Machen statt meckern: Borgholzhausener Geschäft stellt sich dem Wandel

Borgholzhausen. An der Wand im Fotostudio Warias hängt der fast 40 Jahre alte Meisterbrief von Karin Warias. Den hat sie noch unter ihrem Geburtsnamen Stahl am 26. September 1985 in Hamburg erhalten. Im &bdquo;Fotografiehandwerk“, wie der Schriftzug auf der Urkunde verrät. Der Meistertitel war in den 1980er Jahren noch unabdingbar, um ein Fotogeschäft zu eröffnen. Ziemlich genau ein Jahr später war es an der Kaiserstraße 22 in Borgholzhausen so weit: Seit September 1986 gibt es das Fotostudio Warias mittlerweile, seit mehr als 20 Jahren unterstützt von einer Mitarbeiterin. Im Laufe der knapp 40 Jahre sind zudem fünf Auszubildende im Fotostudio Warias ins Berufsleben gestartet. Karin Warias und ihr Mann Manfred Warias, der mehr als 40 Jahre lang unter anderem als Ordnungsamtsleiter im Rathaus von Borgholzhausen arbeitete, sind beide mit ihren 68 beziehungsweise 67 Jahren schon im Rentenalter. Das Fotostudio aber betreiben sie weiterhin mit viel Engagement und Herzblut. Sie könnten auch meckern: über den schnellen Wandel des Metiers, die digitale Konkurrenz an allen Ecken, die semiprofessionellen Mitbewerber bei Festen wie Hochzeit oder Taufe. Sie meckern aber nicht. Stattdessen nehmen sie den Schwung des Wandels mit. &bdquo;Im Laufe der letzten 25 Jahre hat sich das Grundlagengeschäft verändert“, sagt Manfred Warias. Anfang der 2000er Jahre deckte noch die Fotoentwicklung die Kosten. Später kamen digitale Terminals in die Läden, die das Schwinden des analogen Geschäftsfelds zumindest teilweise ausglichen. Auch der Handel mit den Kameras – lange Zeit ein Grundeinkommen fürs klassische Fotogeschäft – schwand. &bdquo;Mittelwertige Kameras werden kaum noch angeboten, weil Handys das Feld abdecken“, sagt Manfred Warias. Andere Fotogeschäfte haben angesichts der Herausforderungen die Segel gestrichen. Fotogeschäft in Borgholzhausen bietet noch Kopien an Doch Bangemachen gilt nicht beim Ehepaar Warias. &bdquo;Es gibt noch Menschen, die sich über Unterstützung, zum Beispiel beim Ausdrucken von Handyfotos freuen. Denen helfen wir gern“, sagt Karin Warias. &bdquo;Und wir sind das einzige Geschäft in Borgholzhausen, das noch Fotokopien anbietet“, ergänzt ihr Mann. Zudem finde manch einer &bdquo;das Analoge spannend“, so Karin Warias. Sechs klassische Farbfilme liegen derzeit im Studio zum Kauf bereit. Mit Nostalgie und Nische allein aber lässt sich kein Geschäft machen, das wissen die beiden selbstverständlich. Während des Gesprächs entschuldigt sich Karin Warias, weil sie Aufnahmen von zwei Kundinnen aus Versmold machen muss. Familienfotos seien weiterhin &bdquo;die Kür“ des Geschäfts, erklärt Manfred Warias. Individuelle Bildeinrahmungen, um die er sich auch schon zu seiner Zeit im Borgholzhausener Rathaus gekümmert hat, seien auch heute noch die Anerkennung der Wertigkeit von professionell erstellten Fotos. &bdquo;Es gibt immer noch qualitätsaffine Menschen, die ein schönes Bild auch im Pass haben wollen“, ergänzt Karin Warias. Das trifft sich gut, denn die Passbildfotografie wird auch künftig wohl ein ganz wichtiger Geschäftszweig des Fotostudios sein. Seit dem 1. Mai entfällt bei Aufnahmen für Reisepass und Personalausweis der analoge Zwischenschritt. Die Aufnahmen werden komplett digital erstellt, Ämter nehmen bei Neuausstellungen ausgedruckte Passbilder nicht mehr an. Per QR-Code geht es zur Fotodatei Das Fotostudio Warias hat das benötigte Zertifikat, um E-Passfotos erstellen zu dürfen. Das Studio erstellt vom Passfoto jedes Kunden einen QR-Code, der zu den Bilddaten führt. Der Code wird ausgedruckt und bei der Behörde vorgelegt, sodass die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter Zugang zu den Bilddaten auf einem zentralen Server bekommt. Nur die Behörde kann auf diese Daten und damit das Foto zugreifen. Der QR-Code ist ein halbes Jahr gültig. Bevor er gelöscht wird, können in diesem Zeitraum also mehrere Dokumente mit Foto beantragt werden. Auch hier gibt es Konkurrenz: Einige Ämter haben selbst Terminals für digitale Passbildfotografie beschafft. Zusätzlich zum QR-Code gibt es beim Fotostudio Warias die Passbilder auch weiterhin ohne Mehrkosten auf Papier für andere Dokumente. Ein Ende des Fotostudios ist nicht geplant. &bdquo;Solange es gesundheitlich geht und wir kein Geld ins Geschäft hineintragen müssen, machen wir weiter“, sagt Manfred Warias. Vorteilhaft sei dabei sicherlich, dass das Ehepaar Eigentümer des Studios ist und keine Miete bezahlen muss. Eine mögliche künftige Nachfolgerin oder ein Nachfolger werde aber wahrscheinlich kein Fotostudio mehr an der Kaiserstraße betreiben. Bis dahin empfangen die Warias’ die Kunden und Kundinnen an Wochentagen von 9 bis 12.30 Uhr und von 15 bis 18 Uhr. An Mittwochnachmittagen hat das Geschäft geschlossen. Am Samstag öffnet das Fotostudio nach Vereinbarung. Am Ende des Pressetermins betritt ein weiterer Kunde das Geschäft. Er holt tatsächlich die fertig entwickelten Abzüge eines 36er-Farbfilms von Fuji ab. ISO 200, wie Manfred Warias anmerkt, optimal also für gute Lichtverhältnisse. 10 Zentimeter mal 15 Zentimeter sind die Positive groß – und glänzend. Es gibt sie also doch noch, die gute alte Fotozeit. Aktuelle Nachrichten bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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