
Borgholzhausen. 4.200 Meter lang wird die Strecke, auf der die Höchstspannungsleitung unterirdisch verlaufen wird. Zwischen Riesberg und dem Hollande, noch ein Stück über die Grenzen des Tales hinaus, in dem Borgholzhausen zwischen den Teutokämmen liegt, soll von der Höchstspannungsleitung nicht viel zu sehen sein – wenn sie erst einmal fertig ist. Doch die Baustelle, die gebraucht wird, um dieses Ziel zu erreichen, wird unübersehbar sein. Schuld ist die „lebhafte Geologie“, wie Experten sagen. Und noch eine weitere Besonderheit.
Bohrungen in großer Zahl
Und die bringt auch einen Fachmann wie Tim Cofalka ins Grübeln. Der Diplom-Ingenieur wertet die geologischen Untersuchungen aus und sollte eigentlich das richtige Bohrverfahren ermitteln, mit dem vor allem technisch schwierige Abschnitte elegant gemeistert werden sollten. 44 Rammsondierungen bis in eine Tiefe von sechs Metern wurden auf der Strecke durchgeführt. Dazu kommen noch acht Großbohrungen, die in bis zu 20 Metern Tiefe führen. Doch das Ergebnis ist überall recht ähnlich: Bohren funktioniert einfach nicht.
Grob gesagt, lassen sich die Erkenntnisse so zusammenfassen: Nach sandig-schluffigem Boden an der Oberfläche kommt eine Kiesschicht und dann gewachsener Fels – im Bereich der geplanten Trasse vor allem Mergel. Der ist auf den Fotos von den Bohrkernen als gelbe Schicht zu erkennen. Meistens ist er blassgelb, manchmal auch etwas kräftiger gefärbt. Aber vor allem ist er klüftig, wie die Geologen sagen. „Der Felsen erinnert an einen Schwamm“, erklärt Tim Cofalka.
Hohlräume im Gestein

Viele Hohlräume durchziehen das Gestein. „Diese Klüfte haben oft eine Größe von mehreren Zentimetern“, erklärt der Diplom-Ingenieur. Und das macht den Einsatz von modernen Bohrverfahren unmöglich. Denn diese Maschinen erzeugen die Bohrlöcher vor allem mit Hilfe von Wasser, das unter sehr hohem Druck das Material pulverisiert, auf das es trifft.
„In diesem Gestein können wir aber wegen der Klüftigkeit keinen Druck aufbauen“, sagt Cofalka. Das ist in doppelter Hinsicht ein Problem. Denn im Prinzip wird zwar mit Wasser gebohrt, doch dem sind sogenannten Stützflüssigkeiten zugesetzt. Und diese Flüssigkeiten würden in den Spalten des Gesteins verschwinden und an irgendeiner Stelle wieder an die Oberfläche kommen, wo man sie nicht haben will. Außerdem ist die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens sehr hoch.
Ein trockener Ort
„Borgholzhausen ist überraschend trocken“, fasst Cofalka diesen Aspekt zusammen. Die gute Wasserdurchlässigkeit des Untergrunds hat sicher auch ihre Vorzüge. Hier gelangt viel Grundwasser in die Tiefe der Erde und die Landwirtschaft kommt auch gut mit den besonderen Bodenverhältnissen zurecht. Wenn es aber um den Bau des Erdkabels geht, dann würden sich die Techniker von Amprion etwas anderes im Untergrund gewünscht haben. Vor allen Dingen an den Punkten, wo ihre Aufgabe besonders schwierig ist. Der Riesberg ist ein solcher Punkt, obwohl man ihn vielleicht gar nicht so im Blick hat. „Aber das Gelände ist hier recht steil“, weist Cofalka auf eine Besonderheit hin. Doch auch im steilen Gelände muss die Baugrube für die Erdverkabelung einige Meter tief sein. Beide Faktoren zusammen machen die Aufgabe für die Baufirmen nicht einfacher. Und das ist nur die Vorbereitung auf die echte Problemstellung.
Bach und Straße
Die beginnt auf dem Sundern, ungefähr an der Stelle, wo der flach geneigte Teil endet. Deutlich steiler geht es von dort hinab in die kleine Ebene in der sich der Violenbach und die viel befahrene Ortsdurchfahrt befinden. Und dann geht es in Bereich der Straße Goldbrede wieder nach aufwärts in Richtung des sogenannten Hollandes. Angesichts der vielfältigen Probleme, die dort zu lösen sind, schreibt der Gesetzgeber eigentlich die Nutzung eines Bohrverfahrens vor, um weder das Gewässer noch den Straßenverkehr übermäßig einzuschränken.
Diese Vorschrift gilt natürlich nicht, wenn man schlicht nicht bohren kann – wie in Borgholzhausen. Deshalb arbeitet Tim Cofalka für das Planfeststellungsverfahren an anderen Lösungen für die Problembereiche Bach und Straße. der Violenbach wird für einige zeit verlegt werden müssen. Dabei strebt Amprion natürlich einen Bau im Sommer an, weil der Wasserstand dann niedriger sein sollte als im Frühjahr oder Herbst.
Verkehrsbehinderungen
Das Provisorium muss für einige Wochen das Wasser des Baches aufnehmen können – auch, wenn es mal stärker regnen sollte. Das Unternehmen wird Lösungsmöglichkeiten in die Planunterlagen aufnehmen. Die Entscheidung für eines dieser Verfahren fällt dann im Planfeststellungsbeschluss. Bei der Unterquerung der Bielefelder Straße gibt es sicher bewährte Lösungen.
Eine geschotterte Ausweichstrecke mit Ampelregelung sollte für einige Zeit einen Verkehrsfluss mit erträglichen Einschränkungen ermöglichen. Das Erdkabel wird um die Siedlung Goldbrede herumgeführt, muss dann wieder zurück auf die heutige Stromtrasse verschwenkt werden. Borgholzhausens besonderer Untergrund sorgt also für besondere Herausforderungen im Bereich der Erdkabelverlegetechnik.