Kommentar

Die USA stehen am Scheideweg

Wenn Macht und Reichtum sich zusammentun, ist Gefahr im Verzug. Wichtiger als Einzelfragen wie der Ukraine-Krieg oder der Panamakanal ist die Frage: Driften die USA in die Autokratie ab?

Donald Trump, der neue Präsident der USA. | © picture alliance/dpa/AP

Carsten Heil
20.01.2025 | 20.01.2025, 16:36

Es mag Zufall sein oder auch ganz genau kalkuliert. Nachdenklich macht es jedenfalls. Ausgerechnet am Tag der Amtseinführung von Donald Trump veröffentlicht die gemeinnützige Organisation Oxfam eine Untersuchung. Die besagt, dass es weltweit immer mehr Milliardäre gibt. Allein in Deutschland 130. Und das Vermögen der Milliardäre wächst und wächst.

Und wie es so kommt, schmeißen sich in den USA genau diese Reichsten der Reichen an Trump ran. Elon Musk ist nur ein Beispiel. Auch etliche andere sind schon vor der Amtseinführung zu ihm gepilgert und haben mehr oder weniger Unterwürfigkeit versprochen, wenn man den Berichten dazu Glauben schenken kann. Spätestens wenn Macht und Reichtum sich zusammenrotten, ist Gefahr im Verzug für die Demokratie. Da geht es nur noch um die Interessen einiger weniger auf Kosten der Allgemeinheit.

Trump ist nun mal gewählt in einem demokratischen Verfahren. Ob es einem passt oder nicht. Die Frage in den USA ist nur: Ist die nächste Wahl in vier Jahren auch noch ein demokratisches Verfahren? Oder hat Trump mit der Fülle von Präsidentschaftsbefugnissen genau das dann schon zumindest ausgehöhlt oder sogar zerstört? Ist einer der liberalsten, freiheitlichsten Staaten auf dem Weg in autokratische Strukturen? Das ist eine der entscheidenden Fragen in der Präsidentschaft Trumps.

Gleiten die USA in die Autokratie ab?

So bitter es ist, sie ist langfristig wichtiger als die Frage, ob die Ukraine 20 Prozent ihres Staatsgebietes an den Kriegsverbrecher Putin abgeben muss, um wenigstens zeitweise Ruhe zu haben. Oder mit welcher Radikalität Trump Einwanderer aus den USA vertreibt. Oder den Panamakanal besetzt. Denn wenn das mächtigste und wirtschaftlich stärkste Land der Erde in die Autokratie abgleitet, wird es für die kleineren Demokratien übel werden. Auch für Europa, wo die Liberalität schon mehr als nur angenagt ist. Zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten driften in den rechten Populismus ab.

Deshalb ist der Ansatz von Bundeskanzler Olaf Scholz richtig, die Länder des globalen Südens einzubeziehen, die noch um Demokratie ringen. Nicht gelungen ist es ihm, Europa zu stärken und zu einen, denn das wäre der zweite Hebel, um mit einem anderen Amerika klar zu kommen. Denn wenn eines wohl sicher ist: Die USA werden nach vier Jahren Trump im Weißen Haus ein anderes Land und ein anderer Partner sein.

Wenn die USA eine Demokratie bleiben, besteht immer die Chance auf einen Machtwechsel als Wesenskern. Sollte es Trump und seinen Milliardären gelingen, diese Struktur umzubauen und sich über eine Wahlperiode hinaus die Macht zu sichern, haben wir eine andere Welt.