25.000 Liter verkauft: Steinhagener Brauerei Hof Kell braut eigenes Craft-Bier

Steinhagen. Mit Bier lässt sich viel Geld verdienen. Das beweisen Großbrauereien wie Heineken, Carlsberg oder der InBev-Konzern mit Milliardenumsätzen. Mit Bier lässt sich aber auch wunderbar kein Geld verdienen. Das beweist der Steinhagener Hof Kell seit mehr als zehn Jahren. 2014 besorgten sich Ullrich Kell und Gabriele Hüntemann eine gebrauchte Brauanlage aus Süddeutschland und erlernten die Kunst, aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser etwas ganz Neues zu schaffen. Mit Erfolg: Heute besitzt ihr Sandforther Original einen treuen Fanklub. Die Idee hatte Gabriele Hüntemann vor elf Jahren. Familiäre Unterstützung fand sich auch schnell. Deutlich schwieriger und vor allem langwieriger war die Suche nach einer Brauanlage. &bdquo;Die kannst du nur gebraucht kaufen", erklärt die 58-Jährige. Und selbst dann sei die Technik wirklich teuer. So teuer, dass sie rund zehn Jahre gebraucht habe, um mit dem Bierverkauf überhaupt in die schwarzen Zahlen zu kommen. &bdquo;Jetzt kann ich mir das erste Mal so etwas wie ein Gehalt auszahlen." Da aber bald erneute Investitionen anstünden, bleibe es finanziell eher schwierig. Gabriele &bdquo;Gabi" Hüntemann ist die einzige Brauerin auf dem Hof Kell. &bdquo;Und das gebe ich auch nicht ab!", sagt sie. Ihr Partner Ullrich Kell hat die wichtigste Aufgabe. &bdquo;Er ist Ver- und Vorkoster", sagt die Bier-Fachfrau. Außerdem sind Stiefsohn Jochen und dessen Frau Annika Teil des Teams. &bdquo;Es funktioniert nur im Familienverbund." Steinhagener kaufen Anlage von Craft-Brauerei &bdquo;Die Anlage lief zuvor bei einer kleinen österreichischen Privat-Brauerei. Ich habe das Angebot nachts im Netz gefunden", erzählt Hüntemann. &bdquo;Als wir da anriefen, kam als Erstes die Frage: Wer sind sie denn überhaupt?" Die Brockhagener ließen sich aber nicht ins Bockshorn jagen. &bdquo;Ulli rief dann ins Telefon: Ich bin ein westfälischer Bauer und ich will Bier brauen! Das fanden die wohl gut." Verrücktes Projekt: Wertheraner Bier-Fan plant eine Hobbit-Höhle Auf jeden Fall erklärten sich die Österreicher bereit, die teure Anlage per Spedition ins entfernte Westfalen zu bringen, und begleiteten die mutigen Sandforther sogar bei ersten Schritten. &bdquo;Der Brauer war selbst dabei. Und der sagte etwas Gutes: Bier wird es immer geben. Du musst nur jemanden finden, der es mag", berichtet Gabi Hüntemann schmunzelnd. Ein Ratschlag, an den sie sich bis heute halte. Neue Sorten zu kreieren, sei eine der schönsten Aufgaben beim Brauen. Mittlerweile hat die Sandforther Brauerei bis zu acht im Angebot. Allerdings selten gleichzeitig. Saisonales Brauen lautet das Stichwort. Der Klassiker ist das &bdquo;Sandforther Original", dazu kommen der &bdquo;Sandforther Herbst" und spezielle Kreationen wie &bdquo;Jockels Landbier" oder die &bdquo;Scharfe Gabi" und der &bdquo;Geile Gustav". Alle Sorten sind untergärig, unfiltriert und nicht pasteurisiert. Jeder im Altkreis Halle kann die Bier-Sorten probieren Tatsächlich braue sie eigentlich keine zwei gleichen Chargen, sagt Hüntemann. &bdquo;Es schmeckt immer anders. Je mehr Gerste, desto mehr Zucker und Alkohol. Und desto besser schmeckt es." Süffig seien alle ihre Biere. &bdquo;Wir brauen es so, wie wir es selbst mögen. Ich trinke eigentlich nur noch eigenes Bier." Und da sie viel nach Gefühl arbeite und auch der Hopfen nicht jedes Jahr gleich ausfalle, gebe es durchaus schmeckbare Unterschiede. &bdquo;Nicht wie bei den Industriebieren, die schmecken ja alle gleich. Da sollte man mal drüber nachdenken, wie die das machen." Lesen Sie auch: Veltins so erfolgreich wie nie Diese Individualität und Regionalität sei ihr mittlerweile ein echtes Anliegen. &bdquo;Die Leute sollten nicht immer nur die großen Sorten kaufen. Es gibt hier so viele gute kleine Brauereien. Die sollte man unterstützen", sagt die 58-Jährige. 25.000 Liter hat der Hof Kell im vergangenen Jahr verkauft. Dieses Jahr sollen es 30.000 werden. Mengen, die große Brauereien an nur einem Tag ansetzen. Gabriele Hüntemann muss dafür 60 Mal brauen. &bdquo;Wir sind eine Mikro-Brauerei." Ein Brautag dauert zwölf Stunden. Viel Arbeit. Aber Arbeit, die sie gerne macht. &bdquo;Wir haben immer noch echt Spaß daran, das ist das Allerwichtigste!", sagt sie. Wo das Craft-Bier in Steinhagen und Umgebung angeboten wird Mittlerweile habe sie schon etliche feste Abnehmer. Getränke Kesten und das Haller Restaurant Pappelkrug seien seit dem ersten Jahr dabei. Aber auch der Getränkelieferant Barteldrees aus Halle, der Combi-Markt an der Woerdener Straße, das Lokal Emils in Bockhorst und das Grillwerk in Künsebeck bieten das Lokalbier mittlerweile an. Ein gläsernes Problem: Brauereien leiden unter Pfand-Tourismus Über Gäste auf dem Hof freue sie sich aber auch. &bdquo;Einmal im Monat machen wir eine Brauerei-Besichtigung mit Verkostung. Im Sommer melden sich am Wochenende oft Radgruppen an", berichtet die Brockhagenerin. &bdquo;Und am 1. Mai kommen immer unsere Freunde und alle anderen, die unser Bier mögen." Die neunte Bier-Sorte hat Gabi Hüntemann bereits im Hinterkopf. Wie die aussehen oder schmecken wird, will sie noch nicht verraten: &bdquo;Es ist ein bisschen wie kochen. Manchmal muss man sich trauen. Aber: Bier wird es immer." Ach so. Wo schon mal die Zeitung im Haus ist, hat die Kleinunternehmerin noch eine Bitte an ihre lieben Kunden: &bdquo;Bitte das Pfand zurückbringen!"

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