
Halle. Rita Willmann ist aus der Tagespflege des Marienheims eigentlich nicht mehr wegzudenken. Nacht dem Start des Angebots Ende der 1990er-Jahre in der Altenpflegeeinrichtung neben der Herz-Jesu-Kirche wurde sie schon wenige Jahre später die Bezugsperson für unzählige Seniorinnen und Senioren, die tagsüber einige Stunden in der Einrichtung verbringen. Nun ist sie zum 1. April in den Ruhestand gewechselt, nach 23 Jahren im Marienheim.
„Ich bin gelernte Altenpflegerin und habe anfangs zehn Jahre lang in der stationären Langzeitpflege gearbeitet“, sagt Willmann, die gebürtig aus Melle stammt und vor ihrer Haller Zeit in einer Einrichtung in Lünen am Rande des Ruhrgebiets tätig gewesen ist. Mit 64 Jahren ist es nun Zeit für die Rente, obwohl Willmann all die Jahre mit viel Freude und Engagement ihrer Arbeit nachging. Selbst am letzten Tag, an dem sie im Kreise ihrer Kolleginnen und Kollegen mit einem gemeinsamen Gottesdienst verabschiedet wird, ist sie gut gelaunt und wirbelt stets hilfsbereit durch die Einrichtung.
„Ich bin eine Pragmatikerin, es muss einfach laufen“, sagt Willmann. Da sie selbst keine Familie hat, war der Arbeitsplatz stets einer ihrer Hauptbezugspunkte. „Und da will ich dann auch, dass es dort schön ist“, sagt Willmann. Kein Platz für Konflikte oder schlechte Laune, dieses Motto hat die 64-Jährige stets versucht umzusetzen.

Haller Tagespflege will sich künftig bewusst abgrenzen
Ihre Nachfolgerin Ivanna Ebrecht tritt ein großes Erbe an, gleichwohl hat sie sich zum Ziel gesetzt, die seit der Corona-Pandemie schwächelnde Nachfrage nach Tagespflegeplätzen anzukurbeln. „Von unseren zwölf Plätzen sind derzeit nur acht belegt“, sagt die 50-Jährige, die 2001 aus der Ukraine nach Deutschland kam. Sie hofft, dass die Belegung zunimmt, zudem plant sie bereits besondere Angebote für die Besucher.
Dietmar Wille, Leiter der Tagespflegen beim Träger Verbund katholischer Altenhilfe Paderborn (VKA), sieht diese Entwicklung, die nicht nur die Haller Einrichtung betrifft, in zwei Punkten begründet. „Wir wollen die Tagespflege und die stationäre Pflege zukünftig trennen“, sagt Wille. „Besucher der Tagespflege sollen nicht das Gefühl haben, dass sie ins Altenheim gehen“, erklärt der 58-Jährige. Man strebe daher für die Zukunft Tagespflegebereiche an, die sich sowohl räumlich als auch optisch deutlich vom Tagesgeschäft der stationären Pflege abgrenzen. „Tagespflege wird immer eine wichtige Rolle spielen. Sie zögert die Zeit bis zur Vollzeitpflege hinaus“, sagt Wille.
Dass dennoch die Nachfrage danach in der jüngeren Vergangenheit nachgelassen hat, sieht Wille vor allem darin begründet, dass vielen Pflegebedürftigen und deren Angehörigen die Finanzierung eines solchen Platzes unbekannt ist. „Jedem Pflegebedürftigen steht dafür ein eigenes Budget zu. Die Kosten werden nicht vom Pflegegeld abgezogen“, stellt Wille klar. Das monatlich von der Pflegekasse gezahlte Geld in Höhe von bis zu 990 Euro (Pflegegrad 5) bleibt also unangetastet, vielmehr steht ein zusätzliches Budget für die Tagespflege in Höhe von bis zu 2.085 Euro (Pflegegrad 5) zur Verfügung.
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Pflegekasse zahlt Extrageld für Tagespflegeangebote in Halle
Zu zahlen sind lediglich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die sogenannten Investitionskosten. Im Falle des Marienheims beläuft sich dieser Betrag auf gut 25 Euro pro Tag. Dafür kann zudem der ebenfalls separat gewährte Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro monatlich verwendet werden, sodass fünf Tage bereits durchfinanziert wären. Angebote der Tagespflege gibt es in Halle zudem seitens der Diakonie (Am Sandkamp und Am Wischkamp), Daheim (Oldendorfer Straße) und in der Einrichtung im ehemaligen Hotel Buchenkrug (Osnabrücker Straße).
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Ivanna Ebrecht freut sich schon auf den Start in der Einrichtung gegenüber der Lindenschule. Die 50-Jährige stammt gebürtig aus der Ukraine und lebt seit 2001 in Deutschland. Sie ist verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn (28) und lebt mittlerweile in Hilter im südlichen Landkreis Osnabrück. „Es ist wichtig, was Rita Willmann gemacht hat. Ich möchte ihren Weg weitergehen und zudem die sozialen Kontakte stärken“, sagt Erbrecht. Sie selbst hat bereits Erfahrungen bei einem ambulanten Pflegedienst im Raum Osnabrück sowie in der Tagespflege sammeln können. Gelernt hat sie einst jedoch den Beruf der Gärtnerin. „Ich möchte auch hier gerne ein paar Naturprojekte einbringen“, sagt Ebrecht.
Derzeit arbeiten 18 Personen in der Tagespflege, einige sind seit vielen Jahren dort und es fällt ihnen schwer, zukünftig auf Rita Willmann zu verzichten. Die Pensionärin wurde 1979 bis 1981 in Belm (Landkreis Osnabrück) zur Altenpflegerin ausgebildet. „Die Schwester einer Freundin hatte davon erzählt und ihr hatte es gut gefallen“, erinnert sich Willmann, die im Laufe der Jahre verschiedene Weiterbildungen absolviert hat. „Standards sind wichtig, Mensch sein aber noch mehr“, lautet ihr Fazit nach fast 30 Jahren Tätigkeit in der Pflege. Nun wird sie andere Wege gehen und plant schon erste Reisen. Es soll nach Chemnitz gehen oder nach Masuren (Polen). Ein Traum wäre auch Madagaskar, wie Willmann verrät.