Die K-Frage der SPD: Scholz oder Pistorius? | Haller Kreisblatt

Es gibt einen, der zeigt sich sehr sicher, wie es weitergeht. Aber es gibt andere, die Raum für Interpretationen lassen. So viel Raum, dass sie nun wieder da ist: die K-Frage, die Kanzlerkandidaten-Frage. Diesmal liegt sie nicht bei der Union, die sich darüber 2021 so zerlegt hat, dass die Wahl für sie verloren ging. Die K-Frage schwebt dieses Mal über der SPD. Kommunalpolitiker haben sie aufgeworfen: Zwei Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete und der Münchener Oberbürgermeister Dieter Reiter finden, die SPD solle Verteidigungsminister Boris Pistorius zum Kanzlerkandidaten machen. Ob sie mit ihrem Drängen Erfolg haben werden, scheint offen. Denn in den Umfragen hängt die SPD seit Monaten um die 15 Prozent fest. Auch Scholz persönliche Werte sind nicht glänzend. Auf Platz 19 von 20 Spitzenpolitikern sieht ihn das Institut Insa in einer Umfrage im &bdquo;Bild“-Auftrag – die Skala führt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) an. Allerdings liegt darin auch CSU-Chef Markus Söder vor CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Aber auch laut ARD-Politbarometer des Umfrageinstituts Infratest dimap läuft es für Scholz nicht optimal: 45 Prozent der SPD-Anhänger halten ihn demnach für einen guten Kanzlerkandidaten. 47 Prozent hätten doch lieber einen anderen. Ach, was sind schon Umfragen – so sieht Olaf Scholz das. Sind Sie sicher, dass Sie nochmal Kanzlerkandidat werden, fragt ihn in der ARD am Sonntag die Moderatorin Caren Miosga. Scholz antwortet mit nur einem Wort: &bdquo;Ja.“ Er garniert es mit einem Lächeln. Hatte er daran je Zweifel? Noch ein Wort: &bdquo;Nein.“ Dass er findet, dass er ein guter, umsichtiger Kanzler ist und gewesen ist, hat er da schon ausgeführt. Dass er &bdquo;etwas cooler“ sei als Merz, fügt er noch hinzu. Und auch vor der letzten Bundestagswahl habe die SPD in Umfragen hinten gelegen und dann sei er doch Kanzler geworden. Was die Scholz-Kritiker sagen Wenn das dann mal seine Partei auch so sieht. Scholz habe es &bdquo;nicht geschafft, die Menschen mitzunehmen und Führungsstärke zu kommunizieren“, kritisieren Tim Stoberock und Markus Schreiber, die Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordneten. &bdquo;Wir glauben, dass das negative Bild, das die Menschen im Land von ihm haben, nicht mehr zu reparieren ist.“ Sie empfehlen Pistorius, der nahbarer wirkt und nicht das Label &bdquo;gescheitert“ mit sich trägt. Das muss noch nichts heißen. Pistorius sitzt am Montag auf der Bühne des Wirtschaftsforums der &bdquo;Süddeutschen Zeitung“ in Berlin. Der Minister hat über weltweite Krisen und Rüstungskapazitäten gesprochen. Wie ist das mit der Kanzlerkandidatur, wird er dann gefragt. &bdquo;Wir haben einen Bundeskanzler und der ist der designierte Kanzlerkandidat“, antwortet Pistorius. &bdquo;Ich sehe niemand in der Partei, der daran etwas verändern will.“ Stoberock, Schreiber, und auch den Münchner Oberbürgermeister ignoriert er einfach mal. Kandidatentausch noch kurz vor der Wahl? Und ein Wort weist auf etwas hin, was die Unsicherheit erhöht: &bdquo;Designiert“ ist Scholz, wohl wahr. Aber ein formeller Beschluss fehlt noch. Der sollte auf einem Parteitag im Frühsommer fallen, wegen des neuen Wahltermins wird es nun wohl Ende Januar oder Februar. Ein Beschluss des Parteivorstands ist davor nicht geplant. Das lässt Zeit für Spekulationen – und es ließe Zeit dafür, Stimmungen aufzunehmen, zu sehen, ob mit Scholz das Aufholen wirklich noch klappt. Es wäre dann ein sehr knapper Wechsel vor der Wahl – die US-Demokraten hatten sich für ihren Kandidatentausch mehrere Monate Vorlauf gegeben. Und auch das hat nicht geklappt. &bdquo;Olaf Scholz ist der richtige Kandidat“, sagt Fraktionschef Rolf Mützenich und verweist auf dessen Erfahrung, Kompetenz und die &bdquo;notwendigen Emotionen“. Dennoch: Aus manchen Statements lässt sich ein Abwarten herauslesen. SPD-Chef Lars Klingbeil, der einen Tausch mit einleiten müsste, sagt am Wochenende auf einer Parteiveranstaltung, es gehe darum, &bdquo;den Fokus auf die Frage zu richten, wer dieses Land in Zukunft führen soll – die SPD oder die Merz-CDU“. Scholz-SPD sagt er nicht. Oft hat die Parteiführung den Kanzler ermahnt, in der Koalition etwas mehr sozialdemokratisches Profil sichtbar zu machen. Der Kopf auf den Wahlplakaten SPD-Generalsekretär Matthias Miersch weicht am Montag der Frage aus, ob es schon vor dem Parteitag Scholz-Wahlplakate geben werde: &bdquo;Das ist alles im Moment im Fluss.“ Er schiebt es auf Papier- und Druckkapazitäten. Pistorius sagt auf der SZ-Veranstaltung, er gehöre &bdquo;nicht zum Inner Circle“ um den Bundeskanzler – so viel Distanz muss sein. Am Dienstag wiederholt der Minister am Rande eines Öffentlichen Gelöbnisses der Bundeswehr in Hannover den Spruch vom guten Bundeskanzler und designierten Kanzlerkandidat. Aber er sagt auch, er leide nicht an &bdquo;Ausschließeritis“. All das mag Zufall sein, es muss nichts bedeuten. Aber es kann. Im Willy-Brandt-Haus bereiten sie derweil für den 30. November eine &bdquo;Wahlsieg-Konferenz“ vor. Alle Bundestagskandidaten sollen daran teilnehmen, lange sei das schon geplant. Scholz soll dort als Kanzler präsentiert werden. Pistorius wird wohl auch kommen, er kandidiert im Wahlkreis Hannover II.

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