
Borgholzhausen. Im März des vergangenen Jahres sah alles noch so gut aus: Das Gestein des Sundernbergs schien trocken und fest und wie gemacht dafür, mit einem der modernen Bohrverfahren bearbeitet zu werden. Tief im Untergrund sollten die Kabel der 380 kV-Höchstspannungsleitung verschwinden, gebaut mit so wenig Dreck und Lärm wie möglich. Doch daraus wird wohl nichts.
Denn das Gestein, aus dem der Sundernberg besteht, ist deutlich weniger fest, als der erste Augenschein nahelegte. Es gibt kleine Klüfte und Höhlungen, in denen Wasser versickert – der Grund, warum es so trocken ist. Der Fachmann spricht von einem karstigen Gestein. Doch das ist für die modernen Spülbohrverfahren denkbar ungeeignet, bei denem mit Hilfe von Flüssigkeiten und hohem Druck gebohrt wird. Dieser Druck würde die Bohrflüssigkeit an die falsche Stelle leiten.
Keine Drossel an der Kabelübergabestation
„Das bedeutet, dass wir wohl die gesamte 4,2 Kilometer lange Erdverkabelungsstrecke in Borgholzhausen mit Hilfe der sogenannten offenen Bauweise verlegen werden", erklärte Michael Weber, Amprions neuer Öffentlichkeitsarbeiter für den Abschnitt von Hesseln bis zur Landesgrenze. Er ist der Nachfolger von Katrin Schirrmacher und weiterhin auch für den anschließenden Abschnitt auf niedersächsischem Gebiet zu ständig. In der Vorwoche stellte er sich beim Treffen des Planungsdialogs in Borgholzhausen vor.
Weber hatte dabei auch noch andere Nachrichten im Gepäck. Erfreulich dürfte für die meisten Teilnehmer sein, dass die fortgeführten Untersuchungen ergeben haben, dass der Netzbetreiber für den Bau der sogenannten Kabelübergabestationen weniger Fläche brauchen wird als ursprünglich erwartet. „Wir brauchen keine Drosseln", erklärt Michael Weber. Technisch gesehen sollen diese Apparate dazu dienen, die sogenannte Blindleistung zu kompensieren, die bei Erdverkabelungen immer mit berücksichtigt werden muss.

Das Bauwerk könne man in Größe und Platzbedarf mit einem Transformator vergleichen, führte Michael Weber im Gespräch mit dieser Zeitung aus. Allerdings brauche die Zuleitung zusätzlichen Platz. Noch steht nicht genau fest, wie groß die Übergabestationen werden, aber sie werden deutlich Grundfläche haben als bisher erwartet. Und dieser Unterschied ist erheblich. „Die Spanne bei den Kabelübergabestationen reicht von 0,8 bis 2,2 Hektar Größe", sagt Weber. Im Gegensatz zu den Flächen, auf denen die Erdkabel verlegt werden, will Amprion die Grundstücke für die Stationen nicht nur pachten, sondern unbedingt kaufen.
Dem Vernehmen nach sind die Verhandlungen nördlich des Stadtgebiets schon sehr weit gediehen, während sie südlich davon eher schwierig sind. Weniger Platzbedarf sollte die Sache erleichtern, lautet die Hoffnung der Verantwortlichen für diesen Bauabschnitt.
Für die Verlegung der Erdkabel sind die neuen Erkenntnisse kein Grund zur Freude. Der Graben, der für eine solche Leitungstrasse gebaut werden muss, hat beeindruckende Dimensionen: Er ist an den meisten Stellen 45 Meter breit. Ein Grund dafür ist die besondere Bauweise, bei der in der Mitte eine Art Fahrtrasse nicht abgebaggert wird. Die Leitungen werden dann links und rechts davon verlegt.
Jeweils sechs solcher Leitungsrohre liegen in den offenen Gräben links und rechts des Fahrwegs. Der Abstand der einzelnen Leitungen zueinander beträgt ziemlich genau 80 Zentimeter.
Probleme bei L 785 und am Violenbach
Und weil künftig über den Leitungen auch wieder schweres Gerät problemlos eingesetzt werden soll, liegen sie in etwa 1,80 Meter Tiefe. Dadurch kommen große Mengen Aushub zusammen, die während der Bauphase abgefahren und zwischengelagert werden müssen.
Der Anspruch an die Bauausführung war bei anderen Erdverkabelungsprojekten von Amprion, dass der Boden möglichst wieder dort eingebracht werden soll, wo er zuvor entnommen wurde. das erhöht den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe. Besonders knifflig dürfet es allerdings an einer Stelle werden.
Am Ortseingang aus Richtung Werther stehen die Masten der alten Starkstromleitung unmittelbar neben der Trasse der Straße Goldbrede. Die bisherige Planung sah vor, die dortige kleine Siedlung mit Hilfe eines Bohrverfahrens möglichst elegant und mit möglichst wenig Belastung für die Anwohner zu umgehen.
Derzeit wird geprüft, ob das neue Erdkabel nicht auch an dieser Stelle auf der alten Trasse geführt werden kann. An besonderen Engstellen, so führt Weber aus, könne die Trasse auch auf rund 25 Meter Breite verkleinert werden. Dazu wird ein anderes Verfahren eingesetzt, bei dem in zwei Abschnitten gebaut wird.
Eigentlich müssen Straßen von der Verkehrsbedeutung der L 785 zwingend im Bohrverfahren unterquert werden. In Borgholzhausen wird das nicht klappen, weil der Untergrund zu löchrig ist.