Neue Chance: Von diesem Steinhagener Gemüseacker kann jeder profitieren

Steinhagen. Das Lager ist voll mit Kartoffeln. Die Ernte von August bis September fiel gut aus. Auch der Lippische Braunkohl sieht prächtig aus. Außerdem momentan im Angebot: Karotten, Rote Bete, Kohlrabi und Fenchel. "Rund 80 Gemüsesorten haben wir im Verlauf des Jahres im Angebot", sagt Thomas Retzlaff. Vor vier Jahren hat er das Projekt "Crowd & Rüben" mit aus der Taufe gehoben. Es funktioniert nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft (Solawi), das heißt: Mehrere Haushalte tragen die Kosten für den Anbau, wofür sie im Gegenzug die Ernteerträge erhalten. In Kürze haben Interessenten wieder die Möglichkeit, in das Projekt einzusteigen. "Wir vergeben diesen Oktober erneut Anteile", erklärt Thomas Retzlaff das Konzept. Wer Anteile erwirbt, erhält einmal pro Woche, immer freitags, eine Kiste mit frischem Gemüse. Anders als im Supermarkt, bestimmt nicht der Einkaufszettel, was auf den Tisch kommt, sondern Jahreszeit, Wetter und Ertrag. Dafür erhalten die Anteilseigner frische Lebensmittel, die nach naturnahen Methoden vor Ort angebaut wurden. Darunter auch seltene Sorten, die es nicht unbedingt im Geschäft um die Ecke gibt. "Momentan versorgen wir 70 Familien und Einzelpersonen. Die kommen zum Teil aus Steinhagen, aber es gibt auch Anteilseigner aus Bielefeld, Isselhorst und Gütersloh. Darunter junge Familien ebenso wie Rentner." Am Samstag, 14. Oktober, startet die fünfte Runde bei Crowd & Rüben. Dann können sich Interessierte um 11 Uhr im Rahmen einer Hofführung (Friedhofstraße 13) über das Konzept und den Anbau informieren. Wer mitmachen möchte, kann im Anschluss für die begrenzte Zahl an Ernteanteilen bieten und wird damit Teil der solidarische Landwirtschaft. Frisches Gemüse aus regionalem Anbau Wie viel ein Anteil kostet, wird jedes Jahr erneut in einem Bieterverfahren festgelegt. "Wir erstellen dazu eine Kalkulation, in der wir die Kosten für Energie, Saatgut, Personal, Maschinen und Pacht zusammenstellen", erläutert Thomas Retzlaff. Damit der Erzeugerhof an der Friedhofstraße wirtschaftlich betrieben werden kann, wird ein Anteil zurzeit mit durchschnittlich 80 Euro pro Monat berechnet. Allerdings seien die Energiekosten zuletzt gestiegen, sagt der Solawi-Bauer. Wer bei Crowd & Rüben mitmacht, erhältlich nicht nur regional angebautes frisches Gemüse, sondern unterstützt auch eine besondere Anbauweise. "Wir verfolgen das Prinzip der Permakultur, das bedeutet, dass wir uns die Natur-Kreisläufe und Ökosysteme zum Vorbild zu nehmen", hebt Thomas Retzlaff hervor. Darüber hinaus ist ihm wichtig, dass der Boden kontinuierlich weiter aufgebaut und angereichert wird. "Nach vier Jahren haben wir bereits bewiesen, dass sich hier Gemüse anbauen lässt", blickt er zurück. Wer möchte, kann auch gerne beim Anbau und bei der Ernte helfen. Gemeinsam ackern für gute Lebensmittel, lautet das Motto. Nächster Schritt: Brot aus eigenem Getreide Ob auf der rund 4.500 Quadratmeter großen Anbaufläche auch der Getreideanbau funktioniert, testet das Crowd-&-Rüben-Team momentan. "Wir experimentieren zum Beispiel mit Hirse. Das ist ein sehr trockenstabiles Getreide, das als Food-Trend gehandelt wird, weil es glutenfrei ist und sich ganz unterschiedlich zubereiten lässt." Der Getreideanbau würde dem Hof in einem nächsten Schritt ganz neue Möglichkeiten eröffnen. "Es wäre doch toll, wenn wir künftig ein Backhaus auf dem Gelände hätten und hier Brot aus eigenem Getreide anbieten könnten", blickt Thomas Retzlaff in die Zukunft. In der Zwischenzeit haben Thomas Retzlaff, der vor Crowd & Rüben als selbständiger Elektromeister tätigt war, und einige Mitstreiter einen Verein gegründet. Der Verein soll die Verantwortung für die Organisation des Betriebs übernehmen und die Eigentümerin des Hofs, Thomas Retzlaffs Tante Helga Retzlaff, entlasten. Die aktuell 30 Mitglieder haben neben Thomas Retzlaff Claudia Keil, Anja Schröder und Inke Retzlaff in den Vorstand gewählt. Bewusstsein für Umweltschutz und Qualität gestiegen Mittlerweile haben Menschen rund um den Erdball das gemeinschaftliche Wirtschaften für sich entdeckt. Besonders in Industrieländern wie Deutschland setzen Strukturwandel und fehlende Hofnachfolger die Bauernhöfe unter wirtschaftlichen Druck. Auf der anderen Seite ist das Bewusstsein bei vielen Menschen für Umweltschutz und hochwertige Lebensmittel gestiegen.

Meistgelesen

Landwirtschaft zum Mitmachen: Hof in Steinhagen vergrößert sich

Als Brot, Puffer und Pizza: Die beliebtesten Kürbis-Rezepte der OWL-Bauern

Abwechslungsreich: 6 Alternativen zu Kartoffeln und Co.

Woher unser Gemüse kommt

Vollsperrung auf wichtiger Straße zwischen Steinhagen und Bielefeld Der Kreis Gütersloh kündigt Baumaßnahmen auf der Queller Straße an. Darum wird der Autoverkehr schon sehr bald umgeleitet. Steinhagens Bürgermeisterin äußert Kritik zum Zeitpunkt der Maßnahme.

Weinmarkt in Steinhagen eröffnet: Volles Programm bis Sonntag Seit Donnerstag ist der...