
Halle. Die bittere Wahrheit kam nur scheibchenweise ans Licht. Und keine Portion schmeckte den Betroffenen. Erst macht das katholische Marienheim in Halle seinen beliebten mobilen Menüservice dicht. Und nachdem mehrere Mitarbeitende ihren Frust darüber gegenüber dem HK kundgetan und weitere Details serviert haben, räumt der Träger ein: Die Küche in der Senioreneinrichtung bleibt bis auf Weiteres auch mittags geschlossen.
Eine fragliche Kommunikationsstrategie. Denn im Gespräch mit meinem Kollegen Uwe Pollmeier nennt der Sprecher des Verbundes katholischer Altenhilfe (VKA) „personelle Engpässe“ als Grund dafür, dass die Senioren im Haus nun mit Essen aus einer Einrichtung in Herzebrock-Clarholz versorgt werden. Man werde schauen, wie sich die Personallage entwickelt, heißt es weiter.
Seltsam mutet es in diesem Zusammenhang allerdings an, dass die Mitarbeitenden betonen, der VKA habe sich ohne dessen Verschulden vom bisherigen Hauptkoch getrennt und danach „nur halbherzig“ nach Ersatz gesucht. Diese Vorwürfe sind objektiv natürlich nur schwer nachzuprüfen. Fest steht aber: Der VKA offerierte noch im Laufe des Donnerstags (23. Januar) auf dem Stellenportal seiner Website nur sechs Stellen für das Haller Marienheim - von der Pflegefachkraft über die Pflegeprozesskoordination bis hin zur Pflegedienstleitung der Tagespflege.
Neue Küchenstelle in Halle jetzt erst ausgeschrieben
Eine Stelle im Bereich Küche oder Hauswirtschaft wurde nicht angeboten. Erst am Freitag (24. Januar) tauchte dann eine Ausschreibung auf: für eine Stelle als „Hauswirtschaftsfachkraft – Koordinator“ ab dem 1. März, in Teilzeit. „Dabei geht es aber in erster Linie nur um die Personaleinsatzplanung und die Koordination der Mitarbeitenden“, erklärt VKA-Sprecher Stefan Wever-Meinelt auf Anfrage des „Haller Kreisblatts“. Ob die Küche ab März mittags wieder öffnen könne, stehe noch nicht fest - „grundsätzlich wollen wir sie aber wieder selbst betreiben“.
Dass ein Träger Personalentscheidungen auf Basis wirtschaftlicher Erwägungen trifft, ist im Grunde nicht verwerflich, sondern sogar erforderlich. Dass die eigenen Beschäftigten auf diesem Weg allerdings kommunikativ nicht einbezogen werden, hat die massive Unruhe hinter den Kulissen womöglich noch verstärkt. „Das wollen wir aufarbeiten und intern klären, wo sich Mitarbeitende womöglich nicht abgeholt gefühlt haben“, betont der VKA-Sprecher.
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Grundsätzlich gilt: So fraglich es mit Blick auf die Nachhaltigkeit ist, plastikverpacktes Essen täglich 30 Kilometer durch die Gegend zu kutschieren, anstatt es in der eigenen Küche frischer zuzubereiten - das kann sich für einen auf Synergien bedachten Träger durchaus rechnen. Blickt man auf den VKA mit Hauptsitz in Hamm, wird schnell deutlich, dass hier ein kleiner Pflegekonzern am Werk ist: rund 2.400 Mitarbeitende in drei Regionen, die insgesamt 26 Einrichtungen der Altenhilfe am Laufen halten. Sowohl stationäre als auch teilstationäre.
Katholischer Träger in der Pflege muss sich an seinem Leitbild messen lassen
Die Struktur der Pflegebranche verändert sich seit Jahren, Investoren kaufen aufgrund des wachsenden Bedarfs an Betreuung und stabil zu kalkulierenden Umsätzen Altersheime auf und trimmen sie auf Effizienz. Der Wettbewerb wird zunehmend härter, die Unternehmen müssen wachsen, um zu bestehen. Nach einer Untersuchung des Berichtsunternehmens Ibis World sind Personalaufwendungen der größte Kostenpunkt der Branche. Um ihre Renditen zu steigern, versuchten die Eigentümer daher oftmals, beim Personal zu sparen.
Das kann man dem zwar großen, aber keinesfalls als multinationaler Konzern aufgestellten VKA nun keinesfalls vorwerfen. Zumal er ja auch zahlreiche Stellen in der Pflege ausschreibt - der Fachkräftemangel lässt grüßen. Zudem ist Kostendisziplin in einer Branche, in der laut „Ärzteblatt“ 2023 mehr als 800 Angebote der Altenpflege bundesweit insolvent gegangen sind, wohl unerlässlich. Auf der anderen Seite wächst der Markt: Laut Ibis World ist der Branchenumsatz der Altenheime von 2018 bis 2023 um durchschnittlich 7,1 Prozent pro Jahr auf neun Milliarden Euro gewachsen; die Gewinnmarge dürfte 2023 bei 15,4 Prozent gelegen haben.
Also was nun: um die Existenz ringender Altenheimbetreiber oder profitgierige Pflegeheuschrecke? Diese Polarisierung ist nicht zulässig. Eine Unternehmensgruppe wie der VKA muss natürlich rentabel bleiben, schließlich erfüllt sie in unserer alternden Gesellschaft eine zentrale Funktion. Doch zugleich sollte sich ein katholischer Träger, der sich in seinem Leitbild auf die zehn Gebote bezieht, auch an Kriterien wie Transparenz und offener wie ehrlicher Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden wie der Öffentlichkeit messen lassen.
VKA hat mit Herumlavieren Vertrauen verspielt
Mit dem Herumlavieren rund um die Situation der Küche im Haller Marienheim hat der VKA in jedem Fall Vertrauen verspielt. Womöglich erweist sich der Verzicht auf den mobilen Menüservice, der auf der eigenen Website ausführlich beworben wird, noch als Wettbewerbsnachteil.