
Halle. Dort, wo die Kölkebecker Straße (Bokel) eine besonders scharfe Kurve macht, entsteht derzeit eine PV-Freiflächenanlage. Die Baufläche liegt auf dem Gelände der örtlichen Wassergewinnungsanlage, und das nicht zufällig. Mehr als 50 Prozent des durch die PV-Anlage gewonnenen Stroms sollen den fünf Bokeler Tiefbrunnen zugutekommen. Sie decken laut Jens Kohlmeier, Geschäftsbereichsleiter Netze bei den TWO, ein Drittel des Haller Trinkwasserbedarfs ab. „Es ist hier in der Gegend die erste PV-Freiflächenanlage in der Größenordnung und damit eine Art Pilotprojekt“, sagte er.
Der Reststrom werde an die Kunden der TWO verteilt, kündigte Johannes Wiese an. „Einen direkten Abnehmer zu haben, ist Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit eines solchen Projekts.“ Der Geschäftsführer des örtlichen Energieversorgers erklärte nun bei einem Ortstermin, welche Baumaßnahmen in den nächsten Wochen umgesetzt werden.
So würden zunächst die sogenannten Gabionen (Körbe, gefüllt mit Steinen) auf bereits dafür vorbereiteten Schotterstellen platziert. Die seien dabei in vier Reihen mit einem Abstand von 3,50 Meter zueinander eingerichtet worden, um sich nicht gegenseitig zu verschatten, erläuterte Thomas Knapp vom Ingenieurbüro iNeG. „Die werden dann mit einem Kran platziert“, fügte Wiese hinzu. Es sei nämlich nicht möglich, die 2,9 Tonnen schweren Gabionen mit Lkw an den gewünschten Stellen abzuladen, da der Boden des Wasserschutzgebietes dadurch erheblich in Mitleidenschaft gezogen würde.
Planer mussten Rücksicht auf Halles Wasserschutzgebiet nehmen
Aus demselben Grund wurden die Gabionen als Unterkonstruktion für die PV-Module ausgewählt. Denkbar wären ja auch Stahlgerüste gewesen. „Die hätten wir aber eineinhalb Meter in die Erde rammen müssen“, sagte Thomas Knapp. „Auch die Kabel werden wir oberirdisch verlegen“, kündigte er an. Jegliche Beeinträchtigung des Bodens sei nämlich in einem Wasserschutzgebiet verboten, deshalb dürfe man zum Beispiel aufgrund ihrer Hinterlassenschaften auch keine Schafe auf den Flächen weiden lassen.
Die Stein-Körbe hätten außerdem nicht nur optisch Vorteile gegenüber Stahlträgern, sondern erfüllten einen weiteren Zweck, betonte Michael Kappler (korbkultur): „Die Gabionen dienen auch als Biotop für Eidechsen beispielsweise. Sie haben einen Hohlraumanteil von 25 bis 35 Prozent.“
„Die Umsetzung geschieht jetzt etwas anders als ursprünglich geplant“, sagte Johannes Wiese. Ursprünglich hatten die Beteiligten eine PV-Anlage im Sinn, die etwa die dreifache Größe gehabt hätte. „Eigentlich wollten wir sie dort hinten bauen“, fuhr er fort und machte eine entsprechende Kopfbewegung hin zum ehemals angedachten Standort. Dort aber sei es aufgrund des Großen Brachvogels, der dort niste, nicht erlaubt gewesen.

Halles neue PV-Anlage soll im Mai in Betrieb genommen werden
„Die unteren Naturschutzbehörden stehen solchen Bauprojekten skeptisch gegenüber“, räumt Thomas Knapp ein, der als Projektleiter für erneuerbare Energien auch viele Bauvorhaben im Bereich Windenergie umsetzt. „Dass der Kreis Gütersloh mitgezogen hat, ist aber hervorzuheben. Andere Kreise hätten sich dagegen gesperrt.“
Demnach sei es nicht selbstverständlich, eine PV-Anlage auf einer solch sensiblen Fläche montieren zu dürfen. Allerdings, so die Verantwortlichen, biete sich das Wasserschutzgebiet als Bauort eigentlich besonders an, da die Grünflächen ohnehin nicht landwirtschaftlich genutzt werden dürfen. Selbst der Rasenschnitt müsse fortgeschafft werden, um nicht vor Ort zu vermodern.
Jetzt, wo alle Bedenken hinsichtlich Natur- und Wasserschutz ausgeräumt sind, kann es losgehen: Nachdem die Gabionen stünden, werde die Sideka Energietechnik GmbH die PV-Module montieren, erklärte Wiese den weiteren Ablauf. „Die erzeugte Energie wird über die vorhandene Trafostation an das 10-kV-Netz angeschlossen“, ergänzte Kohlmeier. Die Inbetriebnahme sei für Mai dieses Jahres geplant.
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