Meinung

Europäische Verhandlungen mit dem Iran in Genf: Nichts unversucht lassen

Die Gespräche von Genf waren richtig – allen Zweifeln zum Trotz. Denn am Ende wird jede Waffenruhe am Verhandlungstisch unterschrieben, meint Steven Geyer.

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul (2.v.r, CDU) spricht mit dem französischen Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten, Jean-Noel Barrot (l.), David Lammy, Außenminister von Großbritannien, und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, um mit ihren iranischen Amtskollegen Nukleargespräche zu führen. | © Philemon Henry/-/

20.06.2025 | 20.06.2025, 17:51

Bei Putin ist die Sache immerhin klar. Jahrelang hatte der Kremlchef der Ukraine in Aufsätzen und Ansprachen gedroht, ihr die Staatlichkeit abgesprochen, kriegerische Angriffe gegen das Land unterstützt. Weil es aber das Abkommen von Minsk gab und Putin im Gespräch mit Deutschland und Europa blieb, war es im Westen lange eine Glaubensfrage, ob er ernst machen würde. Bis 2022.

Als an diesem Freitag in Genf die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien ihren iranischen Kollegen Araghtschi empfingen, stand die Welt im Konflikt mit dem Iran noch immer am Punkt der Glaubensfragen: Wie ernst meint es Teheran damit, Israel auslöschen zu wollen? Treibt es dafür sein Atomprogramm voran – allen Dementi der Mullahs zum Trotz? Lohnt es überhaupt, an einer Neuauflage des Atomdeals zwischen EU und Iran zu arbeiten, dem 2015 auch Amerikaner und Russen zustimmten?

Wenn man ehrlich ist, folgte schon dieses Abkommen dem Prinzip Hoffnung: Wer wollte, konnte den Mullahs abnehmen, dass sie nur friedliche Kernenergie und Israel lediglich ideologisch vernichten wollen. Nur musste man dafür – wie bei Putin nach Minsk – ignorieren, dass die Drohungen, die Aufrüstung und die Repression gegen das eigene Volk nicht nachließen.

Ein Machtwechsel in Iran muss vom Volk erzwungen werden

Es mag Alarmismus, Paranoia oder vorgeschoben gewesen sein, dass Israels Premier Netanjahu den Mullahs die Läuterung nie abnahm. Und er hatte gute Gründe – allein die iranische Unterstützung der anti-israelischen Terrorbanden in der gesamten Region. Kein Wunder, dass er Donald Trump in dessen erster Amtszeit als US-Präsident überreden konnte, das Iran-Abkommen aufzukündigen.

Leider hat das die Lage verschlimmert: Die Eskalation, die seitdem einsetzte, gipfelt nun in einem Nahostkrieg, der dringend beendet werden muss. Wegen des zivilen Leids auf beiden Seiten – aber auch, weil ein Machtwechsel in Iran vom Volk erzwungen werden muss, damit er konstruktiv und nachhaltig ist. Das zeigt die gesammelte Erfahrung mit „Regime Changes“ in Nahost eindeutig.

Teheran ist zu Gesprächen bereit

Auch deshalb waren die Gespräche von Genf richtig und nötig – allen berechtigten Zweifeln zum Trotz. Es stimmt ja, dass Netanjahu sich nicht um die Meinung der Europäer schert. Es stimmt, dass die USA militärisch wie politisch die entscheidende Kraft für den Kriegsverlauf sind. Davon, wie Trump nach den zwei Wochen Bedenkzeit über seinen Kriegseintritt entschiedet, hängt vieles ab. Aber nicht alles.

Denn am Ende wird jede Waffenruhe am Verhandlungstisch unterschrieben – und wenn Teheran es schon anders macht als Moskau und zu hochrangigen Gesprächen bereit ist, muss man sie auch führen. Vielleicht als „guter Bulle“, der einen gesichtswahrenden Exit-Plan vermittelt. Vielleicht, um zu demonstrieren, dass Europa noch an Diplomatie und Völkerrecht glaubt. Oder einfach, um nichts unversucht zu lassen – nicht mal das Prinzip Hoffnung.