Kitchen Impossible in Borgholzhausen: Wo Eintopf auf Chicken Nuggets trifft

Borgholzhausen. In Deutschlands Küchen ist viel los. Sehr viel sogar. Da wird geschnippelt, geschnitten, geraspelt, gebraten und gekocht, was die Lebensmittel so hergeben. Das Fernsehen liefert mit seinen unzähligen Koch-Shows einen ausführlichen Blick in die Töpfe. Köche wie Tim Mälzer, Steffen Henssler oder Jamie Oliver sind mittlerweile Stars in ihrem Metier und einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Doch abseits der Flimmerkiste gibt es ebenso viele &bdquo;Küchenschlachten“ und tägliche &bdquo;Kitchen Impossible“ - nur mit dem feinen Unterschied, dass die dortigen Köche und ihre Teams eher im Verborgenen brutzeln. Eine dieser heimlichen Koch-Shows findet täglich im DRK-Haus Ravensberg in Borgholzhausen statt. Dort wird unter der Woche für in der Spitze 360 Personen gekocht. Diese teilen sich auf in 80 Portionen für die Bewohnerinnen und Bewohner des Haus Ravensberg, 200 Essen für Schülerinnen und Schüler der Violenbach-Grundschule sowie 80 Mahlzeiten für Außer-Haus-Kunden. Tendenz steigend. Damit dürfte das zwölfköpfige Team um die beiden Küchenchefs Björn Hellmann und Silvia Meyer sowie die Hauswirtschaftsleiterin Pia Grote eine der größten Küchen in Borgholzhausen führen. Zwei Küchenchefs im Haus Ravensberg in Borgholzhausen Für Ottonormalverbraucher scheint dies pure Hexerei. Wie bearbeite ich in nur wenigen Stunden eine solche Menge Lebensmittel und stelle sie derart zusammen, dass sie am Ende auch noch jedem schmecken? Daheim ist man ja bisweilen mit einem Gericht für vier bis sechs Personen überfordert. Schlechte Nachricht für Haller Senioren: Lieferdienst wird eingestellt Und was ist mit den unterschiedlichen Lebens- und Essgewohnheiten? Vegetarisch. Vegan. Ganz zu schweigen von Allergien und Unverträglichkeiten. Dazu der bunt gemischte Kundenstamm. Schmeckt der 85-jährigen Seniorin das Gleiche wie dem achtjährigen Grundschüler? Müssen die Köche im Haus Ravensberg Kompromisse eingehen und sich auf wilde Kreationen verlassen? Schwimmen dort Fischstäbchen im Eintopf? Oder gibt es Chicken Nuggets zum Grünkohl? Küchenchef Björn Hellmann klärt auf: &bdquo;Wir haben zwei Menü-Linien, die wir täglich anbieten. Eine sogenannte normale und eine vegetarische.“ Rund 20 Prozent der Kunden seien Vegetarier. Kompliziert wird der Alltag durch die deutlich zunehmenden Intoleranzen. Pia Grote zählt auf: &bdquo;Laktose-Intoleranz, Gluten-Unverträglichkeit, Probleme mit Nüssen oder speziellen Gewürzen wie zum Beispiel Curry. Das ist unsere tägliche Herausforderung.“ Borgholzhausener Kids lieben Pizza, Nudeln, Chicken Nuggets Erschwerend kommen die unterschiedlichen Geschmäcker der Generationen hinzu. &bdquo;Wenn wir eine Hitliste machen würden, dann steht bei den Älteren die deftige Hausmannskost ganz hoch im Kurs: Suppen, Eintöpfe, Grünkohl, Sauerkraut, Kartoffeln, Braten und Schnitzel“, berichtet Björn Hellmann: &bdquo;Bei den Kids sind es Pizza, Pasta, Chicken Nuggets.“ Wie kann man aus solchen Gegensätzen ein adäquates Angebot zusammenstellen? &bdquo;Eine der Komponenten - Beilage, Gemüse, Fleisch oder Fisch - sollte bei den Gerichten stets gleich sein, ansonsten ist das Essen nicht wirtschaftlich zuzubereiten“, sagt Hellmann. Mit der Zeit näherten sich die Geschmäcker jedoch ein bisschen an. Harte Bandagen im Pflegesektor: Es brodelt im Haller Marienheim &bdquo;Die Senioren gewöhnen sich allmählich an Pizza und Pasta“, so Hellmann. Zu exotisch dürfe es allerdings nicht werden. &bdquo;Asiatische Küche haben wir noch nie versucht“, weiß der Küchenchef um seine Klientel: &bdquo;Der ein oder andere rümpft ja schon die Nase, wenn es Fetakäse im Salat gibt.“ Die Grundschülerinnen und -schüler dagegen greifen bei Bratwürstchen mit Kartoffelsalat sowie Spinat mit Kartoffeln und Fischstäbchen mittlerweile beherzter zu als früher. Lebensmittel regional und aus Borgholzhausen &bdquo;Wir geben uns hier viel Mühe, diesen Spagat zu meistern“, sagt Pia Grote. Aus diesem Grund ist dem Küchenteam Feedback sehr wichtig. Die Kinder und Außer-Haus-Kunden haben die Möglichkeit, mittels Zetteln Kritik und Anregungen weiterzugeben, die Bewohner tun dies persönlich. Das funktioniert auch bei den Kindern. &bdquo;Sagt der erste bei der Essensausgabe &bdquo;lecker“, läuft es. Sagt der erste hingegen &bdquo;igitt“, fällt die Mahlzeit durch“, so Grote. Alle neun Wochen wiederholt sich im Groben der Essensplan - eine ambitionierte Rotation. Spontane Bestellungen sind mit einem geringen Vorlauf ebenfalls möglich. Dazu bauen die Küchenchefs saisonale Produkte in den Speiseplan ein - oder versuchen, die Kunden mit besonderen Aktionen zu überraschen. &bdquo;Dann gibt es mal einen Burger-, Pfannkuchen- oder Reibeplätzchen-Tag“, berichtet Björn Hellmann. Die Lebensmittel sollen so regional wie möglich sein. Neben den 14-tägigen Bestellungen beim Großlieferanten ordern die Borgholzhausener ihre (Dorf-)Milch aus Brockhagen, ihr Fleisch von Goldbecker, die Eier von Stricker aus Versmold sowie ihr Brot von der Landbäckerei Probst. Mangel an Fachkräften und Personal Sechs Leute arbeiten in der geräumigen Küche vom Haus Ravensberg in einer Schicht. Das halbe Dutzend jongliert von 6 Uhr morgens bis zum frühen Nachmittag mit Geschirr, Pfannen, Besteck und Lebensmitteln, um Frühstück, Mittagessen und Abendbrot herzustellen und vorzubereiten. Stets in feiner Abstimmung mit den Fahrern, die die Mittagsmahlzeit ausliefern, und den Helfern, die in den Wohngruppen unterstützen. Der Bedarf an Manpower ist groß - ebenso der Mangel an Fachkräften und Personal. &bdquo;Das ist ein großes Thema“, bestätigt Pia Grote. Sie beschreibt deshalb die Zuwanderung im Ort als &bdquo;Riesengewinn: Wir haben mittlerweile Kolleginnen aus Russland, Syrien, Albanien, der Türkei und der Ukraine im Team. Ohne sie wäre unser Pensum nicht zu schaffen.“ Wie wichtig und wertvoll die Arbeit des Teams ist, zeigt der Alltag. &bdquo;Für viele unserer Kunden ist das Mittagessen das Highlight des Tages“, betont Björn Hellmann. Die Fahrer helfen beim Auspacken, bei manchen richten sie die Mahlzeit sogar an und drapieren das Besteck liebevoll, weil es der Kunde einfach nicht mehr kann. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Dazu gibt es ein kurzes Schwätzchen. &bdquo;Manchmal sind unsere Fahrer der erste Kontakt am Tag für den Kunden“, so Pia Grote. Die Kunden wissen den Service zu schätzen. Sie revanchieren sich bei den Fahrern mit einem Lächeln und manchmal einer Schokolade als Dankeschön.

Meistgelesen

In diesem Haller Seniorenheim bleibt die komplette Küche mittags kalt

Restaurant-Tipps für den Altkreis Halle: Hier finden Sie indische Gerichte

Essen auf Rädern in Halle: So geht es für die Senioren jetzt weiter

Wie wählen eigentlich Demenzkranke in Borgholzhausen?

Keine Barzahlung in Borgholzhausener Bäckerei: Müssen Geschäfte Bargeld annehmen? Eine Bäckerei in OWL hat die Barzahlung abgeschafft und sorgt damit für gemischte Reaktionen bei den Kunden. Doch was muss überhaupt angeboten werden?

Bekanntes Gasthaus in Borgholzhausen erfindet sich immer wieder neu Es war ein Blick zurück...