Borgholzhausen.„Es ist das dritte Mal, dass wir wegen eines Lockdowns schließen müssen“, klagen Lena und Timo Koch-Hartke, Inhaber von „Pium Sports“. Bisher haben die Betreiber des Fitnessstudios die Schließungen verständnisvoll ausgesessen, doch nun reicht es ihnen. „Wir fühlen uns ungerecht behandelt. Die erneute Schließung ist überflüssig“, sagen sie. Daher haben sie sich entschieden, dagegen zu klagen.
„Wir haben ein so tolles Hygienekonzept erarbeitet“, sagt Lena Koch-Hartke. „Die Leute kamen mit Maske herein, es gab getrennte Eingänge und Ausgänge. Sie mussten sich vor dem Training die Hände desinfizieren, es durften nur zehn Personen gleichzeitig auf die Fläche und nur jedes zweite Gerät durfte belegt werden“, zählt sie weiter auf. Jeder Nutzer habe sein Gerät nach Gebrauch desinfizieren müssen, und nach eineinhalb Stunden seien alle Geräte vom Personal erneut desinfiziert worden. „Die Fenster waren nahezu immer geöffnet und es wurden Anwesenheitslisten geführt. Wir haben uns immer eng mit dem Ordnungsamt abgestimmt.“
„Vor dem ersten Lockdown hatten wir kein Hygienekonzept“, fährt Lena Koch-Hartke fort. Es sei nachvollziehbar gewesen, dass der Umgang mit dem Virus erst ausgearbeitet werden musste. Schließlich habe man anfangs nicht gewusst, wie infektiös das Virus ist, wie es sich überträgt und wie lange es sich auf Flächen hält. All das sei nun aber bekannt. „Das Konzept steht und es funktioniert auch“, so Lena-Koch-Hartke. „Der Anteil der Infektionen in Fitnessstudios beträgt unter einem Prozent“, fügt Timo Koch-Hartke hinzu.
Der Arbeitgeberverband Deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen unterstützt eine Sammelklage vieler Studiobetreiber vor dem Oberverwaltungsgericht. Lena und Timo Koch-Hartke haben sich dieser Klage angeschlossen. „Wir hoffen auf eine schnelle Entscheidung“, sagen die beiden.
Die Betreiber von „Pium Sports“ hoffen, bald wieder öffnen zu können. Erst kürzlich verkündete Gerichtsentscheidungen, durch die das Beherbergungsverbot gekippt wurde, hätten eine ähnliche Grundlage gehabt. Es habe keine medizinischen Erkenntnisse dafür gegeben, dass sich durch den Hotelbetrieb das Infektionsgeschehen verbreite, hieß es in der Begründung. Und das sei bei Fitnessstudios eben auch so, findet das Ehepaar.
Andere Situation als beim ersten Lockdown
„Die Entscheidungsträger müssen sich angucken, wie vor Ort gearbeitet wird“, kritisiert Lena Koch-Hartke. Man könne nicht einfach alles zumachen, ohne zu wissen, wie die Konzepte funktionierten. Für die Kunden sei die erneute Schließung ebenfalls ein herber Schlag. „Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit ist Sport enorm wichtig“, führt Timo Koch-Hartke aus. Er hebe den Serotoninspiegel, wirke Depressionen entgegen und rege das Immunsystem an. „Nun sind die Leute zum Zuhausebleiben verdammt. „Das tut vielen ganz bestimmt nicht gut.“
„Wir werden sicher ein bis zwei Jahre brauchen, bis wir umsatzmäßig wieder da sind, wo wir am Anfang waren“, erklärt Lena Koch-Hartke ganz offen. Die natürliche Fluktuation in den Fitnessstudios sei nicht mehr gegeben. „Wir bekommen derzeit keine Neukunden mehr. Verständlicherweise haben die Menschen Bedenken, nun Verträge abzuschließen. Schließlich weiß niemand, wie es weitergeht.“
Den Bestandskunden macht das Fitnessstudio nun verschiedene Angebote. Sie können ihren Monatsbeitrag für November spenden, den Trainingsmonat auf einen Freund übertragen, ihn an den eigenen Vertrag hinten anhängen oder stattdessen eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.
Auf die staatlichen Hilfen setzen die Betreiber von Pium Sports lieber nicht. „Die 9.000 Euro Soforthilfe aus dem Monat April mussten wir zurückzahlen, weil die Physiotherapie weiterlief und wir daher Einnahmen hatten“, erklärt Lena Koch-Hartke. Sie und ihr Mann hoffen nun lieber darauf, dass das Gericht den aus ihrer Sicht „ungerechtfertigten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit“ so schnell wie möglich kippt.