Die AfD schadet der Wirtschaft. Abschottungspolitik bremst den Außenhandel, Remigrationsfantasien verschärfen den Fachkräftemangel. Daher wollen die großen Konzerne und Wirtschaftsverbände – bisher – mit der Rechtspartei nichts zu tun haben.
Doch auch diese Brandmauer bröckelt. Der Verband „Die Familienunternehmer“, eine Lobbyorganisation mit 6.500 industriellen Schwergewichten, sucht nach dem Ende der FDP als parlamentarischer Kraft neue Ansprechpartner. Die AfD fand man dort schon in ihren Anfangstagen sexy, als es noch um die Eurorettung ging. Jetzt will man sich wieder in Stellung bringen, falls die Partei doch einmal irgendwo an den Schalthebeln der Macht sitzen sollte.
Man wähnt sich an der richtigen Adresse. Weniger Regulierung, keine Rücksichten auf Klimaschutz, ein Aus für das Verbrenner-Aus – all das verspricht die AfD. Parteichefin Alice Weidel war in der libertären Hayek-Gesellschaft aktiv, Fraktionsvize Beatrix von Storch ist es noch.
Heckenschere statt Kettensäge
Der argentinische Kettensägen-Mann Javier Milei ist für viele in der AfD ein Vorbild, auch für die Spitzenkandidaten Markus Frohnmaier in Baden-Württemberg und Leif-Erik Holm in Mecklenburg-Vorpommern. Auch wenn der eher vorsichtig agierende Holm lieber von der „Heckenschere“ spricht, mit der er dem Staatsapparat zu Leibe rücken will.
Holm war es auch, der bei einer Plenarrede im Bundestag seine Kontakte zu den „Familienunternehmern“ herausstellte – es klang, als sei er im engsten Austausch, dabei war er nur mit einer Reihe Abgeordneter aller Fraktionen zum „Parlamentarischen Abend“ geladen. Die AfD versucht gern, ihren Draht zur Wirtschaft als enger darzustellen, als dieser zum jetzigen Zeitpunkt ist.
Ulrich Siegmund zum Beispiel, Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, will 1,5 Millionen Euro an Wahlkampfspenden einsammeln und setzt dabei auch überregional auf Unternehmer, die mit ihm von einem AfD-Musterland träumen, in dem „die Leistungsbereiten belohnt werden“.
Opportunismus schadet nur
Es laufe gut, sagt Siegmund. Einige Unternehmer seien überzeugte Parteigänger, andere wollten sich absichern für eine unklare politische Zukunft. Was sie alle gemeinsam haben: Mit Namen treten sie nicht auf, ihre Spenden bewegen sich unterhalb der Veröffentlichungsgrenze. Ähnlich berichtet es Holm.
Wie nah Verbände und einzelne Wirtschaftsvertreter vor allem im Osten bereits an die AfD gerückt sind, bleibt daher spekulativ. Dass Unternehmer aber überhaupt den Kontakt zu einer in großen Teilen rechtsextremen Partei suchen, muss ein Warnsignal sein. Dabei ist es gleich, was ihre Motivation ist: ob sie sich von ihren bisherigen politischen Ansprechpartnern nicht mehr gehört fühlen oder ob sie opportunistisch neue Gesprächskanäle eröffnen wollen. Wenn die Wirtschaft der AfD hinterherläuft, setzt sie sich zwischen alle Stühle.