Gerry Weber: Gläubiger machen den Weg für Zukunftskonzept frei

Die Gerry-Weber-Filiale an der Bahnhofstraße in Halle | © Uwe Pollmeier

18.09.2019 | 18.09.2019, 18:52

Bielefeld. Die Gläubigerversammlung der Gerry Weber International AG hat den Insolvenzplan für den Erhalt der Gesellschaft mit großer Mehrheit angenommen. Die Zustimmung erfolgte in allen Gläubigergruppen mit Ausnahme der Aktionäre, die im Zuge der geplanten finanziellen Sanierung aus der Gesellschaft ausscheiden sollen. Deren Ablehnung war allerdings schon zuvor absehbar, ist aber nicht entscheidend, denn sie vermag den Insolvenzplan nicht auszuhebeln.

Johannes Ehling, Vorstandsvorsitzender des Konzerns, ist zufrieden mit dem Ergebnis: „Die große Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan ist eine großartige Nachricht für uns alle und das klare Signal, nach den vielen, zum Teil schon umgesetzten Maßnahmen jetzt mit der Neupositionierung unseres Unternehmens so richtig durchzustarten."

Die Gläubiger machten damit den Weg frei für die Umsetzung des Zukunftskonzepts, das neben der finanziellen Restrukturierung des Modeunternehmens die Fortsetzung der eingeleiteten operativen Sanierung und Neupositionierung zum Gegenstand hat. Für die Umsetzung des Insolvenzplans ist jetzt noch die Bestätigung durch das Insolvenzgericht erforderlich. Das Gericht kann die fehlende Zustimmung der Aktionäre gemäß § 245 Insolvenzordnung aufheben und ersetzen und damit dem Insolvenzplan zur Umsetzung verhelfen. Fachleute nennen diesen Terminus "Obstruktionsverbot".

Im Gerichtstermin hat ein Gläubiger einen Antrag auf Minderheitenschutz gemäß § 251 Insolvenzordnung gestellt. Das Insolvenzgericht wird beim Verfahren zur Planbestätigung auch über diesen Antrag entscheiden. Die AG geht davon aus, dass der Antrag keine Aussicht auf Erfolg haben wird, da dieser Gläubiger durch den Insolvenzplan nicht schlechter gestellt wird, wie alle vorgenommenen Vergleichsrechnungen der Gesellschaft zeigen. Sachwalter Stefan Meyer rechnet auf Basis des Abstimmungsergebnisses damit, dass das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung noch in diesem Jahr aufgehoben und die Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens fortgesetzt und abgeschlossen werden kann.

Die Altaktionäre werden herausgedrängt

Der Insolvenzplan bestimmt alle Maßnahmen zur finanzwirtschaftlichen Sanierung der Gesellschaft. In einem ersten Schritt werden die von den Investoren Robus Capital Management Ltd. und Whitebox Advisors LLP verwaltete Fonds alleinige Aktionäre der GWI werden. Sie hatten dem Unternehmen eine Finanzspritze von knapp 50 Millionen Euro gewährt.

Das Grundkapital der Gesellschaft wird von derzeit knapp 46 Millionen Euro durch einen Kapitalschnitt auf 8.733 Euro herabgesetzt und anschließend eine Kapitalerhöhung vorgenommen durch die Ausgabe neuer Aktien auf gut eine Million Euro. Die neuen Aktien sollen vollständig von den Investoren gezeichnet werden, die sich im Gegenzug verpflichten, bis zu 49,2 Mio. Euro für die Gläubigerbefriedigung und für die Finanzierung des operativen Geschäfts bereit zu stellen. Auch die nach dem Kapitalschnitt verbleibenden Altaktien werden an die Fonds als die neuen Eigentümer entschädigungslos übertragen, so dass die bestehenden Aktionäre ohne Gegenleistung aus der Gesellschaft ausscheiden werden.

Verkauf des Logistik-Zentrums und der Hallhuber-Beteiligung

Die Gläubigergruppen erhalten unterschiedliche Angebote zur Befriedigung ihrer Forderungen, die passgenau auf die jeweiligen Interessenlagen zugeschnitten sind. Die Höhe der jeweiligen Insolvenzquote setzt sich – je nach Gruppe unterschiedlich – aus verschiedenen Bausteinen zusammen, zum Beispiel aus einer festen Barquote von 12,0 Prozent, zusätzlichen Mitteln aus dem Verkauf des Logistik-Zentrums Ravenna Park und der Restbeteiligung an Hallhuber oder aus dem Bezug von wertaufholenden Finanzinstrumenten wie Anleihen und Wandelschuldverschreibungen.

In der Summe reichen die kalkulatorischen Befriedigungsquoten von rund 32 % bis zu mehr als 50 % der jeweiligen Forderungen, was erheblich über der Quote einer Liquidation und maßgeblich über dem Durchschnitt von Eigenverwaltungsverfahren in Deutschland liegt. Für die Gruppe der Aktionäre ist aus insolvenzrechtlichen Gründen keine Quotenbefriedigung möglich, solange nicht alle Gläubiger mit sämtlichen Forderungen zu 100 % befriedigt worden sind.

Zuvor hatten heute bereits die Gläubiger der Gerry Weber Retail GmbH & Co. KG den Insolvenzplan für die Tochtergesellschaft angenommen. Beide Insolvenzverfahren sind zeitlich und materiell aufeinander abgestimmt.