Meinung

Waffenlieferungen nach Israel – es stehen schmerzliche Entscheidungen an

Israels Vorgehen in Gaza heizt die Debatte an, ob die deutsche Regierung Waffenverkäufe an das Land weiter genehmigen sollte. Einfach ist die Antwort auf diese Frage nicht.

7. Juni 2025: Nach einem israelischen Angriff auf die Stadt Beit Lahia im Norden des Gazastreifens steigt Rauch auf. Das Gebiet ist weitgehend zerstört und wird weiterhin bombardiert. | © Saeed Qaq/ZUMA Press Wire/dpa

Steven Geyer
08.06.2025 | 08.06.2025, 14:45

Israel war immer eine Ausnahme, und es war gut so. Zwar haben sich die Deutschen die Regel gesetzt, dass deutsche Kriegswaffen nur mit Regierungsgenehmigung ins Ausland und dann aber im Normalfall nicht in Krisengebiete verkauft werden dürfen.

Dass Israel solche Waffen aus Deutschland kaufen darf, hat aber gute Gründe: Da ist seine Rolle als einzige Demokratie im Nahen Osten und als enger Verbündeter, dessen Bereitschaft zu Versöhnung den Deutschen nach Weltkrieg und Holocaust die Rückkehr in die Völkergemeinschaft erst ermöglichte. Und da war der Grund, dass der kleine jüdische Staat seit seiner Gründung auf dem Gebiet, wo Juden seit 3000 Jahren leben, den Angriffen feindlicher Nachbarn und Terroristen ausgesetzt war.

Und doch hat sich die Lage geändert. Laut neuen Umfragen sind inzwischen drei von vier Deutschen dagegen, dass deutsche Kriegswaffen nach Israel gehen.

Wohlgemerkt: Anders als bei den Waffenlieferungen an die Ukraine geht es nicht um staatliche Unterstützung mit Rüstungsgütern, sondern allein um die Genehmigung, dass Israel sie einkauft. Dass das 75 Prozent der Deutschen nicht mehr wollen, kann weder Bundesregierung, noch Israel egal sein - aus israelischer Sicht schon wegen der Menge der Exporte: Allein in den letzten anderthalb Jahren Waffen fast 500 Millionen Euro.

Vergebliche Appelle auch schon vor Merz

Ebenso wichtig sollte dem Land die Meinung der Deutschen sein, weil hier alle politischen Kräfte der Mitte wie auch weite Teile der Gesellschaft traditionell zu Israel stehen. Die politische Freundschaft basiert auf persönlichen Verbindungen ihrer Spitzenpolitiker, als auch auf Überzeugungen in der Bevölkerung. Das hat Botschafter Ron Prosor bestätigt, als er der Kritik von Bundeskanzler Friedrich Merz an der Lage in Gaza jüngst „sehr gut zuhören wollte, weil er ein Freund ist“.

Leider ist aus dem Zuhören bisher nichts gefolgt. Schon vor Merz hatten die Ampel-Regierung, der Bundespräsident und der neue Außenminister an Israel appelliert, die Zivilbevölkerung in Gaza zu schonen. Vergebens.

Es ist dennoch nicht ausgerechnet Deutschlands Rolle, das anzuprangern. Es gibt ausreichend Staaten mit einer weniger schmerzvollen Geschichte - es müssen nicht gerade die Deutschen sein, die deren Mahnungen übertreffen. Allzu oft schwang in den Jahren nach Kriegsende in solcher Kritik an Israel die Sehnsucht mancher Deutschen mit, den Holocaust zumindest ein bisschen zu relativieren. Bis heute ist es für Gegner wie für Befürworter von Waffenlieferungen ratsam, zur Begründung nicht mit dem deutschen Völkermord zu hantieren.

Frage der Waffenexporte ist deutsche Frage

Die Frage der Waffenexporte allerdings ist eine deutsche Frage. Es geht um deutsche Produkte, deren Verkauf eine deutsche Regierung genehmigt. Also muss darüber eine Debatte in Deutschland geführt werden. Und tatsächlich fängt sie nun erst an. Außenminister Wadephul hat gerade erfahren, wie schwierig sie ist, als er scharfen Widerspruch aus der eigenen Partei provozierte, weil er bei der Genehmigung auch die Einhaltung des Völkerrechts in Gaza berücksichtigen wollte.

Das Vertrackte ist: Er hatte ebenso recht wie seine Kritiker, die Israel nicht schutzlos den Raketen aus Jemen, Libanon und Gaza ausliefern wollen.

Selbst falls diese nötige Debatte so zivilisiert und zurückhaltend läuft, wie man kaum zu hoffen wagt, ist klar: Für Deutschland stehen schmerzhafte Entscheidungen an.

Wegen Israels Vorgehen in Gaza sind 75 Prozent der Deutschen dafür, Waffenlieferungen vorerst zu stoppen.