Meinung

NRW-Gericht kippt Kommunalwahlgesetz: Ein Lehrstück der Demokratie

Was nach einem sperrigen Streit unter Mathematikern aussieht, hat wichtige Auswirkungen auf die Parlamente. Deshalb ist das Urteil eine gute Nachricht, meint unser Autor.

Der Verfassungsgerichtshof in Münster hat über das Organstreitverfahren wegen der Änderung des Kommunalwahlgesetzes verhandelt. | © Friso Gentsch/dpa

Ingo Kalischek
21.05.2025 | 21.05.2025, 05:00

Wenige Monate vor den Kommunalwahlen in NRW kommt das einem kleinen Paukenschlag gleich: Die Verfassungsrichter in Münster kippen das Kommunalwahlgesetz. Das hatten CDU, Grüne und SPD in seiner jetzigen Form erst vor einem Jahr beschlossen. Für sie ist das Urteil eine Klatsche; für kleine Parteien hingegen eine gute Nachricht. Die wird konkrete Auswirkungen auf die Sitzverteilung in den Rathäusern im Land haben.

Konkret dreht es sich bei dem sperrigen Streit um folgende Frage: Wie werden Wählerstimmen in Parlamentssitze umgerechnet? Wann wird bei einer krummen Prozentzahl auf und wann abgerundet? Dazu haben Fachleute unterschiedliche Ansichten.

CDU, Grüne und SPD meinen, dass die Methode der vergangenen Jahre kleine Parteien systematisch bevorzuge, weil diese von den Rundungseffekten überproportional profitieren würden. Tenor: Eine Partei mit 1,5 Sitzen könnte so statt eines Sitzes zwei bekommen, was sich prozentual stärker auswirken würde, als wenn sie an Parteien mit mehr Sitzen gehen würden. Deshalb haben die drei Parteien das Wahlrecht 2024 geändert – und auch argumentiert, dass sie sich vor einer weiteren Zersplitterung der Kommunalparlamente sorgten.

Kleine Parteien sahen sich durch die Änderungen benachteiligt

Die kleinen Parteien sehen das natürlich anders: Sie fühlen sich durch die neue Regel benachteiligt und monieren, dass nicht mehr jede Wählerstimme das gleiche Gewicht für die Zusammensetzung eines Parlaments besitze. Laut Berechnungen der FDP auf Grundlage der Wahlen 2020 würden Kleinparteien im Land mehrere Hundert kommunale Mandate verlieren.

Das Gericht gibt den kleinen Parteien nun recht, wenn auch mit auffällig knappem Votum von vier zu drei Stimmen. Egal, welche mathematische Methode nun die angemessenste sein mag: Das juristische Verfahren ist ein Lehrstück der Demokratie.