Ärztin aus Borgholzhausen hilft, Versorgungslücke in Bielefeld zu schließen

Bielefeld. Von den rund 200 Hausärztinnen und Hausärzten in der Stadt sind 80 bereits älter als 60 Jahre, 25 sogar schon älter als 70. Manche Praxen sind am Limit, nehmen keine neuen Patientinnen und Patienten mehr auf. Stadtweit gibt es 36,5 freie Hausarzt-Sitze, wie es in der Fachsprache der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) heißt. Aber es tut sich was: Rund 20 Nachwuchskräfte, davon ein Großteil Frauen, verstärken jetzt die Bielefelder Praxen. So wie Lena Wurst (30), Alina Oldenburg (35), Anna Mutter (36) und Lisa Kohlhase (40). Die vier jungen Mütter behandeln schon jetzt als sogenannte Ärztinnen in Weiterbildung im Rahmen ihrer Facharztausbildung Patienten in der Gemeinschaftspraxis &bdquo;Hausärzte Hoberge-Uerentrup“. Von Hautpilz, Harnwegsinfekt bis Herzinfarkt: Sich um ganz unterschiedliche Krankheitsbilder und ganz unterschiedliche Patienten zu kümmern, sei sehr abwechslungsreich, so Wurst. Und nur ein Argument, warum sie alle ihre berufliche Zukunft nicht in der Klinik sehen. &bdquo;Hier ist man zeitlich deutlich flexibler und kann Beruf und Familie dadurch besser vereinbaren“, ergänzt Mutter, die am Klinikum in Hamm in der Chirurgie gearbeitet und drei kleine Kinder (3, 5 und 8) hat. Lesen Sie auch: Sprechstunde per Videochat: Neue Hausarztpraxis zieht bei Gerry Weber ein Reizvoll sei, als Hausärztin Patienten über einen langen Zeitraum zu begleiten. Kohlhase hat sieben Jahre lang als Fachärztin für Innere Medizin und Palliativmedizin in der stationären Versorgung in Warendorf gearbeitet. Dass sie als Mutter zweier kleiner Kinder (3 und 5) die Weiterbildung zur Allgemeinmedizinerin in Teilzeit machen kann, komme ihr sehr entgegen. Sie werde im Anschluss definitiv in Bielefeld bleiben, könne sich perspektivisch auch gut vorstellen, in eine Praxis einzusteigen. Doktorarbeit in der Krebsforschung Das sagt auch Alina Oldenburg. Sie stammt aus Borgholzhausen, hat in Düsseldorf und Münster studiert und ist dann fürs Praktische Jahr in der Inneren Medizin am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) wieder in die Region zurückgekehrt. &bdquo;Ursprünglich wollte ich in die Forschung, ich habe meine Doktorarbeit auch in der Krebsforschung geschrieben“, berichtet die 35-Jährige. Aber ihr habe der Kontakt zu den Menschen gefehlt. Die Tätigkeit als Hausärztin sei breit gefächert, gleichzeitig könne man eigene Schwerpunkte verfolgen. Lena Wurst kommt aus Bremen und ist zum Praktischen Jahr (PJ) &bdquo;wegen des guten Rufs“ ans EvKB gekommen, hat dort in der Psychiatrie und der Geriatrie gearbeitet. Aber das &bdquo;Handwerkliche“ habe ihr gefehlt, so die 30-Jährige. Über Empfehlungen sind die jungen Frauen in die Hoberger Hausärztepraxis gekommen. Die Ausbildung bei Praxispartnerin Bettina Leeuw, die auch an der an der Medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld lehrt, sei qualitativ sehr hochwertig, sagen alle. Das sei &bdquo;ein großer Pluspunkt“ und ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Wahl der Stellen für sie gewesen. Mehrere Angebote für Praxisübernahmen &bdquo;Wir haben wöchentliche Schulungen zu ganz unterschiedlichen Themen, wie Langzeit-EKG oder Dermatologie“, berichtet Wurst. Die 30-Jährige zieht gerade mit ihrer Familie auf einen alten Hof in der Nähe von Bad Salzuflen. Und auch dort habe sie bereits mehrere Angebote für Praxisübernahmen bekommen. Eine Tätigkeit &bdquo;als Landärztin“ könne sie sich durchaus vorstellen. Genauso wie auch zukünftig weiterhin in Bielefeld zu arbeiten. Sich in einem größeren Praxisteam austauschen und Verwaltungsaufgaben, wie Abrechnung oder EDV, aufteilen zu können und die modernsten Untersuchungsgeräte zur Verfügung zu haben, habe viele Vorteile. Gedanken, dass sie möglicherweise keine Stelle bekommen, müssen sich die vier definitiv nicht machen. &bdquo;Wir werden nicht jünger und freuen uns immer über Verstärkung“, sagt Lars Lippelt, einer der vier Praxispartner in der Hoberger Hausärztepraxis. Er schätze die geballte Frauenpower. Bewerbungen von Männern hätten sie hingegen gar keine bekommen in den vergangenen Monaten. Auch aktuell sucht das Team noch weitere Ärzte in Weiterbildung. Von der KVWL gibt es für diese Stellen für die Dauer von bis zu zwei Jahren eine monatliche Unterstützung in Höhe eines üblichen Monatsgehaltes. Auch die Teilhaber Stefanie Fischer-Mrosek und Steffen Galler sind vor einigen Jahren auf diesem Weg in der Praxis gestartet, berichtet Lippelt.

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