Zwischen Frust und Rabatt-Aktionen: Haller Händler an der Großbaustelle

Halle. Als Scarlett Mantei eines Morgens ihr Tee- und Kaffeeparadies an der Rosenstraße betrat, traute sie ihren Augen nicht. Auf dem Boden lagen einige zersplitterte Teegläser, die tags zuvor noch auf einem Regal platziert waren. Einbrecher? Erdbeben? Die verrücktesten Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Schließlich war aber klar, dass die Gläser durch die Vibrationen der Rüttelplatte, die die Bauarbeiter in der Rosenstraße regelmäßig nach dem Zuschütten der Löcher über den Boden schieben, runtergefallen sind. Lesen Sie auch: Mehr als ein Jahr Baustelle – Rosenstraße wird auf links gedreht &bdquo;Die Baustelle macht sich aber nicht nur bei den Gläsern, sondern schon jetzt auch beim Umsatz bemerkbar. Es ist schon ruhiger geworden“, sagt Mantei. Die Laufkundschaft fehlt seit rund vier Wochen, als der erste Bagger losgebuddelt hat. Zudem liegt ihr Geschäft derzeit in einer Art Sackgasse und ist vom Ronchin-Platz aus nur über einen großen Bogen zu erreichen. &bdquo;Von hier aus geht es nur noch bis zum Bücherschrank“, berichtet die Geschäftsfrau und zeigt auf die ausrangierte Telefonzelle nebenan. &bdquo;Die wird richtig gut genutzt. Da gibt es sogar oft noch halbwegs neue Bestseller. Manchmal ist da mehr los als bei mir.“ Immerhin hat sie derzeit auch Arbeit gespart. &bdquo;Es lohnt sich ja gar nicht, mein Schaufenster zu dekorieren, wenn man da gar nicht gut dran entlanggehen kann.“ Das größte Problem ist ihrer Ansicht nach aber der Lärm und der Staub. &bdquo;Ich kann gar nicht die Tür offenstehen lassen. Das wird im Sommer noch problematisch“, sagt die Tee- und Kaffee-Expertin. Alle Geschäfte der Rosenstraße sind zu Fuß jederzeit erreichbar &bdquo;Wir freuen uns ja, dass es schöner wird. Aber der Weg dahin ist halt im Moment etwas kompliziert“, sagt derweil Stefan Barz, Inhaber des Möbelhauses Vollmer, welches an der Rosenstraße 13 liegt, aber glücklicherweise auch noch einen Zugang von der Martin-Luther-Straße aus besitzt. &bdquo;Dort ist auch der Kundenparkplatz, im Navigationsgerät unter Martin-Luther-Straße 8 zu finden“, erklärt Barz. Das Hauptproblem sei aber, so Barz, dass die große Baustelle die Besucher der Innenstadt sowie die potenziellen Kunden zu einer Art Slalomlauf um die Absperrbaken herum zwingt. &bdquo;Dabei sind alle Geschäfte jederzeit zu Fuß erreichbar“, stellt Barz noch einmal klar. Es kann halt nur sein, dass man für den Weg eine Minute länger benötigt. &bdquo;Niemand muss aber Angst haben, an der Baugrube vorbeizugehen.“ Ob sich die Baustelle bereits auf den Umsatz auswirkt, kann er noch nicht sagen. &bdquo;Im Moment ist es ohnehin in der Möbelbranche eine eher ruhige Zeit“, sagt Barz. Die besten Monate seien stets im Herbst und Winter. &bdquo;Klar ist aber, dass Bagger und Radlader, Rüttelplatten und viele abgesperrte Baugruben kein toller Anblick sind“, räumt der Geschäftsmann ein. Hinzu kämen Lärm und Staub. Passend zum Thema: Stoßen Bauarbeiter in der Rosenstraße auf alte Skelette? Möbel Vollmer bietet zur Entschädigung Rabatte Und er fügt an: &bdquo;Der Umbau der Rosenstraße ist angesichts der anstehenden Arbeiten eine längere Aktion, die uns sicher noch viel Geduld abverlangen wird. Um unseren Kunden den Weg durch die Baustelle zu versüßen, haben wir uns deshalb eine außergewöhnliche Baustellenaktion überlegt“, sagt Barz. Auf alle Wohn-Accessoires gibt es derzeit, mit Ausnahme der bereits reduzierten Artikel, 20 Prozent Rabatt. Zudem gibt es zehn Prozent auf alle Möbel, auch auf reduzierte Ausstellungsstücke. Ihre Sorgen angesichts der Baustelle äußerte bereits im vergangenen Herbst Julia Westphal gegenüber dem &bdquo;Haller Kreisblatt“. Die Inhaberin des Blumengeschäfts &bdquo;Edel & Kraut Floristik Design“ an der Rosenstraße 17a vermutete damals schon, dass die Kundenzahl abnehmen werde, auch wenn die Stadt stets betone, dass die Attraktivität von Halle als Einkaufsstadt erhalten bleibe. &bdquo;Obwohl ich ja auch einen Eingang zum Ronchin-Platz habe und es dort keine Einschränkungen gibt, ist es in den vergangenen Wochen ruhiger geworden“, sagt Westphal. Es fehlen vor allem die Kunden, die spontan mal reinschauen. &bdquo;Ich habe geahnt, dass es weniger Laufkundschaft geben wird“, sagt Westphal. Die Baustelle schrecke einfach ab, trotz aller Erreichbarkeit. &bdquo;Es macht halt im Moment keinen so großen Spaß, durch die Stadt zu schlendern“, sagt die Floristin. Auch sie sieht den Lärm und den Staub als großes Problem. &bdquo;Wir nutzen immer die Pausen der Bauarbeiter, um mal durchzulüften“, sagt Westphal. Das ist allerdings gar nicht so oft, wie die befragten Händler einstimmig betonen. &bdquo;Die Männer arbeiten von morgens bis spät am Nachmittag und sind immer sehr freundlich. Die haben sich ein Lob verdient“, sagt Westphal. Ab Christi Himmelfahrt gönnt sich Julia Westphal dann etwas Ruhe und schließt ihr Geschäft bis zum 16. Juni. Haller Kosmetikerin blickt nach vorn und plant eine Party &bdquo;Die Zeit der Bauarbeiten hat sich doch schon verkürzt, jetzt sind es nur noch zwölf Monate“, sagt Kosmetikerin Annette Drein gut gelaunt. Vier Wochen seien schon rum und man könne die Situation eh nicht ändern, gibt sie sich positiv. Sie kann zudem auf ihre Stammkunden zählen. &bdquo;Die lassen mich nicht im Stich und sind mir treu.“ Die Situation sei aber durchaus knifflig. &bdquo;Wenn die Tür zu ist, ist alles in Ordnung“, spricht auch Drein den Lärm an. Bei offener Tür sei diese Zufriedenheit aber schnell wieder dahin. Schwierig sei die Lage für ältere Leute, die nicht direkt vor ihren Kosmetiksalon fahren könnten. Allerdings ist auch ihr Geschäft gut vom hinter dem Gebäude gelegenen Parkplatz, Martin-Luther-Straße 6, erreichbar. Ein kleiner Fußweg führt von dort direkt neben ihren Salon auf die Rosenstraße. &bdquo;Es ist alles nicht toll, und es ist vermutlich schlimmer, als viele befürchtet haben. Aber ich mache lieber gute Miene zum bösen Spiel“, sagt Drein. Für den Sommer planen die Einzelhändler der Rosenstraße eine Baustellenparty. &bdquo;Bis dahin werden wir den Staub und den Dreck einfach ignorieren.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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