Wirtschaft

„Ein Meilenstein“: Haller Unternehmen baut innovatives Energiewerk

Erst im Sommer wurde die im Ravenna-Park ansässige Eggersmann-Gruppe mit einem Zukunftspreis ausgezeichnet. Nun folgt die Grundsteinlegung für ein weiteres Vorzeigeprojekt.

Bei der Grundsteinlegung wurde auch eine Zeitkapsel eingemauert. An dem symbolischen Akt der Grundsteinlegung nahmen neben Sebastian Böhme (Betriebsleiter Kompotec, v. l.), Karlgünter Eggersmann und Thomas Hein (Geschäftsführung Eggersmann Gruppe) sowohl NRW-Landtagspräsident André Kuper als auch Werner Dürdoth (1. Stellvertreter des Landrates Höxter) sowie Johannes Schlütz (Bürgermeister Nieheim) teil. | © Eggersmann

12.11.2024 | 12.11.2024, 05:55

Halle/Nieheim. „Der Zukunftspreis stellt solche Betriebe in den Mittelpunkt, die dafür sorgen, dass unsere Heimat lebenswert, ökologisch und sozial zukunftsfähig bleibt. Die Preisträger zeigen, wie das Handwerk Heimat gestaltet.“ Mit diesen Worten lobte Jens Prager, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunft Handwerk OWL und Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, im Sommer bei seinem Besuch in Halle das unternehmerische Handeln der Eggersmann-Gruppe. Ein aktuelles Beispiel dafür befindet sich im Kreis Höxter, wo von einem „Leuchtturmprojekt“ die Rede ist.

Am 8. November erfolgte in Nieheim die Grundsteinlegung für das neue Energiewerk der zur Eggersmann-Gruppe gehörenden Kompotec. Zu dem feierlichen Anlass erschienen Vertreter aus Politik und Wirtschaft der gesamten Region – unter ihnen auch André Kuper, Landtagspräsident von NRW und früherer Bürgermeister der Stadt Rietberg. Das Werk wird in Zukunft Biomethan und grünen Strom erzeugen. Ziel ist nicht nur die ganzheitliche Verwertung der in der Region gesammelten Bioabfälle, sondern auch ein möglichst sinnvoller Umgang mit dem dabei entstehenden biogenen CO2, heißt es in einer Pressemitteilung des Haller Unternehmens.

Die Bedeutung des Projektes liege demnach in der Kombination verschiedener Verfahren. So wird das fertige Energiewerk aus den regionalen Bioabfällen nicht nur 600 Kubikmeter Biomethan pro Stunde, sondern jährlich auch rund 22.000 Tonnen Kompost und 12.000 Tonnen Flüssigdünger erzeugen. Die rein ökologischen Produkte werden anschließend zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft genutzt, während das Biomethan als hundertprozentiger Ersatz von fossilem Erdgas in das öffentliche Netz eingespeist wird, heißt es weiter. Durch die zusätzliche Einbindung von Wind- und Photovoltaikanlagen werde das Werk dabei nicht nur autark sein, sondern soll mit 5,9 Millionen kWh erneuerbarem Strom zusätzlich zur Energieversorgung der Region beitragen.

Innovative Technologie schont die Umwelt

Auch im Umgang mit dem bei der Fermentation und der Veredelung entstehenden CO2 geht das Werk neue Wege: So werden 9.000 Tonnen jenes CO2 zur Herstellung von biogenem Trockeneis genutzt, welches das herkömmlich fossil basierte Trockeneis in der Industrie ersetzen wird. Durch die zusätzliche Speicherung von CO2 in Recyclingbaustoffen bis hin zu Betonfertigteilen soll laut Unternehmen so ein jährlicher Ausstoß von insgesamt 20.000 Tonnen CO2 vermieden werden. „Die Zusammenführung dieser innovativen Lösungen und Technologien wird das Potenzial von Bioabfall in bisher unbekannter Weise ausschöpfen. Nieheim wird daher ein Meilenstein in Richtung Nachhaltigkeit“, führt Karlgünter Eggersmann als Geschäftsführer der Eggersmann-Gruppe in der Pressemitteilung aus.

Visualisierung: Die Erweiterungen am Kompostwerk in Nieheim umfassen eine Logistikhalle, ein Gebäude für die zwei Fermenter, zwei Flüssiggärrestelager mit Gasspeicher, ein Kompostlager mit Photovoltaikanlage und eine Windkraftanlage. - © Eggersmann
Visualisierung: Die Erweiterungen am Kompostwerk in Nieheim umfassen eine Logistikhalle, ein Gebäude für die zwei Fermenter, zwei Flüssiggärrestelager mit Gasspeicher, ein Kompostlager mit Photovoltaikanlage und eine Windkraftanlage. (© Eggersmann)

Für viele der Anwesenden der Grundsteinlegung habe das Projekt eine Signalwirkung – nicht nur für die Region, sondern auch für NRW und über die Landesgrenzen hinaus. „In Zeiten, wo tagtäglich über fehlendes Wirtschaftswachstum und rückläufige Investitionen in Deutschland zu lesen ist, investiert die Eggersmann-Gruppe in bemerkenswerter Art und Weise in OWL. Eggersmann hat schon in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie mit Innovationen auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten neue Geschäftsfelder erfolgreich entwickeln können und gleichzeitig den Standort OWL dafür nutzen“ betonte Landtagspräsident Kuper. „Zur Schaffung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen in unserer Region brauchen wir solche Leuchttürme wie Eggersmann.“ Dagegen hob Werner Dürdoth als 1. Stellvertreter des Landrates vom Kreis Höxter besonders die Leistung des ländlichen Raumes zur Energiewende hervor. Das „Leuchtturmprojekt Energiewerk Nieheim“ sei dafür ein starker Ausdruck.

Kompotec-Leiter Sebastian Böhme stellte wiederum das Konzept der Anlage selbst heraus: „Unser neues Werk wird nicht nur Biogut ganzheitlich verwerten, sondern neben Strom auch dringend benötigtes Biomethan als quasi Grünes Erdgas erzeugen. Selbst das CO2 wird sinnvoll aufbereitet. Wenn wir eine echte Kreislaufwirtschaft anstreben, dann müssen sich Ansätze mit solch einem hohen Produktionsniveau in Zukunft als Standard etablieren.“

Betonteile kommen aus Haller Fertigung

Bei dem Projekt handele es sich um eine Teamleistung der international aktiven Eggersmann-Gruppe. Das ostwestfälische Familienunternehmen setzt sich aus den Geschäftsfeldern Bauen, Recyceln und Kompostieren zusammen und beschäftigt etwa 1.200 Mitarbeitende. Betreiber und Inhaber des neuen Energiewerkes wird die Kompostiersparte Kompotec sein, während Kompost und Flüssigdünger über die Bioterra vermarktet werden. Mit der Konzeption ist der Eggersmann Anlagenbau betraut, wobei das neue Trockenfermentationsverfahren von Bekon stammt. Die Bauausführung wird Fechtelkord & Eggersmann übernehmen und das Haller Fertigteilwerk Betont wird sowohl Fertigteile für den Rohbau liefern als auch später das gesammelte CO2 bei der Produktion neuer Betonfertigteile speichern.

1992 errichtetet die Bauunternehmung Fechtelkord & Eggersmann GmbH aus Marienfeld ihr erstes eigenes Kompostwerk in Gütersloh und gründete dazu noch in demselben Jahr die Kompotec GmbH. Die darauffolgende Unterteilung in die Geschäftsbereiche „Bauen“ und „Kompostieren“ markiert dabei auch das Entstehen der Eggersmann Gruppe GmbH & Co. KG, welche mittlerweile zudem über eine international aktive Recyclingsparte verfügt. Heute besteht Kompotec aus insgesamt drei Kompostwerken mit Biogaserzeugung (Enger, Gütersloh und Nieheim). Weitere Kompost- und Biogaswerke werden in Walsrode und in Dessau in öffentlich-privaten Partnerschaften betrieben. Für den Vertrieb von Kompostprodukte aller Standorte zeichnet seit 1999 die Gesellschaft Bioterra verantwortlich.

„Mit den Kompostwerken in Nieheim und Gütersloh begann in den 90er Jahren der Aufstieg des eigentlichen Bauunternehmens Eggersmann zur Unternehmensgruppe. Ungefähr 30 Jahre später wird das neue Energiewerk ein überzeugender Beweis für die enorme Fertigungstiefe und die beispielhaften Synergien, welche wir seitdem durch die Weiterentwicklung unserer Gruppe erreicht haben“, wird Geschäftsführer Thomas Hein zitiert. „Wir konnten das neue Energiewerk in dieser Form entwerfen, weil wir alle notwendigen Unternehmen unter einem Dach haben. Nun werden wir es gemeinsam umsetzen.“