28-Jährige setzt sich durch: Sarah Süß gewinnt Bürgermeister-Duell

Die 28-Jährige holt in 14 von 17 Wahlbezirken die meisten Stimmen und setzt sich damit deutlich gegen ihren CDU-Kontrahenten Hans-Heino Bante-Ortega durch. Ihr Vorgänger Klaus Besser analysiert: „Die Bevölkerung wollte eine zukunftsfähige Lösung.“

Etliche Freunde und Wegbegleiter gratulierten Sarah Süß, persönlich – aber auch per Handy. | © Jonas Damme

27.09.2020 | 27.09.2020, 21:59

Steinhagen. Die ersten Minuten wirkte es, als ob sie es selbst kaum fassen konnte: Sarah Süß ist Steinhagens erste Bürgermeisterin. Mit deutlichen 61,38 Prozent ließ sie in der Stichwahl ihren Gegner Hans-Heino Bante-Ortega von der CDU hinter sich. Als gegen 19 Uhr der letzte Wahlkreis feststand, brandete Applaus auf im SPD-Büro am Kirchplatz. Dutzende Mitstreiterinnen und Mitstreiter waren gekommen, um mit der 28-Jährigen mitzufiebern – und zu feiern.

Etliche Freunde und Wegbegleiter gratulierten Sarah Süß, persönlich – aber auch per Handy. - © Jonas Damme
Etliche Freunde und Wegbegleiter gratulierten Sarah Süß, persönlich – aber auch per Handy. (© Jonas Damme)

Die ersten Gratulanten waren die Eltern der künftigen Bürgermeisterin. Franz-Joseph und Sabine Süß standen die Tränen in den Augen, als sie ihrer ebenfalls gerührten Tochter in die Arme fielen. Auch der Verlobte Carsten Scheele freute sich aus tiefstem Herzen, dass seine Sarah einen solchen Erfolg feiern darf.

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"Du bist, was Steinhagen verdient hat"

„Mit so einem deutlichen Sieg habe ich nicht gerechnet", teilte Steinhagens neue Bürgermeisterin in einem ersten Pressegespräch mit. „Hans-Heino und ich sind zwei so unterschiedliche Personen. Es gibt kaum etwas, was wir gemeinsam haben. Gerade darum hätte ich mir vorstellen können, dass es doch noch mal knapp wird", nahm sie Bezug auf ihren Kontrahenten, mit dem sie sich während des Wahlkampfes immer gut verstanden habe.

Ihr Dank galt dem gesamten SPD-Team, besonders Verena Venjakob, mit der sie in den vergangenen Monaten den Wahlkampf stets in enger Absprache organisiert hatte. „Du bist so eine taffe Frau. Du bist, was Steinhagen verdient hat", jubelte Venjakob.

„Die Bevölkerung wollte eine zukunftsfähige Lösung"

Zu den ersten Gratulanten gehörte auch Noch-Bürgermeister Klaus Besser. Optimistisch hatte er zwei Geschenke mitgebracht, die er seiner Nachfolgerin freudestrahlend überreichte: die obligatorische Mini-Flasche Steinhäger – die Sarah Süß mit kaum verzogener Miene direkt leerte – und einen Plüsch-Igel. Damit hat die neue Rathaus-Chefin zumindest schon mal ein Stück, das die über Jahrzehnte gewachsene Igel-Sammlung ersetzen kann, die derzeit noch im Bürgermeisterbüro lagert.

Besser hatte Sarah Süß bekanntlich als seine Nachfolgerin empfohlen, sich im Wahlkampf aber stets neutral verhalten. „Die Bevölkerung wollte eine zukunftsfähige Lösung", analysierte Besser den Wahlausgang. Er selbst war mit 34 Jahren Bürgermeister geworden.

Bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen hatte die Auszählung bis in den späten Abend gedauert. Neben der eigentlichen Bürgermeisterwahl hatten die Ergebnisse der Landtags-, Rats- und Kreistagswahl eingegeben werden müssen. Am Wahlabend ging nun alles ganz schnell. Schon rund 15 Minuten nach Schließung der Wahlbüros um 18 Uhr konnte sich Sarah Süß echte Hoffungen machen, bereits um 18.30 Uhr war sie ziemlich uneinholbar.

Wie könnte es anders sein: Mit einem Igel gratuliert Bürgermeister Klaus Besser seiner Nachfolgerin Sarah Süß. Eltern und Parteifreunde applaudieren. Fotos: Jonas Damme - © Jonas Damme
Wie könnte es anders sein: Mit einem Igel gratuliert Bürgermeister Klaus Besser seiner Nachfolgerin Sarah Süß. Eltern und Parteifreunde applaudieren. Fotos: Jonas Damme (© Jonas Damme)

Allein in Hans-Heino Bante-Ortegas Heimatdorf Brockhagen konnte sie sich nicht durchsetzten. In den drei Wahlbezirken 15, 16 und 17 holte der 62-Jährige jeweils mehr als 50 Prozent. So gibt er sich auch als guter Verlierer. „Ich bin nicht enttäuscht und wünsche ihr alles Gute", so Bante-Ortega im HK-Gespräch. „Das Wichtigste ist eine lebendige Demokratie, deshalb danke ich allen Wählern."

Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bei 51,60 Prozent. Bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen waren es noch 62 Prozent. Weil Sarah Süß als Verwaltungschefin automatisch einen Sitz im Gemeinderat hat, rückt für sie nun Sabine Nolting in das Gremium nach.

Kommentar: Vieles richtig gemacht

Das ist eindeutig. 61,38 Prozent für Sarah Süß. Ein enormer Erfolg, für den sich die SPD-Bürgermeisterkandidatin – ab November Bürgermeisterin – und ihr Team auf die Schultern klopfen dürfen. Das eher schlechte SPD-Ergebnis bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen, bei der die Sozialdemokraten in Steinhagen mehr als elf Prozent der Stimmen eingebüßt haben, war hingegen alles andere als ein Wahlkampfturbo. Dies war eine Personenwahl, wie sie im Buche steht, und Sarah Süß hat mit Persönlichkeit überzeugt.

Die SPD-Kandidatin hat vieles richtig gemacht. Als gerade mal 28-jährige einzige Frau im Rennen war Sarah Süß der Gegenentwurf zur politischen Konkurrenz und hat sich genauso in Stellung gebracht. Den Hinweis, dass sie als gelernte Fachhochschuljuristin am Amtsgericht arbeitet, platzierte sie stets prominent. Da störte es auch nicht, dass sie eine Zugezogene aus dem Ruhrgebiet ist.

Nach dem Ausscheiden von drei Konkurrenten am 13. September hatte Sarah Süß gestern bei der Stichwahl in Hans-Heino Bante-Ortega von der CDU einen ebenbürtigen Gegenkandidaten, der sich im Wissen um seinen Markenkern ebenfalls clever positionierte: Was politische Erfahrung und Ortsverbundenheit angeht, konnte sich die SPD-Kandidatin nicht mit ihm messen. Gerade die Unterschiedlichkeit der beiden Personen war ein echtes Angebot an die Wählerinnen und Wähler und somit ein Geschenk für die Demokratie.

Nun gilt es, Wahlkampfslogans mit Leben zu füllen. Das Vertrauen, das die Steinhagener Sarah Süß entgegengebracht haben, ist mindestens so groß wie die Fußstapfen, in die sie nun tritt.