
Steinhagen. Ein Haus zu bauen oder zu renovieren bedeutet oftmals Ärger – das weiß wohl jeder, der diesen Schritt schon einmal gewagt hat. Doch für Friedhelm Heinz beginnt der Ärger bereits vor dem ersten Spatenstich. Der Grund: Das Bauamt Gütersloh fällt seiner Meinung nach eine vollkommen willkürliche Entscheidung gegen die Erweiterung eines bestehenden Nebengebäudes und rät stattdessen, doch einfach ein paar Meter weiter acht alte Buchen zu fällen und dort neu zu bauen. Was für Friedhelm Heinz wie Willkür wirkt, ist für Bernhard Bußwinkel, Leiter der Oberen Bauaufsichtsbehörde des Kreises Gütersloh, das genaue Gegenteil: „Die Gleichbehandlung aller Bürger ist uns wichtig. Wir sind, da wo es möglich ist, großzügig, müssen jedoch jedes Bauvorhaben nachvollziehbar erläutern können." Zwei Sichtweisen, die konträrer nicht sein könnten.
Die Sicht des Bauherren
Friedhelm Heinz und seine Frau Sonja sind vor drei Jahren in das Fachwerkhaus an der Kreuzung Ummelner Straße Ecke Bisamweg eingezogen. Schnell kam die Idee, dass die erwachsene Tochter Ennia auch auf dem Grundstück wohnen könnte. Daher stellten die Heinzes vor gut einem Jahr den Antrag, ein vorhandenes Nebengebäude, das bisher als Garage und Abstellraum genutzt wurde, zu einem Wohnhaus umzubauen. Dieser Antrag ist auch vom Kreis Gütersloh genehmigt worden. Nachdem die Genehmigung vorlag änderte sich jedoch zeitnah einiges bei Tochter Ennia. Sie heiratete. „Und da kommen dann wohl auch irgendwann Kinder", so die Überlegungen von Ehepaar Heinz. Die 100 Quadratmeter, die der Umbau des Nebengebäudes an Wohnfläche bringen würde, wären da schnell zu klein. „Also wollten wir das Gebäude um einige Meter erweitern, so dass gut 140 Quadratmeter Wohnfläche entstehen", erläutert Friedhelm Heinz.

Architekten machten sich an die Planung und stellten mündlich eine Bauvoranfrage bei der Oberen Bauaufsichtsbehörde des Kreises. „Diese wurde abgelehnt", fasst Heinz zusammen. „Stattdessen sollten wir neu bauen, auf der anderen Seite unseres Fachwerkhauses." Eine Idee, die Heinz wütend macht, denn dort stehen acht alte Buchen, die gut 20 Meter hoch sind. „Hier leben Grünspechte und Fledermäuse", betont Heinz und fügt an: „Das Fachwerkhaus wurde im Jahr 1853 erbaut, wir vermuten, dass die Buchen ebenso alt sind." Aus Sicht von Friedhelm Heinz ein ökologisch völlig sinnfreier Vorschlag, vor allem, da auf der anderen Seite, wenn das Nebengebäude erweitert würde, nur einige Quadratmeter Rasen versiegelt werden würden. Am meisten ärgert Heinz, dass es von Seiten der Bauaufsicht keine befriedigende Erklärung für das »Nein« gab. Alles, was sein Architekt zu hören bekam, war die Begründung „Die Akte wird nicht mehr aufgemacht" mit Bezug auf das Nebengebäude. „Warum nicht?", fragt sich Friedhelm Heinz. Für ihn ist das Projekt nun gestorben, denn die alten Bäume will er auf gar keinen Fall fällen.
Die Sicht des Kreises
Auf Nachfrage des Haller Kreisblattes erläutert Bernhard Bußwinkel, Leiter der Oberen Bauaufsichtsbehörde, die Entscheidung des Kreises in dieser Angelegenheit. Er kann die Reaktion von Friedhelm Heinz nicht nachvollziehen. „Wir haben sehr wohlwollend zugunsten des Bauherren entschieden", betont Bußwinkel. Er meint damit den Vorschlag, dass ein Neubau neben dem Fachwerkhaus genehmigt werden würde. Ausschlaggebend sei hier, dass die optische Flucht der Häuser unverändert bleibt. Aus seiner Sicht sei diese wohlwollende Betrachtung aber nur auf der Seite des Fachwerkhauses möglich, die am Bisamweg liegt. Das Nebengebäude liegt auf der anderen Seite, zur Ummelner Straße hin. Aufgrund der Lage könne der Kreis hier nicht von einer klaren Baulücke sprechen, deshalb sei nur der Umbau im Inneren des Gebäudes erlaubt worden. Und schon diese Entscheidung sei vor einem Jahr sehr großzügig gewesen. „Da geht nichts mehr", so Bußwinkel. Aus seiner Sicht würde ein Anbau in Kombination mit einem Umbau schon fast einem Neubau gleichkommen. Und das sei an dieser Stelle nicht möglich.

Insgesamt betont Bernhard Bußwinkel, dass der Kreis stets bemüht sei, den möglichen Spielraum für die Bürger auch zu nutzen. Dies sei aber nur so weit möglich, „ohne dass man uns Rechtsbeugung vorwirft". Wer den Antrag stellt, dürfe bei der Entscheidung keine Rolle spielen. Darauf würde in seiner Behörde Wert gelegt. Aus seiner Sicht wurde der Anbau an das Nebengebäude mit fachlichen Argumenten und keineswegs aus Willkür abgelehnt.