Dieser Mann testet 30 bis 60 Weine pro Woche | Haller Kreisblatt

Borgholzhausen. Einmal in der Woche ist Probiertag bei den Weinexperten am Borgholzhausener Bahnhof. 30 bis 60 Produkte werden verkostet – ein Flasche aus jedem Wareneingang. Manche Weine auch blind, weil dieser Termin außer zur Qualitätssicherung des Angebots auch zur Mitarbeiterschulung genutzt wird. &bdquo;Und natürlich wird jeder Tropfen ausgespuckt", sagt Dirk Röhrig. Das gilt allerdings nur in der Firma. &bdquo;Die Angestellten dürfen die angebrochenen Flaschen mit nach Hause nehmen", erklärt der Geschäftsführer. Und dort wird der nie ganz billige Edelalkohol aus dem Hause Freund vermutlich nicht ausgespuckt. Denn wer in der Genussbranche arbeiten will, sollte schon eine Affinität zu dem Produkt fühlen, mit der handelt. Und kommunikativ sein: &bdquo;Weinverkauf ist Storytelling", sagt der gebürtige Rheinländer. Selbstständigkeit im Angestelltenverhältnis Seit 25 Jahren ist der 53-Jährige jetzt bei Wein Freund tätig. Den Schritt nach Ostwestfalen hat er nie bereut, obwohl er dafür einige Opfer bringen musste. &bdquo;Es war schon ein kultureller Umbruch", schmunzelt er. Um im gleichen Atemzug vom geliebten Urlaub im eigenen ostwestfälischen Garten zu erzählen und von den vielen Freundschaften,die er im Laufe der Jahrzehnte schließen konnte. Vor allem aber war es der Verlust der Selbstständigkeit, die ihn anfangs zögern ließ: &bdquo;Schon mein Vater und Großvater waren als freie Handelsvertreter im Weinverkauf tätig", erklärt er. Doch das Angebot war vor einem Vierteljahrhundert zu verlockend: Als recht junger Mann eine verantwortungsvolle Position einzunehmen, ein Vertriebsnetz aufzubauen und Strukturen zu schaffen, in denen das Unternehmen wachsen konnte. 4,5 Millionen Flaschen im Verlauf des Jahres Was eindrucksvoll gelungen ist: Aus den knapp 100 Produkten im Jahr 1996 sind inzwischen fast 1.300 geworden. Gehandelt wird vor allem mit Wein. Knapp 1.000 verschiedene aus fast aller Herren Länder. Berührungsängste gibt es dabei nicht: Südafrika, Chile und Neuseeland gehören dazu. &bdquo;Japan und vor allem China haben ebenfalls beste Voraussetzungen", erklärt Röhrig. Und strengen sich erfolgreich an, jenseits der Billig-Sektors zu produzieren. Dort werden zwar die großen Mengen verkauft, aber vermutlich nicht die großen Margen erzielt: &bdquo;90 bis 95 Prozent des Weins in Deutschland werden für Preise um 1,50 pro Flasche verkauft", kennt der Vertriebler natürlich den Markt ganz genau. Es ist zwar nicht der Markt von Wein Freund, aber da gilt die Erkenntnis: &bdquo;Der Weingeschmack verändert sich im Laufe des Lebens", sagt er. Fast jeder fange mal mit süßen Weinen an und lerne dann nach einigen Jahren die trockenen zu schätzen. Und steht damit erst am Anfang einer Reise durch die Weinwelt, die nie zu Ende gehen muss – jedenfalls, was die Auswahl betrifft. Die selbe Traubensorte liefert auf jedem Boden, in jedem Land und in jedem Klima andere Ergebnisse. Und dann sind da natürlich noch die Jahrgänge, die immer wieder für neue Geschmackserlebnisse sorgen. Deshalb haben Entwicklungen wie Angleichung der Weine über Ländergrenzen hinweg ihr Dirk Röhrig auch keinen besonderen Schrecken. Denn auf der anderen Seite finden sich unter den Winzern immer wieder kreative Köpfe, die Altbewährtes wieder aufleben lassen oder Neues entwickeln. Guter Wein kann auch Kungfu Girl heißen Wie zum Beispiel &bdquo;Kungfu Girl", eine Kreation aus Washington D.C., einer hierzulande nicht sehr bekannten Weinbauregion in den USA. &bdquo;Dieser Riesling hat bei Blindverkostungen sehr viele Experten überrascht und wird bestens verkauft", sagt Röhrig. Der exotisch klingende Name ist im Land des legendären &bdquo;Oppenheimer Krötenbrunnen" vielleicht auch nicht zu außergewöhnlich. Und er lenkt die Aufmerksamkeit der Menschen auf ein Produkt, das sich am Gaumen der Kunden beweisen muss. Und liefert dem Fachhandel, dem bevorzugten Partner der Wein-Großhandlung Freund aus Borgholzhausen, wieder eine der Geschichten, die zum Weinverkauf einfach dazu gehören. Lesen Sie auch: Borgholzhausens Weinkontor Freund bleibt in Familienhand

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