Diese Straße wird bei Starkregen in Halle zum Fluss

Halle. Verantwortlich für solche Starkregenereignisse ist die zunehmende Tendenz zu stationären Wetterlagen. Sie zeigte sich in den Hitzesommern 2018 und 2019. Auf der anderen Seite kann sie auch zu lang andauernden Unwetterereignissen führen. Die Grünen-Fraktion hat daher die Verwaltung gebeten, im kommenden Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz zu verschiedenen Fragen Stellung zu nehmen. Unter anderem soll geklärt werden, auf welchen Regenmengen-Annahmen das vor fünf Jahren initiierte Starkregenmanagement der Stadt beruht, ob die Erfahrungen aus den Hochwassergebieten neue Untersuchungen nach sich ziehen und ob die Feuerwehr für solche Katastrophen ausreichend ausgestattet. Die Frage, die sich stellt: Ist Halle auf Starkregen vorbereitet? Die Situation &bdquo;Da Halle an keinen größeren Gewässern liegt und der Teutoburger Wald als Wasserscheide fungiert, müssen wir keine Flutwelle erwarten", sagt Eckhard Hoffmann vom Tiefbauamt der Stadt Halle. Die Hanglage am Teuto birgt aber das Risiko, dass vor allem in den Bereichen, wo Bäume verschwunden oder die Felder abgeerntet sind, der Hang bei Starkregen in Bewegung geraten könnte. Zum Problem könnten auch kleinere Bäche werden, wie zuletzt die Erfahrungen in den von Starkregen betroffenen Gebieten gezeigt haben. Dort sind 30 Zentimeter tiefe kleine Rinnsale auf 3,80 Meter angeschwollen. Ruthebach, Laibach, Kleinebach und Künsebecker Bach könnten daher an engen Stellen zum Risiko werden. Risikoanalyse 2016 hatte das Büro Bockermann und Fritze eine Untersuchung zum Thema &bdquo;Starkregen und urbane Sturzfluten" durchgeführt und dabei 56 potenziell überflutungsgefährdete Bereiche identifiziert. 19 davon liegen im Haller Stadtgebiet. &bdquo;Das sind zum Beispiel das Gebiet der Kreisberufschule, die Masch und die Lange Straße", sagt Eckhart Hoffmann. Es gebe neuralgische Punkte, die unter besonderer Beobachtung stünden, wie die Bergstraße oder die Apothekerstraße. &bdquo;Wenn Wasser aus dem Wald hinunterfließt, könnte es hier schnell zu Überflutungen kommen", so Hoffmann. Es sei daher die Aufgabe, das Wasser vorher zurückzuhalten, indem beispielsweise Auffangbecken am Hang errichtet werden. Engpass Kanalsystem Halle verfügt zu etwa gleichen Teilen über ein Mischsystem, in dem Regenwasser und Abwasser zusammen zur Kläranlage transportiert werden, und einem Trennsystem, das beide separiert abfließen lässt. &bdquo;Kleine Regenmengen führen wir über das Kanalnetz ab. Es ist aber nicht so dimensioniert, dass es Regenmassen wie sie jetzt in den betroffenen Gebieten vorgekommen sind, auffangen könnten", sagt Eckhard Hoffmann. Als Puffer sind Rückhaltebecken im Stadtgebiet eingerichtet worden. Für das Regenwasser aus dem Trennsystem existieren Becken in der Hachhowe am Rande des Wasserschutzgebietes, in Künsebeck zwischen Flurstraße und Ravenna-Park sowie unterhalb der Richard-Wagner-Straße, mit denen der Künsebecker Bach entlastet werden soll. Außerdem an der Kläranlage Brandheide zur Entlastung des Laibachs. Das Mischsystem kann bei Starkregen unter anderem in Rückhaltebecken am Parkplatz an der Alleestraße, an der Kita Neustädter Straße, am Gausekampweg am Parkplatz Lindenbad, in Bokel an der alten Kläranlage sowie im Bereich Künsebecker Weg / Schloerstraße geleitet und damit entlastet werden. &bdquo;Falls das alles nicht reicht, wird das Wasser oberflächlich abfließen. Dann wird die Alleestraße zu einem kleinen Fluss", sagt Eckhard Hoffmann. Was wurde bisher getan? &bdquo;Es wurde eine Fließwegeanalyse durchgeführt, die zeigt, welchen Weg das Wasser bei Starkregenereignissen nimmt", erklärt Hoffmann. Der Starkregen im Jahr 2005 und die Berichte der Feuerwehr über vollgelaufene Keller hätten gezeigt, dass das Rechenmodell im Generalentwässerungsplan die Realität gut abbildet. In einer weiteren Analyse soll nun berechnet werden, wohin sich das Wasser bei noch stärkerem Regen flächenmäßig ausdehnen würde. Als Maßnahmen, die im Zuge des Starkregenmanagements umgesetzt worden sind, nennt Hoffmann neben der erwähnten Errichtung von Rückhaltebecken auch die Entsiegelung von Flächen, den Ausbau des Trennsystems und die Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Versickerung von Regenwasser auf ihren Grundstücken. Gewässerrenaturierungen, Gewässerentrohrungen (wie zum Beispiel bei der Firma Storck geplant) und die Schaffung von Retentionsräumen in den Gewässern. &bdquo;Wir sind seit vielen Jahren dabei, die Schwachstellen abzusichern", sagt Hoffmann und nennt als ein Beispiel die Kita Beckmanns Hof, die aufgrund ihrer Lage in einer Senke und der Tatsache, dass ein städtischer Kanal quer über das Gelände lief, gefährdet war. &bdquo;Der Kanal wurde umgeleitet. Jetzt versuchen wir die Straße zu überplanen, so dass das Wasser nicht mehr auf die Kita zuläuft", so Hoffmann. &bdquo;Allerdings", schränkt er ein, &bdquo;wenn es zu derartigen Regenereignissen kommt, wie zuletzt in den Katastrophengebieten, werden wir es nicht schaffen, dass Halle verschont bleibt. Aber wir müssen alles daran setzten, die Auswirkungen zu begrenzen." Feuerwehr vorbereitet? &bdquo;Sobald zu erkennen ist, dass ein Ereignis eine gewisse Dimension erreicht, werden sogenannte Meldeköpfe in den Städten und Gemeinden eingerichtet. In Halle wird das im Feuerwehrgerätehaus sein. Sie koordinieren dann vor Ort das Geschehen", sagt Löschzugführer Ralph Heermann. Die Feuerwehr besitze mehrere Tauchpumpen für unterschiedliche Wassermengen. Heermann hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass die Starkregenereignisse in der Zahl zwar nicht zugenommen haben, aber heftiger geworden sind. Er rät im Ernstfall, die Meldungen zu verfolgen und die Warnungen ernst zu nehmen. Das sei offensichtlich in den betroffenen Gebieten nicht überall geschehen. &bdquo;Man sollte bei einem Überschwemmungsereignis nicht den Helden spielen. Denn Wasser hat eine enorme Kraft." Entscheidend sei zunächst, sich in Sicherheit zu bringen. Das Technische Hilfswerk Julian Hainer erklärt, dass die THW-Ortsgruppe Halle eingebunden sei in eine Gesamtstruktur. Alle Ortsgruppen sind in der Notversorgung und in der Bergung ausgebildet. In Halle kommt als Fachkompetenz die Elektroversorgung hinzu. Man halte, so Hainer, in Künsebeck etwa 100 Sandsäcke vor. &bdquo;Wir gehen aber nicht davon aus, dass wir so viele brauchen. In Bünde, wo die Fachgruppe Räumen des THW ansässig ist, gibt es eine Sacksackfüllanlage, die im Notfall liefern würde." Hainer erklärt, das THW Halle halte eine Pumpenkapazität von mehreren tausend Litern pro Minute vor. Mit diesen Tauchpumpen könnten beispielsweise Keller abgepumpt werden. Sollte eine größere Pumpenkapazität benötigt werden, unterstützen die Fachgruppen Wasserschaden/Pumpen in Gütersloh oder Paderborn. Sie besitzen Großpumpen mit Kapazitäten bis zu 15.000 Litern pro Minute, mit denen beispielsweise große Flächen leer gepumpt werden. Das raten die Fachleute &bdquo;Man sollte sich im Vorfeld überlegen, wo wichtige Dinge gelagert werden", sagt Ralph Heermann. Wichtige Dokumente sollten griffbereit sein, Dinge, die einem wichtig sind, im Keller nicht am Boden gelagert werden. Man könne auch darüber nachdenken, besondere Sicherungen an Kellertüren und Kellerfenstern anzubringen. &bdquo;Wenn wir es aber mit Regenfällen dieses Ausmaßes zu tun bekommen wie in den betroffenen Gebieten, dann ist man machtlos", glaubt Heermann. Julian Hainer empfiehlt, sich einen Wasservorrat in Flaschen anzulegen, sich mit bestimmten Lebensmitteln zu bevorraten und sich außerdem ein batteriegeladenes Radio anzuschaffen. &bdquo;Wenn Strom oder Mobilfunknetz ausfallen, kann man darüber Informationen bekommen", erklärt er. Es empfehle sich zudem, sich vorher mit den geografischen Verhältnissen auseinanderzusetzen. Wie Heermann rät er eindringlich davon ab, selbstständig einen überfluteten Keller zu betreten. Man sollte sich außerdem fernhalten von Stromzählern in überschwemmten Kellern. Informationen zur Vorbereitung auf Katastrophenfälle und Bevorratung sind auf der Internetseite des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe www.bbk.bund.de zu finden. Die richtige Versicherung Harald Stützlein vom LVM-Büro Fliegel in Halle erklärt, dass deutlich weniger als ein Drittel der Kunden bislang in ihren Verträgen der Gebäude- oder Hausratversicherung Elementarschäden eingeschlossen haben. &bdquo;In den vergangenen Tagen ist die Nachfrage danach aber stark gestiegen. Wir hatten in der Agentur allein 60 Anrufe", berichtet er. Halle hat bei Elementarschäden die niedrigste Gefahrenklasse. Die Einbindung dieses Risikos ist daher verhältnismäßig günstig.Es muss mit zusätzlichen Kosten von etwa zehn bis 15 Prozent gerechnet werden. Versicherungsgesellschaften setzen voraus, dass die Kunden die notwendigen Sicherungen vornehmen. So müssen Kellergullis und Abflüsse mit Rückstauklappen versehen werden. Sie verhindern, dass Kanalwasser zurück in das Haus fließt. Denn: &bdquo;Die Hauptursache von Kellerüberflutungen ist der Rückstau aus dem Kanalnetz", sagt Michael Haase vom Haller Sanitärbetrieb. Eine Sicherungsklappe koste zwischen 100 und 140 Euro plus Einbau.

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