Kommentar

Wir müssen ständig daran arbeiten, unsere Welt sicherer zu machen

Nach dem Anschlag in Magdeburg ist eine Debatte über die Sicherheitsfrage entbrannt. Diese sollte aber nicht von außen beeinflusst werden, kommentiert unser Autor.

Mit Blumen und Kerzen drücken Menschen ihre Trauer über den Anschlag in Magdeburg aus. | © dpa

Jörg Rinne
22.12.2024 | 22.12.2024, 15:57

Es ist ein mögliches Tatmotiv, das es so bei einem Anschlag in Deutschland noch nicht gegeben hat: „Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen“ gab Taleb A. als Grund für seine Horrorfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt an.

Der 50-Jährige hat sich in Deutschland radikalisiert – aber nicht als Islamist. Er passt also nicht in ein übliches Raster. Trotzdem stellt sich die Frage, ob die Gewalttat hätte verhindert werden können. Denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhielt bereits im Sommer 2023 Hinweise zu dem Täter. Sicherheitsexperten weisen darauf hin, dass es eine Flut von Informationen von Tausenden von Leuten gibt, die im Internet radikale Botschaften senden. Es ist also durchaus schwierig zu erkennen, wer es am Ende tatsächlich ernst meint.

Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte die amerikanische Plattform „RAIR“, die sich selbst als antimuslimische Graswurzel-Organisation beschreibt, ein Interview mit dem Arzt Taleb A.. Darin wirft dieser der deutschen Polizei vor, „geheime Operationen“ durchzuführen und das Leben von saudischen Asylsuchenden, die sich vom Islam losgesagt hätten, gezielt zu zerstören. Zudem äußerte er sich als Fan von X-Inhaber Elon Musk, der Positionen der amerikanischen Rechten vertritt und der AfD, die die gleichen Ziele wie er selbst verfolge.

Gesellschaftliche Fehlentwicklung

Gerade die Musk-Plattform bietet radikalen Gruppierungen die Möglichkeit, mit ihrer Propaganda ein breites Publikum zu erreichen. Extremistische Gruppierungen nutzen die Reichweite dieser Plattform, um Hass und Desinformation zu verbreiten.

Wie kann dieser gesellschaftspolitischen Fehlentwicklung begegnet werden? Eines zeigt sich deutlich, die Verantwortung für die Eindämmung dieser Gefahr kann nicht dem Betreiber der Plattform überlassen werden, denn Musk nutzt gerade diese Polarisierung, um seine kruden politischen und in erster Linie ökonomischen Interessen durchzusetzen. Anstand und Toleranz sind für den US-Milliardär Fremdworte. Nicht nur deshalb wirken plumpe Anbiederungen aus der deutschen Politik – wie jüngst von FDP-Chef Christian Lindner – verstörend. Musk darf keinen relevanten Einfluss auf die deutsche Politik und die bevorstehende Bundestagswahl bekommen.

Viele Fragen zum Anschlag in Magdeburg werden noch zu beantworten sein. Dazu zählt auch das grundsätzliche Sicherheitskonzept für derartige große öffentliche Veranstaltungen. Denn es ist schon verwunderlich, wie es Taleb A. gelingen konnte, mit einem Fahrzeug auf einen Weihnachtsmarkt in Deutschland zu fahren. Wir werden unsere Welt nicht komplett sicher gestalten können. Wir müssen aber ständig daran arbeiten – analog und digital.