Meinung

Israel-Iran-Krieg: Wegsehen ist für Deutschland keine Option

Israel und der Iran führen Krieg. Vieles spricht für eine aktive Rolle der deutschen Politik, meint unser Autor.

Israels Außenminister Gideon Saar (l.) und der deutsche Außenminister Johann
Wadephul (CDU) haben anlässlich des Krieges zwischen Israel und dem Iran
erneut telefoniert. | © Kay Nietfeld/dpa

Markus Decker
15.06.2025 | 15.06.2025, 14:49

Wie verfahren die Lage ist, zeigt eine Meldung vom 11. Februar 2005 (!). Damals ermahnte der grüne Außenminister Joschka Fischer den Iran, auf sein Atomprogramm zu verzichten und demokratische Reformen voranzutreiben. Würde das Mullah-Regime im Gegenzug mehr Handel treiben können, werde es im Nahen Osten „auf der Gewinnerseite“ stehen. Es dürfe „sich nicht verrechnen“, so Fischer vor über 20 Jahren.

Der aktuelle Außenminister Johann Wadephul ist der siebte Amtsinhaber nach ihm. Und es scheint sich nichts verändert zu haben. Tatsächlich hat sich aber viel verändert, und das nicht nur, weil offener Krieg herrscht. Die Islamisten in Teheran stehen dem Vernehmen nach kurz davor, Atomwaffen zu entwickeln. Ihre Verbündeten, die Hisbollah im Libanon und die Hamas in Gaza, sind vernichtend geschlagen, Syrien hat sich abgewandt. Unterdessen ist Israel mit einer in Teilen rechtsextremistischen Regierung unter Opfern zur Regionalmacht aufgestiegen.

Und auch das ist anders geworden: Während Deutschland, Frankreich und Großbritannien seinerzeit mit dem Iran über ein Abkommen verhandelten, in dem das Land sein Atomprogramm aufgeben und im Gegenzug Handelserleichterungen bekommen sollte, spielen Europas Mittelmächte nur noch am Rande eine Rolle. Ausschlaggebend ist allein, was der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu tut – und ob er die Rückendeckung von US-Präsident Donald Trump hat. Die gegenwärtige ist wie die vorherige Bundesregierung faktisch ohne Einfluss.

Netanjahu will auch die Mullahs stürzen

Natürlich geht es um völkerrechtliche Lösungen. Die aber sind längst so weit entfernt wie die Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser. Im Kern muss es jetzt um ein Ende des Krieges ebenso gehen wie um ein Ende des iranischen Atomprogramms. Beide Ziele unter einen Hut zu bringen, erscheint indes nahezu illusionär. Schließlich verfolgt Netanjahu nun noch dazu das Ziel, die Mullahs zu stürzen. Das wiederum wäre völkerrechtlich nicht legitimiert, vielen Iranern allerdings fraglos recht. Gleiches gilt für die zahlreichen Exil-Iraner in Deutschland – und wohl nicht zuletzt für die Bundesregierung. Ein rascher Regime-Change in Teheran wäre vermutlich im Sinne aller Beteiligten, außer der Betroffenen.

Ein langer Krieg ist es hingegen weder für die gebeutelten Menschen in der Krisenregion Nummer eins auf der Welt noch für Deutschland. Letzteres gilt ökonomisch. Im Zuge des Krieges steigen die Ölpreise. Transportwege in der Luft und auf See werden massiv beeinträchtigt.

Es gilt darüber hinaus innenpolitisch. Denn Deutschland wird – letztlich mit Recht – als Verbündeter Israels wahrgenommen. Die Folge sind wachsende Israelfeindlichkeit und Polarisierung bei uns. All das spricht für eine aktive Rolle der deutschen Politik. Wegsehen ist keine Option.