Borgholzhausen. Die Wahrscheinlichkeit als Knochenmarkspender für einen nicht verwandten Menschen infrage zu kommen ist verschwindend gering. Sie hängt vom Übereinstimmungsgrad bestimmter Gewebemerkmale ab und wird je nach individueller Merkmalskombination mit eins zu 10.000 bis eins zu mehreren Millionen beziffert.
„Das ist wie Weihnachten und Ostern auf einmal", sagt Alexander Worm. Denn in seinen Händen hält er den Brief, der ihm bescheinigt, dass seine Gewebemerkmale mit dem eines hilfesuchenden Patienten zu 100 Prozent übereinstimmen. Damit ist der 28-jährige Borgholzhausener wohl die einzige Hoffnung eines schwer erkrankten Menschen.
Ein Rückzieher? „Das könnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren"
Laut Angaben des Zentralen Knochenmarkspender-Registers Deutschland (ZKRD) erkranken in der Bundesrepublik pro Jahr etwa 11.000 Menschen an bösartigen Blutkrankheiten wie Leukämie. Allerdings kann nur einem Teil von ihnen allein mit Medikamenten geholfen werden. Für die meisten ist die Übertragung von Knochenmark oder Blutstammzellen die einzige Chance zu überleben.
Als sich Worm im Jahr 2014 registrieren lässt, ahnt er noch nicht, dass er tatsächlich einmal zum Lebensretter werden könnte. Damals spielt er bei den Fußballern des TuS Solbad und trainiert die Damenmannschaft des Vereins. Patrick van Diesen, Trainer der Minikicker, hat selbst schon einmal Knochenmark gespendet und kommt auf die Idee ein Jugendturnier zugunsten der landesweit größten Datenbank, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS), zu veranstalten. Mit den erwirtschafteten 4500 Euro wird eine Typisierungsaktion im Vereinsheim finanziert. Zusammen mit seiner Schwester Stefanie und 102 weiteren Leuten lässt sich Worm dort registrieren. »104 Menschen wollen Leben spenden«, titelt das Haller Kreisblatt Ende Oktober 2014.
Noch steht allerdings gar nicht fest, ob Alexander Worm überhaupt sein Knochenmark spenden wird. Dies hängt davon ab, ob der gesundheitliche Zustand des Patienten den Eingriff erlaubt. Bis Mitte März muss sich Worm jedenfalls bereit halten und Auslandsaufenthalte wie etwa Urlaube melden. Für den Zeitsoldaten bei der Luftwaffe kein Problem: „Ich hoffe definitiv darauf, dass ich das jetzt machen darf. Wenn man schon eine Übereinstimmung hat, möchte man ja auch helfen. Da hängt schließlich ein Menschenleben dran."
Bezüglich der überschaubaren Nebenwirkungen und Risiken einer Stammzellentnahme hat Worm keine Bedenken. In etwa 80 Prozent der Fälle wird eine sogenannte periphere Stammzellentnahme durchgeführt. Ähnlich einer Blutplasmaspende werden dem Spender in einem drei- bis vierstündigen Prozess die Stammzellen aus dem vorher speziell angereicherten Blut entnommen. Dabei können grippeähnliche Symptome auftreten.
In etwa 20 Prozent der Fälle ist ein operativer Eingriff erforderlich. Hierbei wird das Knochenmark unter Vollnarkose direkt aus dem Beckenknochen des Spenders entnommen. Ein Rückzieher des Spenders ist dabei jederzeit noch möglich. Für Worm ist dies keine Option: „Das könnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren."
Zwischen Spender und Patient besteht in Deutschland übrigens eine zweijährige Kontaktsperre. In dieser Zeit können sie sich nur anonym schreiben. Erst danach ist ein persönliches Kennenlernen möglich. Sofern es von beiden Seiten gewünscht wird. „Auf jeden Fall", ist sich Worm schon jetzt sicher, dass er im Fall der Fälle den Menschen kennenlernen möchte, dem er hoffentlich das Leben retten konnte.
Mit rund 7,5 Millionen Einträgen ist das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) das größte in Europa.
INFORMATION
Spenden von Knochenmark
Gespeist wird das Register von Spenderdateien. Die DKMS und die Stefan-Morsch-Stiftung sind die größten und bekanntesten Dateien, die freiwillige Spender werben und typisieren.
Die Möglichkeit der Typisierung besteht bei vielen über das Jahr und ganz Deutschland verteilten Aktionen. Über Orte und Zeiten dieser Aktionen informieren die Internetseiten der jeweiligen Spenderdateien. Darüber hinaus können dort auch sogenannte Entnahmesets angefordert werden. Diese enthalten alle notwendigen Materialen für eine Typisierung.
Als Spender kommt jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 61 Jahren infrage.
Da jede Typisirung Geld kostet, helfen den Organisationen auch reine Geldspenden weiter.

