Halle/Genua. Vom Sonnendeck eines Kreuzers fünf Tage lang das Mittelmeer genießen und sich vom trüben Herbst in Deutschland erholen. Das hatten sich die beiden Haller Freunde Finn Niemann und Ben Wöstmann vorgenommen. Doch es kam anders. Was eine spaßige Schiffsreise mit Stationen in Barcelona und Marseille hätte werden sollen, wurde für die beiden jungen Männer zur Nervenprobe.
Am Tag der geplanten Abreise von der italienischen Hafenstadt Genua aus lief einfach alles schief. Als das Kreuzfahrtschiff schließlich um 18 Uhr ablegte, waren die beiden Haller nicht an Bord. Am Hafen zurückgelassen, blieb den beiden nichts anderes übrig, als dabei zuzusehen, wie das gebuchte Schiff ohne sie aufs Meer hinaus fuhr. Doch was war passiert?
„Als wir am Tag zuvor im Hotel eingecheckt haben, ist mir aufgefallen, dass mein Personalausweis fehlt“, berichtet Finn Niemann dem HK. Der 19-Jährige, mittlerweile aus dem Urlaub zurückgekehrt, kann es auch Tage später immer noch nicht so recht fassen.
Junger Haller wird nicht an Bord gelassen
Im Wissen, das Dokument für das Boarding zu benötigen, suchten Niemann und sein Kumpel Ben Wöstmann alles nach der kleinen Karte ab. Ohne Erfolg. „Wir haben dann recherchiert, wie ich mich stattdessen ausweisen könnte“, erinnert sich Niemann. Zum Boarding einen Tag später habe er dann einen Ausdruck seines Personalausweises mitgebracht sowie andere Dokumente wie den Führerschein und den Reisepass. „Das Personal meinte, sie könnten erkennen, dass ich das bin“, sagt Niemann, der sich auf Englisch mit den Mitarbeitern des Kreuzfahrtunternehmens verständigte.
„Im Ausweis ist aber ein Chip, den die scannen müssen“, fährt er fort. „Weil wir in andere Länder reisen würden, gehe es nicht ohne, haben sie gesagt“, erinnert sich Niemann. Über vier Stunden versuchten die beiden Freunde alles, um trotzdem Zugang zum Schiff zu erhalten - vergeblich. „Uns wurden dann unsere Koffer gebracht, die bereits auf das Schiff verladen worden waren“, so Niemann. In der Hoffnung, das ausweisende Dokument im letzten Moment zwischen den eigenen Sachen zu finden, durchstöberten die beiden Freunde noch an Ort und Stelle das mitgebrachte Gepäck. Nichts.
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Schließlich habe sich die Erkenntnis eingestellt, dass die Kreuzfahrt, auf die sich beide so gefreut hatten, ins Wasser fallen würde. Doch mit der Reise war auch das gezahlte Geld futsch. 500 Euro pro Person. Gleich vor Ort habe man ihnen mitgeteilt, es gebe davon nichts zurück. „Wir waren völlig down und haben uns erst mal eine Weile angeschwiegen“, sagt Niemann. Mittlerweile kann er über das Erlebte lachen. Und auch während der Reise schrieben Niemann und Wöstmann ihren Freunden bereits selbstironische Nachrichten. Getreu dem Motto: Mission Kreuzfahrt fehlgeschlagen.
Junge Haller unternehmen stattdessen eine Italien-Reise
Finn Niemann ist nicht der Erste, dem dieses Missgeschick unterläuft. „So etwas passiert leider immer wieder“, teilt Emmi Ünsal, Pressesprecherin von Costa Kreuzfahrten, mit. So werde auch der Reisepass oft vergessen oder es fehle ein gültiges Visum für Reisen außerhalb des Schengenraums. „Das tut mir für die Gäste sehr leid. Das ist wirklich sehr unglücklich und wir versuchen, so etwas zu vermeiden.“ Bei Regelungen, die Grenz- und Zollfragen betreffen, seien dem Unternehmen allerdings die Hände gebunden. „Wir haben da auch keinen Kulanz-Spielraum“, sagt Ünsal. Den betroffenen Gästen finanziell entgegenzukommen, sei somit ebenfalls ausgeschlossen.
Doch wie mit einer solchen Ausnahmesituation umgehen? „Wir haben dann einen Plan gemacht, wie es weitergeht. Es bringt ja nichts, da traurig rumzusitzen“, sagt Niemann. „Außerdem hatten wir noch zwei Übernachtungen gebucht“, fügt er hinzu. Fürs Erste mieteten sich die beiden Freunde für eine Nacht in einem Hotel in Genua ein. Für drei weitere Tage diente ihnen ein Loft in La Spezia als Unterkunft, bevor sie ihre Hotelbuchungen in Mailand und Luzern wahrnehmen konnten. „Wir haben das Beste draus gemacht und eine schöne Reise durch Italien gehabt“, findet Niemann. Sich gemeinsam mit seinem Freund und so spontan einen Alternativurlaub ausdenken zu müssen, wurde für den 19-Jährigen zu einer prägenden Erfahrung.
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Es ist eine Geschichte, die zeigt, wie blöd es eigentlich laufen kann - und die gerade deshalb besonders lehrreich ist. Mittlerweile hat Finn Niemann seinen Ausweis wiedergefunden. Wie sich herausstellte, hatte er ihn kurz vor Aufbruch aus Halle noch aus seinem Portemonnaie genommen, aber nicht zurückgesteckt. Wer also eine Kreuzfahrt plant, der schaut besser dreimal in seine Brieftasche. Finn Niemann jedenfalls wird das fortan sicherlich tun.
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