderem Plakate mit der Aufschrift &bdquo;Nazis töten.“ aufgehängt. Daraufhin wurden die Initiatoren angezeigt, die Plakate wurden entfernt, der Staatsschutz ermittelte wegen Aufforderung zu einer Straftat. Die Beklagten von &bdquo;Die PARTEI“ argumentierten, das Plakat formuliere grammatisch klar eine historisch belegte Feststellung - und bekamen vor Gericht recht. &bdquo;Später hat sich der Staatsschutz bei uns entschuldigt“, berichtet Drees. Die Freude über diese Randnotiz ist ihm anzumerken. Steinhagener Bürgermeisterkandidat hat Erfahrung mit Staatsschutz Eineinhalb Stunden berichtet Rainer Drees nach einem langen Arbeitstag davon, was &bdquo;Die PARTEI“ macht und was er mit Steinhagen vorhat. Zwischendurch fragt jemand vom Nebentisch angesichts der satirischen Tiraden des ungewöhnlichen Bürgermeisterkandidaten: &bdquo;Wo bekommt man diese Tabletten? Die will ich auch!“ Rainer Drees lässt sich auf den Dialog ein, auch wenn nicht ganz klar ist, ob er vorgeführt werden soll. Satire zu machen, aufzurütteln, dagegen zu sein, das ist anstrengend. Mehr zum Thema: Wo die AfD im Kreis Gütersloh antritt Zum Ende hin wird der 53-Jährige noch einmal etwas ernster. &bdquo;Unsere Aufgabe ist es, für Diskurse zu sorgen“, reflektiert er den Mehrwert, den seine Gruppe für die Demokratie hat. So wie der PARTEI-Abgeordnete Martin Sonneborn regelmäßig die teils fragwürdigen Vorgänge im Europaparlament kommentiert, kann eine kommunale Gruppe ebenfalls Dinge hinterfragen. Gerade wenn es wegen der Provokationen Ärger gebe, funktioniere das sehr gut. Beim Schlusswort bekommt Drees noch einmal die Kurve zur linken Grundhaltung, die bei der PARTEI immer mitschwingt: &bdquo;AfD-Wähler fallen einfach auf die falschen Populisten rein.“ &bdquo;Die PARTEI“ (kurz für Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative) tritt im Altkreis Halle nur in Steinhagen an. Im Gemeinderat ist sie bereits durch Ratsherr Christoph König vertreten. Außerdem sitzt ihr Vorsitzender Martin Sonneborn seit 2014 im Europaparlament. Seit 2024 wird der unterstützt von der Schriftstellerin Sybille Berg. Die politische Gruppe wurde 2004 von Redakteuren des Satiremagazins Titanic gegründet. &bdquo;Die PARTEI“ wird oft als Satirepartei bezeichnet, selbst übernimmt sie diese Zuschreibung nicht. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

Meistgelesen

Kein Witz: Kleinpartei feiert in Steinhagen mit Gaga-Wahlkampf Erfolge

Aus der Apotheke in den Bundestag: Steinhagenerin kandidiert für Die Partei

Stimmenfang auf Social Media: Wer in Steinhagen die Nase vorne hat

Glitzerpuder und Bierdeckel: Das verschenken Bürgermeister-Kandidaten im Altkreis Halle

DJ mit 78 Jahren: In Steinhagen lebt eine legendäre Disco-Ära weiter Dieter Luedtke ist noch immer mit voller Leidenschaft DJ. In Steinhagen organisiert er Rock-Partys. An die Jugend sendet er eine klare Botschaft.

Experten für Altbauten: Bekannte Architekten verlegen ihr Büro nach Steinhagen „Die Bauwerkstadt“...