11.094 Flaschen Wein sollen Winzer im Flutgebiet retten

Das Weinkontor Freund aus Borgholzhausen beteiligt sich an einer Hilfsaktion und bietet den Wein „SOLID-AHR-ITÄT“ an. Die Kunden im ganzen Bundesgebiet ziehen mit und ordern sagenhafte 19 Paletten zu je 600 Flaschen

13.08.2021 | 13.08.2021, 03:00

Borgholzhausen. „Das hätten wir uns nicht vorstellen können", sagt Daniel Freund. Sage und schreibe 66.564 Euro hat das Weinkontor Freund in Borgholzhausen bei einer Hilfsaktion zugunsten von Winzern an der Ahr erlöst. „Unsere Kunden haben 11.094 Flaschen des Weins „SOLID-AHR-ITÄT" gekauft und damit eine Aktion des Vereins AHR unterstützt", so der Inhaber der Piumer Firma.

AHR (A Wineregion needs Help for Rebuilding e. V.) ist ein gemeinnütziger Verein, dessen einziger Zweck die Sammlung von Spenden für den Wiederaufbau des Weinanbaus an der Ahr ist. „Es gibt eine große Solidarität in der Weinszene", hat Marketing-Manager Alexander von Fischer beobachtet. Die Winzergenossenschaft Dagernova aus Bad Neuenahr-Ahrweiler bietet Spenden-Weine an, die extra für den Verein abgefüllt wurden.

„Alle beteiligte Unternehmen verzichten auf Gewinn"

Und die Kundschaft vom Weinkontor Freund – Weinhändler und Gastronomen – ließ sich nicht lange bitten. In nur neun Tagen seit Beginn der Aktion waren unglaubliche 19 Paletten zu je 600 Flaschen des Weiß- und Rotweins mit dem bezeichnenden Namen „SOLID-AHR-ITÄT" bestellt. „Alle beteiligten Unternehmen, Weinlieferant, Flaschenproduzent, Abfüller, Druckerei, Spedition und natürlich auch wir verzichten auf eine Gewinnmarge", so Daniel Freund. Sein Unternehmen hatte die rund 2.000 Abnehmer in ganz Deutschland per Mail informiert.

Aktuell beginnt die Auslieferung der Rotweins Cuvée und des Rieslings. „Bald werden diese Weine zahlreich in die Regale von Fachhandel, Einzelhandel und Gastronomie einziehen, so Alexander von Fischer. „Wir sind begeistert und gerührt, dass wir in der kurzen Zeit mit der Hilfe unserer Kunden so eine große Bestellmenge zusammenbekommen haben und damit etwas zum Wiederaufbau an der Ahr beitragen können", betont Daniel Freund.

„Das Hochwasser hat ja viele Keller von Weingütern geflutet", erläutert er. Für die Winzer an der Ahr ist der Schaden gerade deshalb existenzbedrohend. „Es sind ja nicht nur die Reben, die viele Hänge heruntergespült wurden." Die Fässer und Flaschen mit Wein aus den Vorjahren seien fortgespült, Maschinenpark und Gebäude beschädigt oder sogar zerstört. Wo die Reben noch stehen, wissen viele Winzer nicht, wohin sie die Ernte bringen und wie sie sie verarbeiten sollen.

„Es handelte sich beim Hochwasser um ein Jahrtausendereignis"

Jetzt ist bei der Hilfe Eile geboten, wenn der Schaden nicht noch größer werden soll. Am 14. und 15. Juli verwüsteten kaum vorstellbare Wassermassen das Ahrtal in der Eifel. „Dort handelte sich wohl um ein Jahrtausendschadenereignis beim Hochwasser", erklärte Dirk Nolkemper, Umweltbeauftragter der Stadt Borgholzhausen, dem Haller Kreisblatt. Der Pegelstand der Ahr hatte bei einer Flut in 2016 3,6 Meter betragen und lag in diesem Jahr fast doppelt so hoch.

Eine Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität für die Flutopfer insbesondere für die Kleinstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ging durch das Land. Zahlreiche Menschen kamen in die Katastrophengebiete, um ganz praktisch Hilfe zu leisten. Es gab auch Spendengelder in Millionenhöhe. Bund und Länder wollen ein Rettungspaket in Höhe von 30 Milliarden Euro für die Flutopfer schnüren.

Das benötigt Zeit. Die Winzer brauchen aber schnell Hilfe und deshalb gründete sich kurz nach der Flut der Verein AHR. Er soll Spenden sammeln, um betroffenen Weinbauern die Existenz zu retten. Unter dem Motto „Winzer für Winzer" sprangen viele Kolleginnen und Kollegen aus anderen Regionen ein und gaben Wein ab. „Es sind auch Winzer aus anderen Anbaugebieten ins Ahrtal gefahren, um dort zu helfen", weiß Daniel Freund.

Im Ahrtal arbeiten sehr viele kleine Weingüter, die besonders auf Hilfe angewiesen sind. „Es gibt da 600 Betriebe, die zusammen weniger als 200 Hektar Fläche bewirtschaften", so der 41-Jährige. Für diese Landwirte sei die Flut mit ihren Folgen eine wirtschaftliche „Vollkatastrophe". Kaum einen Monat nach der Überschwemmung liefert das Weinkonto Freund jetzt die ersten Hilfsweine aus. „Das wurde alles mit der heißen Nadel gestrickt", so Alexander von Fischer.

Wer übrigens als Weinliebhaberin oder Weinliebhaber noch ganz persönlich einen Beitrag leisten will, kann im Ladengeschäft vom Weinkontor Freund, am Nienkamp 17, vorstellig werden. „Wir haben noch etwa 300 Flaschen vom Spendenwein, die wir im Laden verkaufen", so Renate Freund, Mitbegründerin der Firma und Mutter der aktuellen Inhaber Johanna und Daniel Freund.

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