Steinhagen. 110 junge Männer und Frauen haben sich am Freitag von der Realschule Steinhagen verabschiedet. Und konnten es offenbar kaum erwarten, ihrer „Penne“ Lebewohl zu sagen. Denn als Motto wählten sie „Ausbruch – Ich will hier raus“.
Schulleiter Frank Kahrau beglückwünschte die Schüler zum erfolgreichen Abschluss und dankte auch dem Kollegium und den Eltern, vor allem den Klassenpflegschaften, für ihren Einsatz. „Euer Schulabschluss ist nicht nur ein Ende, sondern auch ein Anfang“, betonte Kahrau. „Ein Übergang in eine Welt, die euch mehr Freiheit lässt – aber auch mehr Verantwortung abverlangt.“ Der Pädagoge zitierte die kürzlich verstorbene Margot Friedländer, die den Holocaust überlebt hatte: „Seid vorsichtig, lasst euch nichts einreden. Seid wachsam, seid Menschen. Bitte respektiert Menschen, ganz egal welche Hautfarbe, welche Religion.“
„Wir leben in einer Zeit, in der Informationen nur einen Klick entfernt sind – aber die Wahrheit oft schwer zu erkennen ist“, führte Frank Kahrau weiter aus. „Weil Falschmeldungen, Verschwörungstheorien und gezielte Desinformation sich schneller verbreiten als belegbare Fakten. Weil Menschen manchmal lieber glauben, was in einer Schlagzeile steht, als sich selbst die Mühe zu machen, zu hinterfragen.“
Schulleiter wird deutlich: „Seid Menschen mit Respekt“
Kahrau forderte den Entlassjahrgang auf: „Lasst Euch nichts einreden. Geht raus in die Welt und sucht die Wahrheit. Seid Menschen mit Respekt, mit Haltung, Menschen, die unterscheiden können zwischen Meinung und Wahrheit, Kritik und Hetze, Streit und Spaltung.“
Das von den Schülern gewählte Motto „Ausbruch“ griff Sarah Süß in ihrer Rede auf: „Ihr brecht heute nicht nur aus, Ihr brecht auf in Eure eigene Zukunft“, sagte die Bürgermeisterin. „Ihr nehmt heute nicht nur ein Zeugnis mit nach Hause. Ihr nehmt auch jede Menge Erfahrungen, Fähigkeiten und Erinnerungen mit. Unsere Gesellschaft braucht Menschen wie Euch – mit Haltung und Energie, mit einem wachen Blick für das, was zählt.“ Ausbruch bedeute nämlich nicht Flucht. „Ausbruch heißt: „Den eigenen Weg finden, Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen, sich selbst treu zu bleiben und dabei offen sein für Neues“, so die Bürgermeisterin. „Der Aufbruch ist erst der Anfang.“
Von dem Entlassjahrgang gehen 18 junge Leute mit einem Hauptschulabschluss ab. Seit 2018 ist das in Steinhagen möglich. Nur fünf Prozent der Realschulen in NRW bieten diesen Bildungsgang überhaupt an. Von den 92 restlichen Schülern haben 43 den Qualifikationsvermerk für die gymnasiale Oberstufe erreicht. 20 Schülerinnen und Schüler haben eine Eins vor dem Komma der Durchschnittsnote. Die Jahrgangsbesten waren mit einem Abschluss von jeweils 1,09 Rand Seidan und Marie Langer.
Bei Erinnerung an Mirlinda kämpft Steinhagener Schulleiter mit den Tränen
An einem Punkt der Entlassfeier kämpfte der Schulleiter mit den Tränen. In seiner Rede gedachte Frank Kahrau des vor zwei Jahren verstorbenen Mädchens Mirlinda. Ihre Mitschüler haben zur Erinnerung einen Mirabellenbaum gepflanzt. „Das ist eine besonders schöne Geste, die zeigt, dass Ihr sie nicht vergessen habt“, so Kahrau.
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