Sie haben einen Kandidaten. CDU und CSU sind sich einig, dass Friedrich Merz sie in den Wahlkampf ums Kanzleramt in Berlin führen soll. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zieht seine Kandidatur zurück. Der immer wieder vor allem aus Düsseldorf genannte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte dies bereits einen Tag zuvor getan. Alle übrigen Landesverbände der CDU beeilten sich, sich ebenfalls hinter dem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz zu versammeln.
Alles könnte also fein sein für die Union mit Blick auf die Bundestagswahl 2025. Und doch beschleicht den Beobachter angesichts der Überstürzung der Ereignisse ein gewisser Zweifel. Denn geplant wirkt die überhastete Entscheidung kaum.
Noch am Sonntag hatte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein in der ARD zwar erkennen lassen, dass Merz aus seiner Sicht der klare Favorit bei der Entscheidung sein würde – aber erst nach der Landtagswahl in Brandenburg am nächsten Sonntag. So war auch die Verabredung. Immer wieder hatten – auch einflussreiche – Funktionäre der Union öffentlich und hintergründig außerdem darauf verwiesen, dass Merz im Vergleich zu Söder die deutlich schlechteren Umfragewerte habe. Immer wieder auch hatten CDU-interne Konkurrenten wie Wüst oder der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Daniel Günther, eigene Ambitionen angemeldet.
Merz hat sich gegen alle Zweifler durchgesetzt
Doch nun ist es entschieden. Zunächst einmal ist dies ein großer taktischer Erfolg von Merz, dass er sich gegen alle Zweifler in den Reihen der Union durchgesetzt hat. Er hat dies mit großer Raffinesse getan und dabei sein Temperament meist beherrschen können, auch wenn er einmal kurz davorstand, alles hinzuwerfen. Merz hat das Spiel um die Macht gewonnen. Die tatsächlichen oder vermeintlichen Konkurrenten haben auf nichts verzichtet – sie hatten einfach nur keine Chance gegen den strategischen Coup des Sauerländers.
Merz allerdings steht nun der härteste Test in dem einen Jahr bis zur Bundestagswahl erst noch bevor. Er hatte noch nie ein öffentliches Wahlamt inne, anders als Wüst und Söder. Er hat keinerlei Erfahrung in der Exekutive. Er ist ein guter bis brillanter Redner, hat aber die meisten wesentlichen Machtkämpfe bislang verloren – wie etwa den gegen Angela Merkel. Und er neigt mit seiner Impulsivität erstaunlich häufig dazu, sich inhaltlich zu verlaufen. Daraus speisen sich immer wieder partei-interne Zweifel, gegen die er drei Wahlgänge ins Amt des Parteivorsitzenden brauchte.
Der Weg ins Kanzleramt ist lang und gibt viel Raum für Fehler. Wie schwer sie das Rennen machen können, das hat vor vier Jahren Armin Laschet lernen müssen. Auch über ihn waren CDU und CSU einig – bis zu seinem ersten Lapsus. Da waren alle Zweifler wieder da.