Steinhagen. Kevin H.s Video ist dramatisch. Er sitzt am Steuer seines Sattelschleppers und schildert die Begebenheit, die er erst kürzlich erlebte. Am 9. Februar, als ganz OWL vom Wintereinbruch überrascht wurde, ist der 27-Jährige auf der A 33 unterwegs in Richtung Fulda. Immer wieder stehen Lkw am Fahrbahnrand. Auf Höhe der Gemeinde Steinhagen bemerkt er gegen 18 Uhr einen Laster, der mit laufendem Motor im Schnee steckt. Er hupt ihn an. Nachdem der andere Fahrer nicht reagiert, lenkt H. seinen Lkw auf den verschneiten Standstreifen und sieht nach.
Der Fahrer ist über seinem Lenkrad zusammengebrochen. H. versucht, andere Pkw und Lkw anzuhalten, um den zusammengebrochenen Fahrer aus der Kabine zu ziehen, das scheitert anfangs. Erst der sechste Fahrer, der vorbeikommt, hält tatsächlich an. Gemeinsam holen sie den Mann aus dem Fahrerhaus. Als die Notfallsanitäter eintreffen, ist es schon zu spät: Sie können den Verunfallten nicht mehr retten. Später stellt sich heraus: Der 33-jährige Lars R. erlitt während der Fahrt einen Herzinfarkt und lenkte den Sattelschlepper vermutlich in die Böschung, um Schlimmeres zu verhindern.
Aus polizeilicher Sicht nicht auffällig
In seinem Video, das Kevin H. nun in den sozialen Medien geteilt hat, übt er scharfe Kritik. Insgesamt fünf Fahrzeuge hätten sein hektisches Winken ignoriert und seien ihrer gesetzlichen und moralischen Pflicht, zu helfen, nicht nachgekommen. Vielfach bekommt er Zustimmung, auch in der Facebookgruppe „Steinhagen Live".
Mittlerweile befasst sich die zuständige Polizei Bielefeld mit dem Sachverhalt. „Wir haben das Video auch gesehen", berichtet Sprecher Fabian Rickel. „Bis dahin hatten wir keinerlei Kenntnisse von den Vorwürfen."
Sollte sich der Anfangsverdacht erhärten, würde der Straftatbestand „Unterlassene Hilfeleistung" lauten. „Aber die Aussagen werden noch geprüft." Aus polizeilicher Sicht sei der medizinische Notfall bis dato nicht auffällig gewesen.
+++UPDATE+++ Die Polizei gibt am 24. Februar bekannt, dass ein Verfahren aufgrund des Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung eingeleitet wurde. Es werden Zeugen gesucht. Hinweise nimmt die Kreispolizeibehörde Gütersloh unter der Telefonnummer 05241 869-0 entgegen.