Kommentar

Marode Brücken sind ein Armutszeugnis für NRW

Jahrzehntelange Versäumnisse bei der Infrastruktur haben Folgen. Einst war das dichte Verkehrsnetz ein Fortschrittsmotor, nun ist es zum Mahnmal des Stillstands geworden.

Ein Schild weist auf einer Autobahn auf Brückenschäden hin. | © Dpa

Andrea Rolfes
30.09.2024 | 30.09.2024, 15:13

Die marode Infrastruktur unseres Landes steht sinnbildlich für jahrzehntelange politische Planungs- und Investitionsversäumnisse. Wer im Stau vor einer maroden Autobahnbrücke steht, am Bahnsteig auf den verspäteten ICE wartet oder sein Auto über Schlaglochpisten nach Hause manövriert, spürt den Stillstand.

Besonders betroffen sind die Verkehrswege, die jahrzehntelang das Rückgrat der Wirtschaft und des täglichen Lebens bildeten. Von den 100 marodesten Autobahnbrücken in Deutschland, die mindestens 50 Meter lang sind, stehen allein 20 in Nordrhein-Westfalen – so viele wie in keinem anderen Bundesland.

Bei einigen Bauwerken besteht bereits Einsturzgefahr. Stand- und Verkehrssicherheit: ungenügend. Die Tragfähigkeit vieler Brücken ist durch den steigenden Schwerlastverkehr erschöpft.

Ursachen und Probleme

Was früher für die Verkehrsströme der 1950er- und 60er-Jahre konzipiert wurde, ist den heutigen Anforderungen kaum noch gewachsen. Ob und wann die Brücken modernisiert werden, entscheidet eine Prüfung vor Ort. Tausende Brücken mit Defiziten warten aktuell auf eine solche Prüfung oder Sanierung.

Was hat dazu geführt? Jahrzehntelange Vernachlässigung und ein massiver Investitionsstau sind wesentliche Ursachen. Während der Verkehr rasant gestiegen ist, sind die Ausgaben für den Erhalt und Ausbau von Straßen, Schienen und Brücken weit hinter den Bedarf zurückgefallen.

Zu wenig Geld, zu wenig Fachkräfte, zu wenig Planung

Es wurde zu wenig saniert, zu wenig investiert und oft nur kurzfristig reagiert, statt strukturelle Lösungen anzugehen. Explodierende Baukosten und langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren haben die Probleme zusätzlich verschärft.

Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel, der die dringend notwendigen Sanierungsarbeiten weiter verzögert. Es fehlt an Ingenieuren und Bauarbeitern, die die Projekte umsetzen können. Gleichzeitig dauern die Projekte aufgrund ihrer Komplexität und des Umfangs Jahre.

Verantwortung und politisches Hin und Her

Leider wird die Verantwortung für diesen Zustand zwischen politischen Lagern, Ministerien und Verantwortlichen hin und her geschoben. Frühere Regierungen verweisen auf finanzielle Einschränkungen, während die aktuelle Ampelkoalition sich bemüht, verlorenen Boden gutzumachen.

Es bleibt ein Gefühl der Lähmung. Deutschlands Verkehrssystem ist längst nicht mehr der Motor des Fortschritts, sondern ein Mahnmal, das uns täglich den Nachholbedarf vor Augen führt.