Gespräche mit der AfD? OWL-Unternehmer ringen um Umgang mit der Partei

Bielefeld. Der Bielefelder Verleger W. Arndt Bertelsmann zeigt sich überrascht über die heftigen Reaktionen, die die teilweise Öffnung des Verbandes &bdquo;Die Familienunternehmer“ hin zur rechtsextremen AfD bundesweit ausgelöst hat. Die Verbandsvorsitzende Marie-Christine Ostermann hatte vor wenigen Tagen den schon im Frühjahr gefassten Beschluss des Verbandes verteidigt, künftig auch mit AfD-Fachpolitikern ins Gespräch zu kommen. Dies hatte die Unternehmen Rossmann und Vorwerk zum Verlassen des Verbands veranlasst, und auch der Bielefelder Baukonzern Goldbeck meldete, dass ein Austritt geprüft werde. Bertelsmann engagiert sich seit 30 Jahren für den Verband, der lange Zeit als Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger Unternehmer (ASU) bekannt war. Mehr als zwölf Jahre lang hat er den Regionalverband der &bdquo;Familienunternehmer“ in OWL geführt, er war sein ostwestfälisches Gesicht. &bdquo;Viele Mitglieder können verstehen, dass mit Vertretern der Linken ebenso wie mit AfD-Politikern geredet wird, um eine Totalausgrenzung zu vermeiden“, sagt Bertelsmann. Denn Ausgrenzung könne zu merkwürdigen Effekten führen – etwa zu Trotzreaktionen. &bdquo;Und wir folgen damit auch der Linie der öffentlich-rechtlichen Sender und anderer Medien, die ebenfalls mit Vertretern der AfD reden“. Er könne dort &bdquo;eine Parallelität“ entdecken. CDU-Politiker Wieneke: Verband besser von innen zu beeinflussen Sein Verbandskollege Tobias Wieneke, der aktuell der Regionalvorsitzende für OWL ist, will den Verband nicht verlassen. Er ist der Meinung, dass von innen mehr verändert werden kann als von außen. Der Verband sei gerade für kleine Unternehmen wichtig, um ihre Interessen in Berlin zu vertreten. &bdquo;Ich kann aber für mich als Person und Unternehmer eine Zusammenarbeit mit der AfD weiterhin grundsätzlich ausschließen.“ Wieneke ist Geschäftsführer der gleichnamigen Firma für Anlagenbau und Verfahrenstechnik in Bad Driburg und dort für die CDU politisch tätig. &bdquo;Nichts, was diese Partei auszeichnet, stimmt mit meinen Werten überein“, sagt er. Er weiß aber aus Treffen mit Verbandskollegen aus Ostdeutschland, dass diese den Bürgermeister des Ortes bei Veranstaltungen gelegentlich einladen. &bdquo;Wenn dieser dann von der AfD gestellt wird, dann ist das eine Herausforderung.“ Nachdem sich zunächst Bau-Riese Goldbeck aus Bielefeld und Kaffeeröster Melitta aus Minden kritisch zum Umgang mit der AfD und einer drohenden Aufweichung der &bdquo;Brandmauer“ geäußert haben, äußern sich jetzt auch weitere ostwestfälische Wirtschaftsexperten. Bielefelder Professorin ermahnt den Verband Die Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Bielefeld, die in der Vergangenheit Veranstaltungen mit dem Verband gemacht hat, betont, als &bdquo;Körperschaft des öffentlichen Rechts gesetzlich zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet“ zu sein. Man bewerte keine einzelnen Parteien. Dennoch stehe man für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. &bdquo;Politische Positionen, die dem widersprechen, lehnen wir ab“, heißt es auf Anfrage. &bdquo;Dazu gehören auch Forderungen, die die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte einschränken oder sogar die Ausweisung ausländischer Arbeitskräfte vorsehen, die EU-Mitgliedschaft infrage stellen oder den Austritt aus der Eurozone propagieren – alles Maßnahmen, die für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und den Wohlstand in Deutschland kontraproduktiv wären.“ Die Bielefelder Universitäts-Professorin Christina Hoon, Inhaberin der Stiftungsprofessur für die Führung von Familienunternehmen, zeigt prinzipiell Verständnis für die Entscheidung, &bdquo;die AfD nicht länger aus Debatten auszuschließen“. Denn Demokratie bedeute, &bdquo;im Gespräch zu bleiben, Positionen offen auszutauschen und auch kontrovers zu diskutieren.“ Ob es jedoch die Aufgabe des Verbandes wäre, &bdquo;eine Partei zu entzaubern“, das &bdquo;sehe ich wie viele Mitglieder kritisch.“ Hoon mahnt: &bdquo;Der Verband sollte jetzt seine Kernaufgaben wieder in den Mittelpunkt stellen, um wirksam die Interessen der Familienunternehmen zu vertreten, Made in Germany zu stärken und verantwortungsvolles Familienunternehmertum zu fördern.“ Goldbeck sieht Unternehmensführung als Frage der Haltung Verbandsmitglied Miele betont in einer Stellungnahme, dass man in dem Gütersloher Unternehmen zur Demokratie stehe und antidemokratische Positionen ablehne. Auf die Frage, wie der Haushaltsgerätehersteller diese Position mit dem Vorstoß des Verbandes vereinbaren möchte, antwortete das Unternehmen nicht. Die Oetker Collection KG, die dem Verein ebenfalls angehört, wollte sich auf Nachfrage &bdquo;zu politischen Themen nicht äußern“. So hält man es auch beim Harsewinkler Landmaschinenhersteller Claas. In der Regel sei ein Dialog zwischen Wirtschaft und Politik zu begrüßen, so das Unternehmen. &bdquo;Wir distanzieren uns jedoch klar von extremistischen Positionen und erwarten, dass politischer Dialog stets auf einer eindeutigen demokratischen Wertebasis erfolgt“, betont ein Claas-Sprecher. Am Mittwoch hatte das Bauunternehmen Goldbeck mitgeteilt, über die Frage nachzudenken, ob die Mitgliedschaft in dem Verband &bdquo;noch mit unseren Werten vereinbar ist“. Die Werte, auf denen Goldbecks Handeln beruhe, seien &bdquo;Menschlichkeit, Vertrauen, Verantwortung, Leistung und Pioniergeist“. Zuvor hatte der geschäftsführende Gesellschafter Jan-Hendrik Goldbeck auf Linkedin gepostet, bei der Führung eines Familienunternehmens gehe es &bdquo;vor allem um Haltung“. Private Unternehmen machen Front gegen die AfD Einige privatwirtschaftliche Unternehmen haben in den vergangenen Wochen unterdessen ernst gemacht mit ihrem Widerstand gegen die AfD. Die Verbundvolksbank OWL mit Sitz in Paderborn hat mehreren Kreisverbänden der AfD die Konten gekündigt – darunter dem Kreisverband Bielefeld und den Kreisverbänden Paderborn und Minden-Lübbecke. Die Deutsche Bank hatte dem Verband &bdquo;Die Familienunternehmer“ einen bestehenden Mietvertrag für eine Veranstaltung in einer Berliner Niederlassung der Bank aufgelöst. Der Verband hatte erstmals auch Vertreter der AfD eingeladen. Der Verband der &bdquo;Familienunternehmer“ betont auf seiner Internetseite unterdessen, dass er sich schon in der Vergangenheit &bdquo;klar gegen die AfD ausgesprochen“ habe und die Partei als &bdquo;Wirtschaftsrisiko“ erkannt habe.

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