
Steinhagen. Als das „Bürgerkomitee für Entwicklungszusammenarbeit“ 1985 gegründet wurde, wusste noch kein Deutscher, was eine „NGO“ ist. Statt von „Nichtregierungsorganisation“ sprach man von Entwicklungshelfern. Und auch vom kleinen Land Benin hatten die wenigsten Beteiligten je gehört. So wie Steinhagen und die Welt hat sich auch das Bürgerkomitee seitdem deutlich weiterentwickelt.
Nach Projekten in der ganzen Welt ist der kleine 14-Millionen-Einwohner-Staat zum neuen Haupteinsatzbereich der Ehrenamtlichen geworden. Mehr als 100.000 Euro Spenden kommen mittlerweile pro Jahr zusammen, um dort Schulen zu bauen und arme Menschen mit Anschubfinanzierungen finanziell selbstständig zu machen. Von Gemüseanbau über Schneider-Werkstätten bis Frauen-Bildung haben die Steinhagener Helfer schon vieles forciert.
Am Montag, 7. April, will die Gruppe im Steinhagener Ratssaal ihr 40-jähriges Bestehen feiern. Gemeinsam mit dem Verein „Kultur vor Ort“ soll eine prämierte Dokumentation gezeigt werden, die berichtet, wie gestohlene Raubkunst aus dem früheren Königreich Dahomey aus Europa nach Benin zurückkehrt. Im Anschluss soll über die spannende Arbeit in Westafrika berichtet und diskutiert werden. Alle Neugierigen sind herzlich eingeladen. Die Veranstaltung ist kostenlos. Um 18 Uhr geht es los.
Steinhagener Organisation bekämpft seit 40 Jahren Fluchtgründe

Bei der Diskussion soll es auch um das größte Projekt gehen, an dem die NGO derzeit arbeitet: ein eigenes Krankenhaus. Der Norden Benins ist extrem arm. Seit dort islamistische Terrorgruppen ihr Unwesen treiben, leidet die Bevölkerung noch mehr. Die Regierung hat in ihrer Not die Grenzen geschlossen. „Weil die dicht sind, ist der gesamte Lkw-Verkehr in der Region zusammengebrochen“, erklärt Heike Kunter das Dilemma. „Die Dschihadisten drohen jedem, der zu weit vordringt, mit Erschießung. Der Staat macht im Norden nichts mehr.“
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Mit anderen Worten: Die Menschen sind auf sich allein gestellt. Wären da nicht ehrenamtliche Helfer wie die Frauen und Männer vom Bürgerkomitee und lokale Unterstützer, wie der Komitee-Freund Jean Touota. Der studierte Agraringenieur hat in seiner Heimat-Region Atakora bereits viele Projekte gestartet, zum Beispiel, um den vielen Kleinbauern ein Auskommen zu ermöglichen und Frauen mit einer Schneiderausbildung zur Selbstständigkeit zu verhelfen.
„2020 erreichte uns die Anfrage, ob wir den Bau eines kleinen Buschkrankenhauses unterstützen können“, berichtet Angela Sarlette. Seitdem hat das Komitee schon mehr als 120.000 Euro in die Einrichtung investiert. Die Notwendigkeit liegt auf der Hand: Das nächste Krankenhaus liegt mehr als 50 Kilometer entfernt. Für eine hochschwangere Frau oder einen schwer kranken älteren Menschen zu Fuß oder auf dem Mini-Motorrad ein weiter Weg.
Steinhagener brauchen bei neuem Projekt Hilfe

„Für normale Menschen bleibt es unerreichbar“, statuiert Sarlette. Die Folgen sind oft dramatisch, manchmal auch tödlich. Auf dem Grundstück, das Jean Touotas Organisation CERD gekauft hat, wurde bereits eine Solaranlage aufgestellt, damit es überhaupt Strom gibt. Außerdem wurden neben der eigentlichen Krankenstation ein Geburtshaus und eine Apotheke gebaut. Arztpraxis, Labor und Isolierstation sind in der Entstehung.
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Damit das kleine „Buschkrankenhaus“ nun auch eine staatliche Zulassung bekommt, fehlen noch technische Geräte und ein Krankenwagen. „Den haben wir gefunden“, betont Christel Dahlhoff-Hilbert. Ein gebrauchter VW-Bus aus Europa soll dafür aus der Großstadt Cotonou in den Norden gebracht werden. Knapp 70.000 Euro werden noch benötigt, unter anderem für ein Röntgengerät aus zweiter Hand, einen Wehenschreiber, ein einfaches EKG und ein Ultraschallgerät.
Der Erfolg des Krankenhauses ist auch für Europäer relevant, betont die Steinhagenerin Angela Sarlette: „Jean Touota verfolgt das Ziel, dass die Menschen dort weiter Leben können, eine Zukunft haben. Schon jetzt gehen viele junge Menschen nach Europa, weil sie keine Perspektive haben. Oder sie schließen sich den Dschihadisten an.“ Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flüchtlinge, sei der Weg.
Steinhagener wollen helfen statt kämpfen
Wer das Steinhagener Bürgerkomitee bei seiner Mission unterstützen will, hat viele Möglichkeiten. Die einfachste ist eine Spende auf ihr Hilfskonto DE73 4785 3520 0001 5044 22. Wer mehr wissen will, sollte Komitee-Chefin Heike Kunter kontaktieren unter Tel. 05204 7408. Außerdem freuen sich die Entwicklungshelfer natürlich über jedes neue Gesicht, das am 7. April den Weg in den Ratssaal findet.