Bielefeld. Der Rücktritt des gesamten Parteivorstandes ist eine konsequente und richtige Entscheidung nach einer Serie von Wahlniederlagen. Doch es wäre zu kurz gedacht, die Probleme der Grünen allein auf Personen zu schieben.
Das eigentliche Problem liegt tiefer: Es sind die Inhalte und vor allem die Art und Weise, wie die Partei ihre Botschaften vermittelt. Die Grünen hängen sich gerne ein moralisches Mäntelchen um. Das kommt nicht gut an. Zudem hat sich das Besserwisser-Image festgesetzt. Solche Labels schrecken Wähler ab. Denn niemand hört gerne belehrende Appelle.
Für die Wähler in den ostdeutschen Bundesländern war Migration zuletzt das wichtigste Thema. Deutlich wurde, dass den Grünen am wenigsten zugetraut wird, Lösungen für die Sorgen der Bürger zu finden. Viele verbinden mit der Partei eher einen Multikulti-Idealismus.
Die Spaltung der Wählerbasis und interne Konflikte
Die Grünen befinden sich in einem Spagat. Auf der einen Seite steht der linke Flügel, der radikalen Klimaschutz fordert und der Partei eine „menschenfeindliche Abschottungspolitik“ vorwirft. Diese Wählergruppe, insbesondere unter den Jüngeren, könnte sich von der Partei abgewandt haben, weil die Grünen in ihren Augen nicht konsequent genug vorgehen. Gerade die hohen Verluste bei den jungen Wählern tun der Partei weh.
Auf der anderen Seite steht eine pragmatische, wirtschaftsnahe Mitte, die nicht nur auf Klimapolitik fokussiert ist, sondern auch wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund rückt. Die Frage ist nun: Wie wollen die Grünen diese beiden Lager zusammenbringen?
Die Rolle von Robert Habeck und die Suche nach einer neuen Ausrichtung
Diese Aufgabe wird Robert Habeck übernehmen müssen. Habeck soll mindestens Spitzenkandidat seiner Partei, möglicherweise sogar Kanzlerkandidat werden. Und das, obwohl dem Bundeswirtschaftsminister zuletzt handwerkliche Fehler wie beim Heizungsgesetz vorgeworfen wurden.
Ob Habeck die Kritik abschütteln kann, bleibt abzuwarten. In jedem Fall bräuchte er eine Grünen-Führung, die nicht nur die Kernklientel anspricht, sondern die Partei auch wieder stärker in die bürgerliche Mitte bringt. Dazu passt, dass Personen aus Habecks Umfeld als Kandidaten für den neuen Parteivorsitz gehandelt werden.
Die Balance zwischen Klimaschutz und Wirtschaftsinteressen
Eine mögliche Neuausrichtung hin zu einer stärker wirtschaftsorientierten Politik birgt auch ein Risiko. Der Versuch, bürgerliche Wähler anzusprechen, könnte die Kluft innerhalb der Partei vertiefen und den linken Flügel weiter entfremden.
Es ist ein schwieriger Balanceakt zwischen dem Bekenntnis zum Klimaschutz und der Hinwendung zu Wirtschaftsthemen. Hier liegt die Herausforderung für jede neue Parteiführung.